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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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eigentlich ja nicht mehr leben, scheint es ihnen in dieser Frage ähnlich zu gehen wie uns Menschen. Erschwerend für Erics Libido kam hinzu, daß das Zimmer voller Blut war, was ihn unweigerlich erregte.
    Aber ich machte mir Sorgen um Bill. Noch dazu hatte mich all die Gewalt, die ich gerade hatte miterleben müssen, zutiefst mitgenommen. Ich stand noch unter Schock. Also entzog ich mich Eric - allerdings erst nach einer kleinen Weile, in der ich, wie ich gestehen muß, all die Schrecken um mich herum einfach vergaß. Nun waren auch Erics Lippen blutig. Ganz langsam leckte er sie ab. „Geh, such nach Bill“, sagte er dann mit ziemlich belegter Stimme.
    Ich warf einen erneuten Blick auf seine Schulter und konnte feststellen, daß das Loch dort sich bereits wieder schloß. Die Kugel hob ich auf und wickelte sie in einen Fetzen Stoff von Erics Hemd. Mir war egal, wie eklig und blutverschmiert diese Kugel war, sie würde ein nettes Souvenir abgeben. Das zumindest dachte ich in jener Nacht. Heute weiß ich selbst nicht mehr, wie ich so etwas denken konnte. Überall im Zimmer lagen nach wie vor Tote und Verletzte, aber diejenigen, die überlebt hatten, wurden bereits versorgt, entweder von anderen Menschen oder von einem der beiden Vampire, die nicht mit auf Verfolgungsjagd gegangen waren.
    Aus der Ferne hörte ich den Lärm näherkommender Sirenen.
    Die wunderschöne Vordertür war geborsten und voller Kugeln. Ich öffnete sie und drückte mich erst einmal flach an die Wand neben der Tür, falls noch ein Heckenschütze auf der Lauer lag, der mich bitte nicht erwischen sollte. Nichts geschah, alles blieb ruhig. Dann beugte ich mich vor, spähte um den Türrahmen herum und rief: „Bill? Alles klar?“
    Da kam er in den Garten geschlendert, die Wangen rund und rosig. Anders läßt sich das wirklich nicht beschreiben.
    „Bill!“ sagte ich, wobei ich mir alt und grau und dreckig vorkam. Ein dumpfer Schrecken, der aber in Wirklichkeit nur tiefe, tiefe Enttäuschung war, nistete sich gründlich und schwer in meinem Magen ein.
    Ruckartig blieb Bill stehen.
    „Sie haben auf uns geschossen und einige von uns getötet“, sagte er. Seine Fänge leuchteten, und er schimmerte förmlich, so erregt war er.
    „Du hast jemanden umgebracht!“
    „Um uns zu verteidigen.“
    „Aus Rache!“
    Zwischen diesen Dingen bestand ein klarer Unterschied, zumindest in meinen Augen und in diesem Moment. Bill war verdutzt.
    „Du bist noch nicht einmal geblieben, um nachzusehen, ob mir auch nichts passiert ist!“ fuhr ich fort. Einmal Vampir, immer Vampir. Ein Leopard kriegt keine neuen Flecken. Die Katze läßt das Mausen nicht. All diese uralten Sprüche schossen mir durch den Kopf. Ich hörte sie förmlich, und zwar in der warmen, gedehnten Sprache, die bei mir daheim gesprochen wird.
    Ich drehte mich um und ging zurück ins Haus, wobei ich mir meinen Weg durch die Blutlachen und das Chaos und Elend bahnte, als sähe ich das alles gar nicht, als seien dies Dinge, die ich jeden Tag erlebte. Manches nahm ich gar nicht bewußt wahr. Erst in der nächsten Woche würde sich mein Verstand daran erinnern, sie gesehen zu haben, würde mir mein Gedächtnis überraschende Bilder vorlegen: ein zerschmetterter Schädel in Nahaufnahme; eine Arterie, aus der Blut sprudelte. Aber dort, in dem zerstörten Haus, war es mir in diesem Moment das Wichtigste, meine Handtasche zu finden. Es gelang mir beim zweiten Versuch. Während Bill sich besorgt um die Verletzten kümmerte, um nur ja nicht mit mir reden zu müssen, verließ ich das Haus, stieg in den Mietwagen und fuhr los. Ja, ich traute mir zu, mich ans Steuer zu setzen, auch wenn mir dabei weiß Gott reichlich mulmig zumute war. Ich fürchtete mich jedoch mehr vor einem weiteren Verbleib dort in der Villa als vor dem Großstadtverkehr. Ich bog aus der Parklücke, kurz bevor die Polizei kam.
    Erst einmal fuhr ich ein paar Straßen weiter. Dann hielt ich vor einer Leihbücherei und kramte im Handschuhfach des Wagens nach dem Stadtplan. Es gelang mir, mir auf dem Plan den Weg zum Flugplatz zu suchen, auch wenn das bestimmt doppelt so lange dauerte wie normal, weil mein Kopf nach den Ereignissen dort im Vorort-Schützengraben immer noch so durcheinander war, daß er ständig drohte, ganz den Dienst zu verweigern.
    Dann fuhr ich zum Flughafen. Dort folgte ich den Schildern, auf denen AUTOVERLEIH stand, parkte den Wagen auf dem für Mietwagen vorgesehenen Parkplatz, ließ den Schlüssel im Zündschloß stecken

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