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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Luft; überall lag zerbrochenes Glas, und die Hitze der Nacht drang ungehindert durch die zerstörten Fenster. Einige Vampire hatten sich bereits wieder aufgerappelt und die Verfolgung unserer Angreifer aufgenommen, unter ihnen, wie ich feststellte, Joseph Velasquez.
    „Dann will ich mal aufstehen, es gibt wohl keine Entschuldigung mehr für mich, hier noch liegenzubleiben“, verkündete Eric mit einem theatralischen Seufzer, woraufhin er sich auch wirklich erhob. Kritisch sah er an sich herunter: „Daß mir doch jedes Mal ein Hemd dabei draufgeht, wenn ich mit dir zusammen bin!“
    „Scheiße, Eric.“ Unbeholfen, aber geschwind rappelte ich mich so weit auf, daß ich kniete. „Du blutest! Du hast eine Kugel abbekommen! Bill? Bill!“ Mein Haar wogte mir um die Schultern, als ich mich hektisch nach allen Seiten umsah. Bill hatte sich, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, mit einer schwarzhaarigen Vampirin mit auffallend spitz auf der Stirn zusammenlaufendem Haaransatz unterhalten, die in meinen Augen wie Schneewittchen ausgesehen hatte. Als ich mich jetzt halb aufrichtete, um den Fußboden abzusuchen und festzustellen, wer wo lag, entdeckte ich diese Vampirin in der Nähe eines Fensters. Irgend etwas ragte aus ihrer Brust. Schrotkugeln hatten dieses Fenster getroffen; einige Glasstücke waren bis ins Zimmer geflogen. Eine Scherbe mußte direkt den Brustkorb der schwarzhaarigen Vampirin getroffen und sie vernichtet haben. Bill konnte ich nicht entdecken, weder unter den Aktiven noch unter den endgültig Toten.
    Eric zog sich das dreckige Hemd aus, um sich seine Schulter anzusehen. „Die Kugel steckt noch in der Wunde“, meinte er dann mit zusammengebissenen Zähnen. „Du mußt sie heraussaugen.“
    „Was?“ Entsetzt starrte ich ihn mit offenem Mund an.
    „Wenn du sie mir nicht heraussaugst, dann schließt sich die Wunde und verheilt, während die Kugel noch drinsteckt. Wenn du zum Saugen zu zimperlich bist, dann hol ein Messer und schneide sie raus.“
    „Das kann ich nicht!“ In der Handtasche, die ich auf die Party mitgenommen hatte, war zwar auch ein Taschenmesser, aber ich konnte mich nicht erinnern, wo ich sie abgestellt hatte. Im Augenblick sah ich mich außerstande, mich soweit zusammenzureißen, daß ich sie hätte suchen können.
    Eric bleckte die Zähne. „Ich habe die Kugel abgefangen, sonst hätte sie dich getroffen. Du kannst sie rausholen. Du bist kein Feigling.“
    Da zwang ich mich, ganz ruhig zu werden. Ich nahm das Hemd, das Eric beiseite geworfen hatte, und benutzte es dazu, die Wunde abzutupfen. Die Blutung ließ schon nach. Ich warf einen Blick auf die zerfetzte Haut, wobei es mir gelang, die Kugel zu erkennen, die im Fleisch steckte. Hätte ich so lange Fingernägel gehabt wie Trudi, dann hätte ich das Geschoß einfach so herausholen können. Leider sind meine Finger jedoch eher klein und dick, die Nägel kurz gestutzt. Ich seufzte resigniert.
    Das Sprichwort von der bitteren Pille, die man schlucken muß, bekam eine ganz neue Bedeutung, als ich mich über Erics Schulter beugte.
    Eric stöhnte, als ich an ihm sog. Dann spürte ich, wie mir die Kugel in den Mund flutschte. Eric hatte recht gehabt. Da der Teppichboden unter meinen Füßen schon so dreckig war, daß es schlimmer kaum noch ging, spuckte ich mir die Kugel einfach vor die Füße, auch wenn ich mir dabei vorkam wie die letzte unzivilisierte Heidin. Mit der Kugel spie ich auch das Blut aus, das ich in den Mund bekommen hatte - zumindest den größten Teil davon. Etwas geriet mir auch in die Kehle, woraufhin ich es herunterschluckte; das ließ sich einfach nicht umgehen. Erics Schulter hatte schon zu heilen begonnen. „Mann, hier riecht es aber nach Blut!“ flüsterte der große Vampir.
    Ich sah zu ihm auf. „Das war mit Abstand das Ekligste ...“, hob ich an, aber er ließ mich nicht ausreden.
    „Du hast ja blutige Lippen!“ sagte er. Dann nahm er mein Gesicht zwischen beide Hände und küßte mich.
    Wenn ein Meister in der Kunst des Küssens einem eines seiner Meisterwerke aufdrückt, dann fällt es schwer, nicht zu reagieren. Vielleicht hätte ich es mir auch gestattet, diesen Kuß zu genießen - wirklich aus ganzem Herzen zu genießen -, wenn ich mir nicht solche Sorgen um Bill gemacht hätte. Wissen Sie, so fühlt man sich, wenn man gerade eben ganz knapp dem Tode entronnen ist, das kann man sich auch ruhig eingestehen: Man möchte sich einfach gern bestätigen, daß man noch am Leben ist. Auch wenn Vampire

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