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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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dem Vertreter sprechen«, sagte ich zu Mrs. Scott und Quillie McBride. »Wir fahren nach Wilmington, Delaware.«

    36. Kapitel
     
    Gary Murphy kam am nächsten Nachmittag, am vierzehnten Januar, kurz nach fünf nach Hause. Er war im Büro gewesen, kurz vor Wilmington. Nur wenige Leute waren dagewesen, und er hatte vorgehabt, einen Teil des sinnlosen Papierkrams zu erledigen. Er mußte dafür sorgen, die Fassade noch eine Weile zu halten.
    Schließlich hatte er über wichtigere Dinge nachgedacht. Den meisterhaften Plan. Gary brachte es einfach nicht fertig, den Schneesturm aus Rechnungen ernst zu nehmen, der seinen Schreibtisch übersäte. Ständig griff er nach zerknitterten Kundenrechnungen, warf einen Blick auf Namen, Summen, Adressen.
    Wer, der seine Scheißsinne beisammen hatte, konnte sich mit diesen Rechnungen beschäftigen?, dachte er bei sich. Das war doch alles Kleinvieh, war blöd und pingelig. Deshalb war der Job in Delaware ja ein so gutes Versteck für ihn.
    Deshalb brachte er im Büro überhaupt nichts zustande, vertrödelte bloß ein paar Stunden. Wenigstens besorgte er auf dem Heimweg ein Geschenk für Roni. Er kaufte ihr ein rosa Fahrrad mit Stützrädern und Wimpeln. Er fügte noch ein BarbieTraumhaus hinzu. Ronis Geburtstagsfeier sollte um sechs anfangen.
    Missy begrüßte ihn an der Haustür mit einer Umarmung und einem Kuß. Positives Denken war ihre starke Seite. Die Geburtstagsparty lenkte sie ab. Seit Tagen ließ sie ihn unbehelligt.
    »Toller Tag, Schatz. Ich nehme dich nicht auf den Arm. Nächste Woche drei Hausbesuche im Terminkalender«, erzählte Gary ihr. War ja scheißegal. Er konnte reizend sein, wenn er wollte. Mr. Chips in Delaware.
    Er folgte Missy ins Eßzimmer, wo sie für die größte Party aller Zeiten bunten Kunststoff und Papier auf dem Tisch verteilte. Missy hatte schon ein bemaltes Laken an die Wand gehängt, so ähnlich wie die, die bei einem Footballspiel an der Universität für Blöde hochgehalten wurden. Auf dem hier stand: LOS, RONI – SEKT ODER SELTERS!
    »Du bist ein Genie, Schatz. Du kannst aus nichts was zaubern. Das sieht ja alles phantastisch aus«, sagte Gary. »Jetzt kann es jedenfalls nur noch besser werden.«
    In Wahrheit machte ihn das depressiv. Er hatte das Gefühl, er gehöre nicht dazu, und hätte gern ein Nickerchen gemacht. Plötzlich kam ihm Ronis Geburtstagsfeier anstrengend vor. Als er ein Kind gewesen war, hatte es keine Geburtstagsfeiern gegeben.
    Die Nachbarn kamen pünktlich um sechs. Das war gut, dachte er. Das hieß, die Kinder wollten wirklich kommen. Sie mochten Roni. Das sah er auf den ganzen Gesichtern der Ballonköpfe.
    Mehrere Eltern blieben. Das waren Freunde von Missy und ihm. Er spielte pflichtschuldig den Barkeeper, während Missy mit den Kindern spielte: Blinde Kuh, die Reise nach Jerusalem, Verstecken.
    Alle amüsierten sich glänzend. Er schaute Roni an, die sich wie ein Brummkreisel drehte.
    Gary hatte eine wiederkehrende Phantasie – er ermordete alle Gäste bei einem Kindergeburtstag. Bei einem Geburtstag – oder vielleicht zu Ostern beim Eiersuchen. Dadurch fühlte er sich etwas besser.

    37. Kapitel
     
    Das Haus war zweistöckig, weiß gestrichener Backstein auf einem gejäteten Grundstück. Es war schon von Autos umgeben: Kombis, Jeeps, die Familienfahrzeuge in Vororten.
    »Das kann nicht sein Haus sein«, sagte Sampson, als wir in einer Nebenstraße parkten. »Hier wohnt nicht das Ding. Hier wohnt Jimmy Stewart.«
    Wir hatten Gary Soneji gefunden – aber wir hatten nicht das Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Das Haus des Ungeheuers war eine Vorortschönheit an einer gepflegten Straße in Wilmington, Delaware. Es war nicht ganz vierundzwanzig Stunden her, seit wir in D.C. mit Mrs. Scott gesprochen hatten. In der Zwischenzeit hatten wir Atlantic Hearing in Wilmington aufgespürt. Wir hatten das ursprüngliche Geiselrettungsteam zusammengetrommelt.
    Fast alle Fenster im Haus waren erleuchtet. Ein Lieferwagen kam fast gleichzeitig mit uns an. Ein schlaksiger blonder Junge lief mit vier Pizzaschachteln in den ausgestreckten Armen zur Haustür. Der Lieferjunge wurde bezahlt, dann war der Lieferwagen so schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war.
    Die Tatsache, ein hübsches Haus in einer hübschen Gegend vorzufinden, machte mich nervös, in den nächsten Augenblikken sogar noch mißtrauischer. Soneji war uns immer zwei Schritte voraus gewesen – irgendwie.
    »Auf geht's«, sagte ich zum Sonderagenten Scorse. »Hier

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