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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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    KÖNIGLICHE PRÄFEKTUR VON MONTELUSA DER KABINETTSCHEF

    An den
    Hochverehrten Polizeipräsidenten von Montelusa

    Montelusa, am 6. Januar 1892
    Herr Polizeipräsident,
    mir obliegt die äußerst unangenehme Pflicht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß S. E. Präfekt Vittorio Marascianno gestern, als er, nach dem Mittagessen, die Präfektenwohnung im obersten Stockwerk dieser Präfektur verließ, um sich in sein darunter liegendes Bureau zu begeben, unglückseligerweise ausgerutscht und zwei ganze Treppen kopfüber hinuntergestürzt ist.
      Als Folge dieses heftigen Sturzes kann S. E. nicht mehr sprechen (Backen‐, Eck‐ und Schneidezähne sind zersplittert), nicht mehr schreiben (Bruch des rechten Armes), nicht mehr gehen (Bruch der Oberschenkelknochen). Derzeit liegt S. E. im Bürgerhospital von Montelusa, wohin ich mich jeden Tag begebe, um ihn zu besuchen.
      Per Eildepesche S. E. des Ministers Nicotera bin ich beauftragt worden, vorübergehend die Amtsgeschäfte zu übernehmen, und zwar so lange, bis S. E. wiederhergestellt ist.
      Ich nehme die Gelegenheit wahr, um Sie darüber in Kenntnis zu setzen, daß ich einen Ergänzungsbericht des Tenente der Kgl. Carabinieri Lanza‐Turò bezüglich des Genuardi Filippo erhalten habe. Ich erlaube mir, Ihnen diesen beizufügen.
      In meiner Eigenschaft als Stellvertretender Präfekt habe ich Tenente Lanza‐Turò eine Dienstmittheilung zukommen lassen, in der ich ihm eindringlich rathe, sich mit dieser Angelegenheit nicht mehr weiter zu befassen. Allerdings hege ich die Befürchtung, daß seine Verbissenheit und vor allem das, was aus seinem Berichte hervorgeht, Anlaß für falsch verstandene Überzeugungen oder bösartige Vermutungen geben könnte.
      Ist es Ihnen möglich, weitere Nachforschungen von Ihrem Polizeidienststellenleiter in Vigàta zu erbitten?
      Ebenfalls gestern kündigte eine weitere Ministerialdepesche das bevorstehende Eintreffen eines Inspekteurs in der Person S. E. Carlo Colombotto‐Rosso, Präfekt zur Disposition, an: Habe ich Ihnen nicht meine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß der Unterpräfekt von Bivona die Gelegenheit nützen würde, S. E. Marascianno beim Ministerium in ein schlechtes Licht zu rücken?
      Sie unterthänigst grüßend verbleibe ich Ihr

    Für S. E. den Präfekten Corrado Parrinello

    An den
    Sehr Geehrten Herrn
Emanuele Schilirò
Z. E. H.

    Vigàta, am 8.Januar 1892

    Sie werden es mir nachsehen, wenn ich Ihnen diesen Brief durch Caluzzè zukommen lasse, statt persönlich mit Ihnen zu sprechen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß Worte oftmals die üble Angewohnheit haben, sich miteinander derart zu verschränken (die gesprochenen Worte), daß jemand der Überzeugung sein kann, Dinge verstanden zu haben, die der andere sich nicht einmal im Traume einfallen ließe zu sagen.
      Sie müssen wissen, daß ich vor langer Zeit einen Antrag auf Genehmigung seitens der Regierung für einen Telephonanschluß zum privaten Gebrauche gestellt habe.
      Nun läßt mich die Post‐ und Telegraphenverwaltung von Palermo wissen, daß der Vorgang ziemlich weit vorangeschritten ist, trotz einer einzigen Schwierigkeit, die jedoch vernachlässigbar ist.
      Zu den von der Verwaltung geforderten Dokumenten gehört auch eine Bereitwilligkeits‐ und Zustimmungserklärung seitens der Person, mit welcher ich den Anschluß zu haben wünsche.
      Diese Person sind Sie.
      Das will ich Ihnen sogleich erklären. Ich habe die Absicht, mein Lager zu vergrößern und meine Handelsgeschäfte auszuweiten (diesbezüglich wird Ihre Tochter Taninè in Bälde mit Ihnen sprechen), und daher wird mir Ihre Unterstützung und Hilfe für jedes sich abzeichnende Geschäft unerläßlich.
      Als Waise väterlicher‐ wie mütterlicherseits, der ich nun einmal bin, an wen sonst könnte ich mich wenden, wenn nicht an Sie, der Sie mit mir mal verständnisvoll, mal streng umgehen, was ich manchmal auch verdient habe?
      Meine Absicht ist es, die Telephonleitung von meinem Holzlager zu Ihrem Hause einrichten zu lassen, wo Sie ja bereits einen Telephonanschluß für Geschäftszwecke besitzen, was es Ihnen ermöglicht, mit Ihrer Mine zu sprechen. Dies würde Ihnen mithin keine weiteren Unannehmlichkeiten verursachen.
      Kann ich auf Ihre wohlwollende Großzügigkeit bauen?
      Es ist nothwendig, daß Ihre Unterschrift von einem Notar beglaubigt wird: darum kümmere ich mich aber selbst.
      Wie auch immer Ihre Antwort

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