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Commendatore gestellt worden war. Die mir mit Vorbedacht gegebene Anschrift war falsch, so daß der arme Laganà, der sich dort hinbegeben hatte, von Sasà überfallen und am Kopfe schwer verletzt wurde. Doch an diesem Punkte war Commendatore Longhitano völlig zu unrecht zu der Überzeugung gelangt, daß ich eine Doppelrolle in einer Komödie spiele: Während ich ihm die Adresse gab, soll ich Sasà gleichzeitig gewarnt haben. Doch aus welchem Grunde hätte ich ihm eine Tragödie vorspielen sollen? Was hätte ich davon gehabt? Ich hatte und habe im Namen der Freundschaft das größte Interesse daran, zwischen dem Commendatore und Sasà Frieden zu stiften und nicht das Feuer zu schüren.
Jedenfalls hat der Commendatore, hartnäckig auf seiner irrigen Vorstellung beharrend, mein motorisiertes Vierrad in Brand setzen lassen, davon bin ich auf Grund einer ganzen Reihe von Dingen überzeugt, aber es würde zu weit führen, sie hier zu erläutern. Nicht zufrieden damit, hat er Cavaliere Mancuso gezwungen, ein trockenes Nein ohne jede Erklärung auf meine Bitte zu geben, die Telephonmasten auf seinen Grundstücken errichten zu dürfen. Das gleiche hat er mit Mariano Giacalone gemacht, der gethan hat, als wäre er urplötzlich verrückt geworden und damit nicht in der Lage, eine Unterschrift zu leisten. Des weiteren bin ich, auf Grund dessen, was ich erfahren habe, sicher, daß auch hinter dem Brief der Firma Sparapiano, die mir weitere Holzlieferungen verweigert, Don Lollò steckt.
Vielgeliebter Vater und verehrter Schwiegervater, ich schwöre, daß ich in der ganzen Sache unschuldig bin wie das Jesuskindlein. Ich habe dem Commendatore, den ich für einen Freund hielt, lediglich einen Gefallen gethan. Ich glaube, daß eine zeitweise Luftveränderung guth für mich ist, bevor Don Lollò sich noch einen Geniestreich einfallen und mich mit einem schweren Stein um den Hals ins Meer werfen läßt.
Taninè weiß, wo ich bin, sie sagt es Ihnen mündlich. Sie wird Ihnen auch die Schlüssel vom Lager aushändigen. Kümmern Sie sich bitte darum, sofern Sie es können.
Sollte Post für mich eintreffen, bitte ich Sie, jeweils zwei oder drei Briefe in einen großen Umschlag zu stecken und mir zu schicken, wobei ich Sie auch bitte, Acht zu haben, daß niemand die Adresse lesen und so herausfinden kann, wo ich bin. Nothgedrungen habe ich alles Geld nehmen müssen, das ich im Hause hatte: Würden Sie bitte die Sorge um Ihre Tochter übernehmen? Später sagen Sie mir dann, was Sie ihr gegeben haben.
Taninè wird Ihnen außer diesem Brief auch den des hinterhältigen Freundes aus Palermo überbringen, in welchem dieser mir Sasàs falsche Adresse mitgetheilt hat. Dieser Brief ist die Ursache meines Unglückes. Sollten Sie Commendatore Longhitano zufällig begegnen (ich weiß zwar, daß Sie mit diesem Manne nichts zu schaffen haben wollen), suchen Sie bitte einen Weg, ihm diesen Brief zu zeigen. Dieser spricht mich völlig frei und schreit meine Guthgläubigkeit hinaus.
Ich bin in Ihren Händen.
Pippo
KOMMANDO DER KÖNIGLICHEN CARABINIERI VON VIGÀTA
An
S. E. den Präfekten von Montelusa
Vigàta, am 15. März 1892
Betreff: Genuardi Filippo
Exzellenz,
mein tapferer Vorgänger im Amte des Kommandanten des Kommandos der Königlichen Carabinieri von Vigàta, Tenente Gesualdo Lanza‐Turò, hat mir bei der Amtsübergabe wärmstens ans Herz gelegt, den Genuardi Filippo, einen allseits bekannten Subversiven, unter strengster Beobachtung zu halten und E. E. unverzüglich Bericht zu erstatten, wofern ich irgend etwas Verdächtiges festgestellt haben könnte.
Nun, in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar d. J. sind bislang unbekannt gebliebene Personen in den Schuppen eingedrungen, in welchem
der Genuardi Filippo sein motorisiertes Vierrad Panhard 2 PS aufbewahrte, nachdem dieselben die schwere Absperrkette aufgebrochen hatten, welche die Thür verschlossen hielt.
Die Eindringlinge konnten sich ungestört ans Werk machen, da der genannte Schuppen zum Vicolo dell'Abbondanza hin liegt (welcher eine Ecke mit der Via Cavour bildet, wo sich die Wohnung und das Holzlager des Genuardi befinden). Zudem ist der Vicolo dell'Abbondanza unbeleuchtet und daher mit Kot und Abwässern verdreckt.
Einmal in den Schuppen eingedrungen, hatten die Übelthäter leichtes Spiel, Feuer an das Selbstfortbewegungsgefährt zu legen. Nachdem wir uns unverzüglich
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