Untot in Dallas
sein Gesicht, nur um feststellen zu müssen, daß der Mann mit einem Mal überhaupt nicht mehr jovial lächelte. „Ich fürchte, Sie werden in einem der anderen Zimmer hier warten müssen, bis meine Arbeit beendet ist“, sagte er. „Dann werden wir uns unterhalten.“ Sein Tonfall verbot jede weitere Diskussion. Sarah öffnete die Tür zu einem winzigen Zimmerchen, in dem sich nur zwei Stühle sowie zwei Feldbetten befanden.
„Nein!“ rief ich, „ich kann nicht!“ Mit diesen Worten versetzte ich Steve einen Stoß. Seit ich Vampirblut zu mir genommen habe, bin ich stark, wirklich sehr stark, und so geriet der Mann, der doch so viel größer war als ich, heftig ins Wanken. So rasch ich konnte lief ich an ihm vorbei die Treppe hinauf. Dann aber schloß sich plötzlich eine kräftige Hand um meinen Knöchel, und ich ging äußerst schmerzhaft zu Boden. Die Kanten der Treppenstufen erwischten mich einfach überall - ich prallte mit dem linken Jochbein auf, mit beiden Brüsten, mit dem linken Knie, und das tat so weh, daß ich mich um ein Haar übergeben hätte.
Wieder unten angekommen, half Gabe mir unsanft auf die Beine. „Kommen Sie schon, meine Dame!“ bemerkte er dazu. „Was haben Sie nur - wie konnten Sie ihr derart wehtun?“ stotterte Hugo ehrlich besorgt und verärgert. „Wir sind hier, weil wir uns mit dem Gedanken tragen, Ihrer Gruppierung beizutreten, und dann behandeln Sie uns so?“
„Ach, lassen Sie doch das Theater!“ empfahl Gabe meinem Begleiter. Dann drehte er mir, ehe ich mich noch von dem Sturz erholen und wieder sammeln konnte, mit viel Schwung den Arm auf den Rücken. Der Schmerz verschlug mir schier den Atem. So gelang es Gabe, mich in das kleine Zimmer zu bugsieren. Als letztes packte er meine Perücke und riß sie mir vom Kopf. Hugo folgte mir freiwillig ins Zimmer, obwohl ich ihm ein heiseres „Nein!“ zugerufen hatte. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloß.
Als Nächstes hörten wir, wie die Tür verriegelt wurde, und das war es dann auch.
* * *
„Sookie!“ sagte Hugo. „An Ihrem linken Jochbein ist die Haut abgeschürft.“
„Was Sie nicht sagen!“ murmelte ich leise, aber sarkastisch.
„Sind Sie schlimm verletzt?“
„Was glauben Sie denn?“
Er nahm meine Frage wörtlich. „Ich glaube, Sie haben blaue Flecken, Prellungen und Quetschungen; vielleicht auch eine Gehirnerschütterung. Knochen sind nicht gebrochen, oder?“
„Höchstens ein oder zwei“, gab ich zurück.
„Schwer verletzt können Sie nicht sein, wenn ihnen das Spotten nicht vergangen ist“, sagte Hugo. Ihm wäre es lieber gewesen, er hätte wütend auf mich sein können - das entnahm ich seinen Gedanken. Erstaunt fragte ich mich, warum das wohl so sein mochte, warum er lieber wütend auf mich gewesen wäre, als mich bedauern zu müssen. Obwohl - eigentlich ahnte ich, warum. Nein, eigentlich wußte ich es inzwischen sogar ganz genau.
Ich ruhte auf einem der Feldbetten und hatte den rechten Arm über die Augen gelegt. Ich wollte ein wenig nachdenken. Von dem, was nach unserem Einschluß auf dem Flur vor sich gegangen war, hatten wir nur sehr wenig mitbekommen. Einmal war mir gewesen, als hätte ich gehört, wie eine Tür aufging und gedämpfte Stimmen an mein Ohr drangen, aber das war auch schon alles gewesen. Diese Mauern waren errichtet worden, um einer Atomexplosion standzuhalten; die Stille hier unten war wohl normal, etwas anderes hätten wir gar nicht erwarten können.
„Haben Sie eine Uhr?“ fragte ich Hugo.
„Ja. Es ist siebzehn Uhr dreißig.“
Noch gut zwei Stunden, ehe sich die Vampire erhoben.
Ich schwieg, und wieder legte sich die Stille um uns. Als ich ganz sicher sein konnte, daß sich der schwer lesbare Hugo vollständig in die eigenen Gedanken zurückgezogen hatte, öffnete ich mein Bewußtsein ganz weit und hörte ihm mit all der Konzentration, die ich irgend aufbringen konnte, zu.
Aber das hätte gar nicht geschehen dürfen, das gefällt mir nicht, bestimmt wird alles gut, was, wenn ich mal muß, ich kann doch nicht hier vor ihr mein Ding rausholen, vielleicht erfährt Isabel ja nichts von alldem, ich hätte es wissen müssen nach der Sache gestern nacht mit dem Mädchen, wie soll ich hier bloß rauskommen, ohne meine Zulassung zu verlieren, wenn ich gleich morgen anfange, mich zu distanzieren, vielleicht kann ich dann Schritt für Schritt...
Ich preßte mir den Arm so fest gegen die Augen, daß es schmerzte. Sonst wäre ich aufgestanden, hätte mir einen der Stühle
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