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an den Thatort begeben hatten, haben wir einige Feststellungen erheben können, welche mit denen des Dienststellenleiters der örtlichen Polizei, Signor Antonio Spinoso, in keinem Widerspruche stehen.
Man mußte kein Brandspezialist sein, um sich klar darüber zu werden, daß das muthwillige Feuer mittels Verwendung von Karbid (Azetylenkalk) hervorgerufen worden ist, welches der Genuardi in dem Schuppen aufbewahrte, da die Scheinwerfer des motorisierten Vierrades mit Karbidgas betrieben wurden.
Der Leiter der Polizeidienststelle, Spinoso, war an diesem Punkte der Ansicht, daß sowohl der Einbruch als auch das Feuer Unbekannten zuzuschreiben sind, die möglicherweise von Neid gegenüber dem Genuardi getrieben wurden. Dieses Kommando stellt sich aber, im Gegensatze dazu, die folgende Frage: Welche hellseherischen Gaben besaßen die Thäter, daß sie im Vorhinein von der großen Menge des für ihr verbrecherisches Vorhaben nothwendigen Brennmaterials wissen konnten?
Nach diskreten Ermittlungen haben wir in Erfahrung gebracht, daß das motorisierte Vierrad von dem Genuardi außerordentlich guth versichert worden war: Im Falle der Verbrennung des Automobiles (eine nicht auf Fahrlässigkeit des Eigenthümers zurückzuführende Verbrennung) würde der Genuardi den zweieinhalbfachen Kaufpreis als Versicherungszahlung empfangen.
Ebenfalls haben wir bei unseren Ermittlungen herausgefunden, daß die derzeitigen finanziellen Verhältnisse des Genuardi keineswegs rosiger Natur sind, sondern er sich im Gegentheile in einer prekären Lage befindet, nachdem die Firma Sparapiano Salvatore in San Volpato i. d. Madonie jede Geschäftsbeziehung auf Grund des subversiven Gedankenguthes des Genuardi mit diesem abgebrochen hat, zumal die Familie Sparapiano sich traditionellerweise zu den hohen Werthen des Patriotismus bekennt.
Der Schaden dieses Abbruches der Geschäftsbeziehungen ist für den Genuardi beträchtlich: soweit dieses Kommando in Erfahrung bringen konnte, pflegte die Firma Sparapiano dem Genuardi einen weiten Kreditrahmen einzuräumen, indem diese ihm für erfolgte Holzlieferungen lange Zahlungsziele gewährte.
Darüber hinaus haben wir herausgefunden, daß der Genuardi einen Antrag bezüglich Genehmigung eines Telephonanschlusses zu privatem Gebrauche gestellt hat. Trotz einer an die Regionalverwaltung für das Post‐ und Telegraphenwesen gerichteten Mittheilung meines Vorgängers, Tenente Lanza‐Turò, in welcher dieser zur einstweiligen Einstellung des Vorganges riet, ist die Sache auf unerklärliche Weise weiterbetrieben worden. Und daher braucht der Genuardi für diesen Telephonanschluß Bargeld, da mit diesem erhebliche Ausgaben verbunden sind.
Wir kommen zu folgendem Schlusse: Dieses Kommando hegt den Verdacht (und mehr als das), daß die Inszenierung des Schaustückes von einem vorgetäuschten Einbruch und von einer noch viel vorgetäuschteren Brandstiftung von dem Genuardi Filippo selbst in Gemeinschaft mit einigen seiner Freundschaftsbündlern stammt.
In diesem Sinne setzen wir die Ermittlungen fort.
Ergebenst
Der Kommandant des Kommandos
der Kgl. Carabinieri
(Tenente Ilario Lanza‐Scocca)
MINISTERIUM DES INNEREN DER MINISTER
An den Cavaliere
Artidoro Conigliaro
Unterpräfekt von
Bivona
Rom, am 20. März 1892
Signor Unterpräfekt!
Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß die Ergebnisse des Berichtes bezüglich der von S. E. dem Generalinspekteur Colombotto‐ Rosso auf Ihren Hinweis durchgeführten Ermittlungen hinsichtlich des Geisteszustandes S. E. Vittorio Marascianno, Königlicher Präfekt von Montelusa, unverzügliche Maßnahmen erforderlich machen.
Trotz des schweren Unfalles, den S. E. Marascianno erlitten hat, ist unser Generalinspekteur zu der unanfechtbaren und zu Ihrem Anzeigenschreiben gänzlich im Gegensatze stehenden Überzeugung gelangt, daß der Präfekt von Montelusa ein Hoher Staatsdiener von selten anzutreffender moralischer und geistiger Ausgeglichenheit ist. Wie Sie sich erinnern werden, inspizierte S. E. Marascianno ungefähr drei Monate nach Antritt seines Hohen Amtes aus reinem Skrupel und aus Hingabe an seine Aufgaben unerwartet die von Ihnen geleitete Unterpräfektur von Bivona.
Bei dieser Gelegenheit sah sich S. E. Marascianno gezwungen, Beanstandungen hinsichtlich bedauerlicher Ungereimtheiten, unzulässiger Ungültigmachungen
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