Untitled
auf den die Bauten der Parkplätze und Kassen tiefe Schatten warfen. Die Fähre war zu sehen, eine Miniaturausgabe eines Mississippi-Dampfers, ohne das Schaufelrad.
Ein Mann in Sportjacke und mit einem Hut mit Krempe schlüpfte neben mich. Ich wußte nicht, ob es Soneji war. Sofort wurde das Gefühl von Sicherheit und Schutz in Disney World durchbrochen.
»Der Plan hat sich geändert, Alex. Ich bringe Sie jetzt zu Maggie Rose. Schauen Sie bitte weiter geradeaus. Bis jetzt machen Sie das phantastisch. Bleiben Sie dabei, dann kann uns nichts passieren.«
Eine einsachtzig große Cinderella kam an uns vorbei, auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung. Kinder und Erwachsene bedachten sie mit Oh- und Ahrufen.
»Machen Sie jetzt einfach kehrt, Alex. Wir gehen so zurück, wie Sie gekommen sind. Es kann ein Spaziergang werden. Das haben Sie in der Hand, mein Freund.«
Er war völlig ruhig und beherrscht, so wie Soneji während der Entführung gewesen war. Bis jetzt hatte alles etwas Unbesiegbares an sich gehabt. Er hatte mich Alex genannt. Wir gingen gegen den Strom der Menge zurück.
Cinderellas blonder Lockenkopf wippte vor uns her. Kinder kreischten vor Entzücken, als sie die Film- und Comicheldin zum Leben erwacht vor sich sahen.
»Als erstes muß ich Maggie Rose sehen«, war das einzige, was ich zu dem Mann mit der Hutkrempe sagte. Konnte das Soneji sein, getarnt? Ich wußte es nicht. Ich mußte einen besseren Blick auf ihn erhaschen.
»Bestens. Aber wenn uns jemand anhält, das sage ich Ihnen gleich, ist das Mädchen tot.« Der Mann mit der Hutkrempe sagte das ganz beiläufig, als nenne er einem Fremden die Uhrzeit.
»Niemand hält uns auf«, versicherte ich ihm. »Unsere einzige Sorge gilt der Sicherheit des Mädchens.«
Ich hoffte, das stimmte für alle beteiligten Parteien. Ich hatte Katherine und Tom Dunne am Morgen kurz gesehen. Ich wußte, ihnen lag nur daran, ihr kleines Mädchen heute abend zurückzubekommen. Der Schweiß lief mir über den ganzen Körper. Ich konnte nichts dagegen tun. Es waren nur um die dreißig Grad, aber die Luftfeuchtigkeit war hoch.
Ich machte mir inzwischen Sorgen über eine unfreiwillige Panne. Hier konnte alles schiefgehen. Wir hatten dieses Manöver inmitten von Disney World und den unberechenbaren Menschenmengen nicht geplant.
»Hören Sie. Falls das FBI sieht, wie ich herauskomme, könnte jemand auf uns zukommen«, sagte ich schließlich zu dem Mann.
»Das will ich nicht hoffen«, sagte er und schnalzte mit der Zunge. Er wiegte den Kopf. »Das wäre ein übler Verstoß gegen die Etikette.«
Wer er auch sein mochte, er blieb unter Beschuß unnatürlich ruhig. Hatte er so was schon mal gemacht? fragte ich mich. Mir kam es so vor, als ob wir in Richtung der orangefarbenen Bahnen zurückgingen. Die Bahn würde uns auf den Parkbereich zurückbefördern. War das der Plan?
Der Mann war zu schwer, als daß er Soneji hätte sein können, dachte ich. Falls er nicht besonders raffiniert verkleidet und ausgestopft war. Mir fiel wieder ein, daß Soneji vielleicht ein Schauspieler war. Ich hoffte bei Gott, es sei kein Trittbrettfahrer. Jemand, der herausbekommen hatte, was in Florida los war, und dann wegen des Lösegelds mit uns Kontakt aufgenommen hatte. In einem Entführungsfall wäre das nicht zum ersten Mal passiert.
»FBI! Hände hoch!« hörte ich plötzlich. Alles ging blitzschnell. Mir stieg das Herz in die Kehle. Was zum Teufel machten die denn? Was dachten sie?
»FBI!«
Ein halbes Dutzend Agenten umringte uns auf dem Parkplatz. Mit gezogenen Revolvern. Mindestens eine Waffe zielte auf den Kontaktmann, und dadurch auf mich.
Agent Bill Thompson war bei den anderen. Eben noch hatte er zu mir gesagt, wir wollten nur das Mädchen zurück.
»Weg! Zurücktreten!« Mir ging der Gaul durch, und ich brüllte sie an. »Zum Teufel, weg! Weg von hier!«
Ich schaute dem Mann mit der Hutkrempe jetzt direkt ins Gesicht. Das konnte nicht Gary Soneji sein. Dessen war ich mir inzwischen so gut wie sicher. Wer er auch sein mochte, ihm war völlig egal, ob er in Orlando erkannt oder fotografiert wurde.
Wie kam das? Warum war der Kerl so kaltblütig?
»Wenn ihr mich schnappt, ist das Mädchen tot«, sagte er zu den FBI-Agenten, die uns umzingelten. Er war eiskalt. Seine Augen sahen tot aus. »Nichts könnte das verhindern. Ich kann überhaupt nichts machen. Ihr auch nicht. Sie ist Tiefkühlfleisch.«
»Lebt sie jetzt noch?« Thompson trat einen Schritt auf den Mann zu. Er sah
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