Untitled
Commendatore Longhitano kürzlich gesehen?«
»Nein, ich hab ihn schon lange nicht mehr gesehen. Kann ich eigentlich mal wissen, warum Sie mir mit Ihrer Fragerei so auf die Eier gehen müssen?«
»Das erkläre ich Ihnen gern. Wir haben Sie in eine Falle tappen lassen, Signor Genuardi. Und mir ist erst klargeworden, wie gefährlich diese Falle war, nachdem Ihr Vierrad verbrannt worden war.«
»Von was für einer Falle reden Sie denn da?«
»Signor Genuardi, Sasàs dritte Adresse, ich meine die, die Angelo Guttadauro Ihnen geschrieben hat und ich bestätigt habe, also die Via delle Croci 5, war falsch. Wir hatten uns abgesprochen, Sasà, Guttadauro und ich. Mein Bruder hatte nämlich die Überzeugung gewonnen und recht damit gehabt, daß Sie Longhitano jeden seiner Wohnungswechsel mitteilen würden. Und so wollte er einen Beweis dafür haben. Jede Nacht ging er in die Wohnung und wartete. Er hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als dieser Calogerino schließlich ankam, von Don Lollò geschickt, um meinen Bruder zu verknüppeln. Sasà, der ihm zuvorkam, zertrümmerte ihm den Kopf und nahm ihm alles weg, was er bei sich hatte. Sozusagen als Schmarre. Zu Ihrer Information: Calogerino war mit einem Revolver und einem Messer bewaffnet.«
»Sagen Sie Sasà, er soll sich schon mal einen Sarg bestellen. Diesmal wird der Commendatore, wenn er ihn schnappt, zu Hühnerfutter verarbeiten.«
»Und Sie verarbeitet er zu Schweinefutter.«
»Mich? Was hab ich denn damit zu tun?«
»Sie haben eben überhaupt nichts begriffen! Rechnen Sie sich die Dinge doch einmal zusammen, Signor Genuardi. Beim ersten Male geht der Mann von Don Lollò zu der Adresse, die Sie weitergegeben haben, und trifft Sasà nicht an. Sie beschaffen sich die zweite Adresse, geben sie an den Commendatore weiter, dessen Mann fährt nach Palermo und wieder das gleiche mit Kartoffeln. Beim dritten Male wird dem Mann von Don Lollò eins auf die Hörner gegeben. Was soll nun der arme Commendatore eigentlich denken?«
»O heilige Jungfrau! O heiliger Joseph liebster! Ich bin verloren!«
»Haben Sie's jetzt endlich begriffen? Als erstes, überzeugt wie er ist, daß Sie ihn beim Arsch gepackt haben und mit Sasà unter einer Decke stecken, hat er ihr Vierrad verbrennen lassen. Jetzt ist mir der Gewissensbiß gekommen, daß sich Don Lollò mit diesem Feuerchen nicht zufriedengibt. Wenn ihm die Flause kommt, ist er fähig, daß …«
»Ich muß das Lager abschließen. Gehen Sie. Ich muß das Lager abschließen. Gehen Sie, gehen Sie, gehen Sie, gehen Sie, ich muß das Lager abschließen, ich muß das La …«
Geschriebenes fünf
Vielgeliebter Vater und verehrter Schwiegervater!
Ich bin gezwungen, Ihnen ein paar hastige Zeilen zu schreiben, bevor ich den Zug besteige und Vigàta für einige Zeit verlasse. So lange wenigstens, bis der Sturm, der sich gegen mich entfesselt, abgeflaut ist. Taninè habe ich heute nacht alles erzählt, sie wird Ihnen persönlich berichten. Was mir widerfährt, theurer Vater, ist einfach schrecklich, vor allem, wenn man bedenkt, daß dieser Wolkenbruch aus heiterem Himmel durch ein gemeines Mißverständnis zustande gekommen ist.
Commendatore Don Lollò Longhitano, welcher wußte, daß ich mit Sasà La Ferlita brüderlich befreundet bin, fragte mich, ob ich dessen Adresse in Palermo kenne. Don Lollò explizierte mir, daß er sie brauche, um eine Geldangelegenheit zwischen Sasà und Nino, dem Bruder des Commendatore, friedlich beizulegen, und er zu diesem Zwecke einen seiner Untergebenen, einen gewissen Calogerino Laganà, nach Palermo schicken wolle. Und ich, völlig naiv und guthgläubig, gab sie ihm.
Nur daß Sasà zwischenzeitlich seine Wohnung gewechselt hatte. Als ich das erfuhr, benachrichtigte ich den Commendatore und gab ihm, immer noch guthgläubig, die neue Adresse. Doch auch diesmal traf der eigens nach Palermo gefahrene Laganà Sasà nicht an. In diesem Zusammenhange machte mir der Commendatore Vorhaltungen wegen meiner Unzuverlässigkeit und warf mir vor, ich zeige wenig guten Willen für eine friedliche Beilegung. Im Innersten verletzt, erkundigte ich mich sofort nach Sasàs dritter Adresse in Palermo und gab sie an den Commendatore weiter, womit die Angelegenheit für mich erledigt war. Ich wußte nicht, und Sie müssen mir glauben, ich spreche zu Ihnen mit der Aufrichtigkeit eines echten Sohnes, daß es sich um eine Falle handelte, die von dieser verlorenen Seele Sasà mir und dem
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