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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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anlangte.
    »Ich würde dich nie anlügen. Das habe ich noch nie getan«, sagte sie und lächelte wieder.
    Dann tauchte sie vollkommen ein, brachte die Wasseroberfläche fast gar nicht zum Spritzen.
    Ich folgte der schwachen Spur der Bläschen, die Jezzie hinterlassen hatte. Als ich eintauchte, dachte ich: ein Schwarzer und eine schöne Weiße schwimmen gemeinsam.
    In den Südstaaten. Im Jahre des Herrn neunzehnhundertdreiundneunzig.
    Wir waren tollkühn und vielleicht eine Spur verrückt.
    Taten wir etwas Unrechtes? Manche Leute hätten das vielleicht gesagt oder wenigstens gedacht. Aber warum? Taten wir irgend jemandem weh, weil wir zusammen waren?
    Oben war das Wasser warm. Aber anderthalb und zwei Meter tiefer war es viel kälter. Es sah blaugrün aus. Vermutlich floß Quellwasser in den See. Knapp über dem Grund spürte ich an der Brust und den Genitalien starke Unterströmungen.
    Ein Gedanke setzte mir schwer zu: War es möglich, daß wir uns ernsthaft verliebten? Empfand ich das im Augenblick? Ich kam nach oben, um Luft zu holen.
    »Hast du den Grund berührt? Beim ersten Mal mußt du den Grund berühren.«
    »Was passiert sonst?« fragte ich Jezzie.
    »Sonst bist du ein elender Feigling und wirst ertrinken oder dich auf ewig im Wald verlaufen, ehe der Tag zu Ende ist. Das ist eine wahre Geschichte. Ich habe das schon oft erlebt, hier, mitten im Nirgendwo.«
    Wir spielten wie Kinder im See. Wir hatten beide hart gearbeitet. Zu hart – fast ein Jahr unseres Lebens.
    Eine Zedernleiter war da, ein einfacher Rückweg auf den Landesteg. Die Leiter war neu. Ich roch das frische Holz. Es war noch ohne Spreißel. Ich fragte mich, ob Jezzie die Leiter selbst gebaut habe – während des Urlaubs kurz vor der Entführung.
    Wir hielten uns an der Leiter und aneinander fest. Irgendwo weit draußen auf dem See quakten Enten. Es war ein merkwürdiges Geräusch. Auf der Wasseroberfläche, die sich vor uns erstreckte, regte sich fast nichts. Winzige Wellen kitzelten Jezzie am Kinn.
    »Ich liebe dich, wenn du so bist. Dann wirst du so verletzlich«, sagte sie. »Dein wahres Ich kommt zum Vorschein.«
    »Ich habe das Gefühl, daß alles so lange unwirklich war«, sagte ich zu Jezzie. »Die Entführung. Die Suche nach Soneji. Der Prozeß in Washington.«
    »Das hier ist für den Augenblick das einzig Reale. Okay? Ich bin so gern mit dir zusammen.« Jezzie legte den Kopf an meine Brust.
    »So gern?«
    »Ja. So gern. Siehst du, wie unkompliziert das sein kann?« Sie deutete auf den malerischen See, den dichten Kreis aus Fichten. »Siehst du es nicht? Alles ist so natürlich. Es wird schön. Das verspreche ich. Zwischen uns werden niemals Barschfischer stehen.«
    Jezzie hatte recht. Zum erstenmal seit langer Zeit hatte ich das Gefühl, alles könne gut werden – alles, was von jetzt an geschehen konnte. Alles war so langsam, so unkompliziert, so gut, wie es nur sein konnte. Wir wollten beide nicht, daß das Wochenende zu Ende ging.

    61. Kapitel
     
    »Ich bin Detective bei der Kriminalpolizei von Washington. Mein offizieller Rang ist der eines Abteilungsleiters. Manchmal werde ich auf Gewaltverbrechen angesetzt, bei denen psychologische Überlegungen eine Rolle spielen, die zur Lösung des Falls beitragen können.«
    Das sagte ich unter Eid in einem überfüllten, stillen, unter Hochspannung stehenden Gerichtssaal in Washington aus. Es war Montagmorgen. Das Wochenende schien unendlich weit entfernt zu sein. Schweißperlen rollten mir über den Kopf.
    »Können Sie uns sagen, warum Sie auf Fälle mit psychologischen Begleiterscheinungen angesetzt werden?« fragte mich Anthony Nathan.
    »Ich bin nicht nur Kriminalpolizist, sondern auch Psychologe. Ich habe privat praktiziert, ehe ich der Polizei von D.C. beigetreten bin«, sagte ich. »Davor habe ich in der Landwirtschaft gearbeitet. Ich war ein Jahr lang Farmarbeiter auf Wanderschaft.«
    »Wo haben Sie Ihren Abschluß gemacht?« Nathan ließ sich nicht davon ablenken, mich als ungeheuer eindrucksvolle Persönlichkeit zu präsentieren.
    »Wie Sie schon wissen, Mr. Nathan, habe ich am John Hopkins promoviert.«
    »Eine der besten medizinischen Fakultäten im Land, jedenfalls in diesem Teil des Landes«, sagte er.
    »Einspruch. Das ist Mr. Nathans Meinung.« Mary Warner war juristisch im Recht.
    Richterin Kaplan gab dem Einspruch statt.
    »Sie haben außerdem Artikel in Psychiatric Archives und im > American Journal of Psychiatry veröffentlicht.« Nathan fuhr fort, als wären Ms.

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