Untitled
des Jahrhunderts aus den dreißiger Jahren.
Lindberghs Sohn?
Die Lindberghs hatten in Hopewell, New Jersey, auch in ei nem Farmhaus gewohnt.
Baby Lindbergh war nicht weit vom Schauplatz der Entfüh rung entfernt begraben worden.
Bruno Hauptmann, der Lindbergh-Kidnapper, war aus New York City gewesen. Konnte der Kidnapper in Washington ein entfernter Verwandter sein? Konnte er aus der Gegend von Hopewell sein? Wie war es möglich, daß bis jetzt noch nichts über Soneji herausgefunden worden war?
Ehe sie die Farm verließ, saß Jezzie eine Weile in ihrem Auto. Sie schaltete den Motor und die Heizung ein und saß einfach da. Besessen. Gedankenverloren.
Wo war Gary Soneji? Wie war er verschwunden? Niemand kann heutzutage einfach verschwinden. So geschickt ist nie mand.
Dann dachte sie an Maggie Rose Dunne und »Shrimpie« Goldberg, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie konnte nicht aufhören zu schluchzen. Das war der wahre Grund, warum sie zu dem Farmhaus gekommen war, das wußte sie. Jezzie Flanagan mußte sich weinen lassen.
32. Kapitel
Um Maggie Rose war es völlig dunkel.
Sie wußte nicht, wie lange sie schon hier war. Jedenfalls sehr, sehr lange. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zum letzten Mal etwas gegessen hatte. Oder wann sie jemanden gesehen, mit jemandem gesprochen hatte bis auf die Stimmen in ihrem Kopf.
Sie wünschte sich, daß sofort jemand kam. Sie hielt diesen Gedanken im Kopf fest – stundenlang.
Sie wünschte sich sogar, die alte Frau solle wiederkommen und sie anschreien. Sie fragte sich jetzt, warum sie bestraft wurde; was sie Schlimmes getan hatte. War sie böse gewesen und hatte verdient, was ihr angetan wurde? Sie dachte, sie müsse ein schlechter Mensch gewesen sein, weil ihr so schreckliche Dinge widerfuhren.
Sie konnte nicht wieder weinen. Nicht einmal, wenn sie es gewollt hätte. Sie konnte nicht mehr weinen.
Oft glaubte sie, sie müsse tot sein. Maggie Rose konnte jetzt fast nichts mehr spüren. Dann zwickte sie sich grob. Biß sich sogar. Einmal biß sie sich in den Finger, bis er blutete. Sie schmeckte ihr warmes Blut, und es war auf seltsame Weise wunderbar. Ihre Zeit in der Dunkelheit schien ewig zu währen. Die Finsternis war ein winziger Raum, wie ein Schrank. Sie …
Plötzlich hörte Maggie Rose draußen Stimmen. Sie hörte sie nicht so deutlich, daß sie verstanden hätte, was gesagt wurde, aber es waren eindeutig Stimmen. Die alte Frau? Sie mußte es sein. Maggie Rose wollte rufen, aber sie hatte Angst vor der alten Frau. Vor ihrem scheußlichen Geschrei, ihren Drohungen, ihrer kratzigen Stimme, die schlimmer war als die Horrorfilme, von denen ihre Mutter nicht wollte, daß Maggie sie sah. Viel, viel schlimmer als Freddy Krueger.
Die Stimmen verstummten. Sie konnte überhaupt nichts hören, auch dann nicht, als sie das Ohr an die Schranktür preßte. Sie waren fort. Sie ließen sie auf ewig hier drin.
Sie versuchte zu weinen, aber die Tränen kamen nicht.
Dann schrie Maggie Rose. Die Tür ging plötzlich auf, und herrliches Licht blendete Maggie Rose.
33. Kapitel
In der Nacht des elften Januar hatte es sich Gary Murphy in seinem Keller gemütlich gemacht. Niemand wußte, daß er dort unten war, aber falls die neugierige Missy die Kellertür aufgemacht hätte, konnte er einfach die Lampe auf seiner Werkbank einschalten. Er überdachte alles. Noch einmal, damit nichts schiefgehen konnte.
Er war besessen von dem Gedanken, Missy und Roni zu ermorden, aber er meinte, er könne es noch nicht tun. Es war trotzdem eine verlockende Phantasie. Der Mord an der eigenen Familie hatte etwas Hausbackenes an sich. Es war nicht besonders phantasievoll, aber die Wirkung hatte etwas für sich: ein eisiger Frosthauch, der durch die friedliche, beknackte Vorortgemeinde wehte. Die Familien, die sich völlig absurd verhielten – die Türen abgeschlossen, sich miteinander einschlossen.
Gegen Mitternacht wurde ihm bewußt, daß seine kleine Familie ohne ihn zu Bett gegangen war. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, nach ihm zu rufen. Es war ihnen gleichgültig. Ein hohles Dröhnen setzte in seinem Kopf ein. Er brauchte ein halbes Dutzend Nuprins, um das weiße Rauschen eine Weile abzustellen.
Vielleicht würde er das kleine Haus an der Central Avenue in Brand stecken. Häuser in Brand zu stecken war gut für die Seele. Er hatte es schon gemacht; er würde es wieder tun. Gott, sein ganzer Schädel schmerzte, als hätte ihn jemand mit einem
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