Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Warner und Richterin Kaplan gar nicht vorhanden.
    »Ich habe ein paar Aufsätze geschrieben. Das ist wirklich keine große Sache, Mr. Nathan. Viele Psychologen publizieren.«
    »Aber nicht im Journal und in den Archives , Dr. Cross. Was war das Thema dieser wissenschaftlichen Artikel?«
    »Ich schreibe über die kriminelle Psyche. Ich kenne genug Wörter mit drei bis vier Silben, daß ich für die sogenannten wissenschaftlichen Blätter als Autor in Frage komme.«
    »Ich bewundere Ihre Bescheidenheit. Doch, ganz ehrlich. Sagen Sie mir eins, Dr. Cross. Sie haben mich in den letzten Wochen beobachtet. Wie würden Sie meine Persönlichkeit beschreiben?«
    »Dazu brauchte ich ein paar Privatsitzungen. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie die Therapie bezahlen könnten.«
    Im ganzen Gerichtssaal wurde gelacht. Sogar Richterin Kaplan genoß einen Moment seltener Heiterkeit.
    »Riskieren Sie ein Vermutung«, fuhr Nathan fort. »Ich kann's wegstecken.«
    Er hatte einen schnellen, erfinderischen Verstand. Anthony Nathan war äußerst kreativ. Er hatte als erstes vorgeführt, daß ich ein unabhängiger Zeuge war, kein »Sachverständiger«, den er in der Tasche hatte.
    »Sie sind neurotisch.« Ich lächelte. »Und vermutlich verschlagen.«
    Nathan wandte sich den Geschworenen zu und hob die Hände. »Wenigstens ist er ehrlich. Und wenn es sonst nichts genützt hat, habe ich heute morgen wenigstens eine kostenlose Sitzung beim Psychologen bekommen.«
    Wieder Gelächter auf der Geschworenenbank. Dieses Mal hatte ich das Gefühl, daß etliche Geschworene ihre Meinung über Anthony Nathan und vielleicht auch über seinen Mandanten änderten.
    Anfangs hatten sie ihn nicht ausstehen können. Jetzt merkten sie, daß er engagiert war und hochintelligent. Er leistete professionelle, vielleicht sogar hervorragende Arbeit für seinen Mandanten.
    »Wie viele Sitzungen mit Gary Murphy hatten Sie?« fragte er mich jetzt. Gary Murphy, nicht Soneji.
    »Fünfzehn Sitzungen in einem Zeitraum von dreieinhalb Monaten.«
    »Doch ausreichend, sich eine Meinung zu bilden?«
    »Die Psychologie ist keine besonders exakte Wissenschaft. Ich hätte gern mehr Sitzungen gehabt. Ich habe mir eine vorläufige Meinung gebildet.«
    »Und die ist?« fragte Nathan.
    »Einspruch!« Mary Warner stand wieder auf. Sie hatte viel zu tun. »Detective Cross hat eben gesagt, für ein abschließendes medizinisches Urteil hätte er mehr Sitzungen gebraucht.«
    »Abgelehnt«, sagte Richterin Kaplan. »Detective Cross hat außerdem ausgesagt, er habe sich eine vorläufige Meinung gebildet. Ich möchte sie hören.«
    »Dr. Cross«, fuhr Nathan fort, als hätte es keinerlei Unterbrechung gegeben, »im Gegensatz zu den anderen Psychiatern und Psychologen, die sich mit Gary Murphy beschäftigt haben, waren Sie von Anfang an mit diesem Fall befaßt – als Polizist wie als Psychologe.«
    Die Anklägerin unterbrach Nathan wieder. Sie verlor die Geduld. »Euer Ehren, Mr. Nathan hat dem Zeugen Fragen zu stellen.«
    »Mr. Nathan?«
    Anthony Nathan wandte sich Mary Warner zu und schnippte mit den Fingern nach ihr. »Eine Frage? Kein Problem.« Er wandte sich wieder an mich.
    »Können Sie uns als Polizist, der von Anfang an mit diesem Fall befaßt war, und als ausgebildeter Psychologe Ihre berufliche Meinung über Gary Murphy sagen?«
    Ich schaute Murphy/Soneji an. Er schien Gary Murphy zu sein. Im Augenblick sah er wie ein sympathischer, anständiger Mann aus, der in den schlimmsten Alptraum, den man sich vorstellen kann, hineingeraten ist.
    »Meine ersten Gefühle und ehrlichen Eindrücke waren ganz einfach und menschlich. Die Entführung durch einen Lehrer hat mich schockiert und verstört«, fing ich mit meiner Antwort an. »Das war ein schwerer Vertrauensbruch. Dann wurde es viel schlimmer. Ich habe die verstümmelte Leiche von Michael Goldberg mit eigenen Augen gesehen. Das ist etwas, was ich nie vergessen werde. Ich habe mit Mr. und Mrs. Dunne über ihre kleine Tochter gesprochen. Ich habe das Gefühl, Maggie Rose zu kennen. Ich habe außerdem die Mordopfer in den Fällen Turner und Sanders gesehen.«
    »Einspruch!« Mary Warner war wieder auf den Beinen. »Einspruch!«
    »Sie sollten es besser wissen.« Richterin Kaplan bedachte mich mit einem eisigen Blick. »Streichen Sie das aus dem Protokoll. Die Geschworenen werden angewiesen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt keinen Beweis dafür, daß der Angeklagte in irgendeiner Weise in die eben erwähnten Fälle verwickelt

Weitere Kostenlose Bücher