Untitled
Ihnen zeigte, wer tatsächlich der Herr im Haus war.
»Die göttliche Miss M!« Marty Kasajian sprudelte immer noch über. Schließlich nahm er Gary zur Kenntnis. »Wie geht's denn so, Gary, alter Kumpel. Was hältst du von den Eagles? Randall steht schwer unter Strom. Hast du die Karten für die Super Bowl schon bestellt?«
»Klar doch, Marty. Zwei Karten an der Fünfzig-Yard-Linie.« Gary Murphy warf die Aluminiumschaufel in eine flache Schneewehe. Er trottete hinüber zu der Stelle, wo Missy und Roni bei Onkel Marty standen.
Dann gingen sie alle ins Haus. Missy tischte teuren Eierpunsch auf und einen frisch gebackenen Apfelkuchen mit Rosinen und jeder Menge Chester. Martys Stück war größer als das der anderen. Er war der Herr im Haus, stimmt's? Marty reichte Missy einen Umschlag. Das war Missys »Taschengeld« von ihrem großen Bruder, und er wollte, daß Gary es sah. So rieb man Salz in die Wunden.
»Mommy, Onkel Marty und Daddy haben was zu besprechen, Schätzchen«, sagte Marty Kasajian zu Roni, als er das Stück Kuchen aufgegessen hatte. »Könnte sein, daß ich was für dich im Auto vergessen habe. Weiß nicht genau. Könnte auf dem Rücksitz liegen. Schau lieber mal nach.«
»Zieh aber erst die Jacke an, Schatz«, sagte Missy zu ihrer Tochter. »Damit du dich nicht erkältest.«
Roni quietschte vor Lachen, als sie ihren Onkel umarmte. Dann rannte sie weg.
»Was hast du denn für sie?« flüsterte Missy ihrem Bruder verschwörerisch zu. »Das wäre doch nicht nötig gewesen.«
Marty zuckte die Achseln, als könne er sich nicht erinnern. Allen anderen gegenüber war Missy in Ordnung. Sie erinnerte Gary an seine Mutter. Sie sah sogar wie seine Mutter aus. Gary war aufgefallen, daß sie sich nur ihrem Bruder gegenüber zum Schlechteren veränderte. Sie übernahm sogar Martys widerliche Gewohnheiten und seinen Sprechstil.
»Hört mal, Kinder.« Marty lehnte sich näher an die beiden heran. »Wir haben ein kleines Problem. Lösbar, weil wir uns früh darum kümmern, aber wir müssen es klären. Tun wir mal so. als ob wir alle erwachsen wären, okay?«
Missy war sofort auf der Hut. »Worum geht es, Marty? Was ist das für ein Problem?«
Jetzt sah Marty Kasajian ehrlich besorgt und unbehaglich aus. Gary hatte schon tausendmal gesehen, wie er diese Armesündermiene seinen Kunden gegenüber einsetzte. Vor allem, wenn er jemanden wegen seiner überfälligen Rechnung zur Rede stellen oder im Büro jemanden hinauswerfen mußte.
»Gary?« Er schaute Gary an, damit er ihm zur Hilfe kam. »Willst du was dazu sagen?«
Gary zuckte die Achseln. Als ob er das Stichwort Nummer eins nicht begriffen hätte, klar. Leck mich, du Arschloch, dachte er bei sich. Dieses Mal mußt du allein zurechtkommen.
Gary spürte, daß sich ein Lächeln ausbreitete, das aus seinem Magen aufstieg. Er wollte es nicht zeigen, aber schließlich zog es seine Lippen auseinander. Das war ein köstlicher Augenblick. Es hatte auf subtile Weise etwas für sich, wenn man erwischt wurde. Das hier hätte eine Lektion sein können; etwas, weshalb man zur Schule ging.
»Tut mir leid. Ich halte das nicht für komisch.« Marty Kasajian schüttelte den Kopf und sagte: »Ich finde das wirklich nicht komisch, Gary.«
»Ich auch nicht«, sagte Gary. Seine Stimme war hoch und jungenhaft. Gar nicht seine richtige Stimme.
Missy bedachte ihn mit einem sonderbaren Blick. »Was ist los?« wollte sie wissen. »Würdet ihr beiden mich bitte einweihen?«
Gary schaute seine Frau an. Er war richtig wütend auf sie. Sie gehörte zu der Falle, und sie wußte es.
»Meine Verkaufsbilanz bei Atlantic ist in diesem Vierteljahr wirklich katastrophal«, sagte Gary schließlich und zuckte die Achseln. »Geht es darum, Marty?«
Marty runzelte die Stirn und schaute hinunter auf seine neuen Timberlandstiefel. »Oh, es geht nicht nur darum. Deine Verkaufsbilanz ist so gut wie nicht vorhanden, Gary. Schlimmer, viel schlimmer ist, daß du mit über dreitausenddreihundert Dollar Vorschuß im Rückstand bist. Du bist in den roten Zahlen, Gary. Im Minus. Ich will nicht mehr viel sagen, denn ich weiß, es tut mir hinterher leid. Ich weiß ehrlich nicht, wie ich mit dieser Lage klarkommen soll. Das ist äußerst schwierig für mich. Peinlich. Tut mir leid, Missy. Das ist scheußlich für mich.«
Missy legte beide Hände vor das Gesicht und fing zu weinen an. Erst weinte sie leise, weil sie nicht weinen wollte. Dann wurden die Schluchzer lauter. Ihrem Bruder stiegen Tränen in
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