Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
hatte ich doch offenbar mein Ziel aus den Augen verloren! Kaum hatte ich die Worte gesagt, da bereute ich sie auch schon aus ganzem Herzen.
    „Du wirst es ja sehen!“ sagte Godfrey bestimmt.
    „Das möchte ich aber gar nicht, jedenfalls nicht an Farrel gekettet. Ich bin nicht des Teufels, und ich will nicht sterben.“
    „Wann warst du das letzte Mal in der Kirche?“ Die Frage warf er mir hin wie einen Fehdehandschuh.
    „Vor einer Woche. Ich bin auch zum Abendmahl gegangen.“ Noch nie hatte mich die Tatsache, daß ich regelmäßig zur Kirche ging, so glücklich gemacht - auf eine solche Frage hätte ich nämlich unmöglich lügen können.
    „Oh!“ Mit dieser Antwort hatte der Vampir nicht gerechnet.
    „Sehen Sie?“ Ich bekam das Gefühl, daß unsere Unterhaltung Godfrey den letzten Rest seiner ohnehin angeschlagenen Würde raubte, aber das scherte mich nicht. Ich wollte nicht bei lebendigem Leibe verbrennen! Ich wollte Bill, vermißte ihn mit einer Sehnsucht, die derart intensiv war, daß ich fast schon hoffte, sie würde seinen Sargdeckel spontan aufspringen lassen. Wenn ich ihm doch nur mitteilen könnte, was hier los war ... „Komm“, sagte Godfrey plötzlich und streckte mir die Hand hin.
    Nach diesem langen Vorspiel wollte ich ihm ungern Gelegenheit geben, sich die Sache noch einmal zu überlegen - also ergriff ich die Hand, die er mir hinstreckte, und stieg über Gabes reglosen Körper hinweg in den Flur hinaus. Aus dem Zimmer von Farrell und Hugo drang auf unheilverkündende Art und Weise kein Laut. Um die Wahrheit zu sagen, ich war viel zu verängstigt, um nach den beiden zu rufen und herauszufinden, was mit ihnen los sein mochte. Wenn mir die Flucht gelang, dachte ich, wäre ich ja auch in der Lage, sie zu retten.
    Godfrey roch das Blut an mir und wirkte einen Moment lang hungrig und begierig. Den Ausdruck kannte ich nur zu gut, aber hier begegnete er mir zum ersten Mal ohne Beimischung von Lust. Godfrey machte sich nichts aus meinem Körper. Blut und Sex sind für jeden Vampir eng miteinander verbunden. Da konnte ich wohl von Glück sagen, daß meine Figur eindeutig erwachsene Formen hat. Aus Höflichkeit neigte ich den Kopf und hielt Godfrey mein Gesicht hin. Er zögerte, leckte dann aber letztlich doch das Blut auf, das mir aus der Wunde am Jochbein geflossen war, wobei er eine Sekunde lang die Augen schloß, um sich den Geschmack auf der Zunge zergehen zu lassen. Dann gingen wir Richtung Treppe.
    Godfrey mußte mir helfen, die steilen Stufen zu bewältigen, aber gemeinsam schafften wir es. Oben tippte er mit der Hand, die er nicht brauchte, um mich zu stützen, eine Zahlenkombination in die Tür, die daraufhin aufging. „Ich habe hier gewohnt“, erklärte er mit einer Stimme, die kaum lauter war als ein Lufthauch. „Im Zimmer am Ende des Ganges.“
    Der Flur hier im Erdgeschoß war leer, aber jederzeit konnte jemand aus einem der Büroräume treten. Godfrey schien das nicht zu befürchten, ich aber schon, und ich war ja schließlich die, deren Freiheit auf dem Spiel stand. Stimmen hörte ich nicht. Anscheinend war die Belegschaft nach Hause gegangen, um sich auf die Nacht der Kirche vorzubereiten, und von den Gästen für diese Nacht war noch niemand eingetroffen. Ein paar der Bürotüren waren geschlossen, wobei die Fenster in den Büros die einzigen Quellen waren, durch die Licht in den Flur drang. Anscheinend war es dunkel genug, daß Godfrey sich wohlfühlte, denn er zuckte kein einziges Mal mit der Wimper. Unter der Tür zu Newlins Büro drang ein breiter Streifen Kunstlicht hinaus auf den Flur.
    Wir beeilten uns. Besser gesagt: Wir gaben uns Mühe, uns zu beeilen; meine Beine jedoch waren nicht besonders kooperativ. Ich war mir nicht sicher, auf welche Ausgangstür Godfrey zustrebte, vielleicht ja auf die Doppeltür, die ich vorhin an der Rückwand der eigentlichen Kirche bemerkt hatte. Wenn ich heil und sicher bis zu diesem Ausgang käme, würde ich nicht auch noch den gesamten anderen Flügel durchqueren müssen. Wie ich weiter vorgehen sollte, wenn ich mich erst einmal an der frischen Luft befand, war mir nicht ganz klar; auf jeden Fall hatte ich aber außerhalb des Gebäudes mehr Chancen als innerhalb. Gerade waren wir an der Tür des vorletzten Büros auf der linken Seite angekommen - das Büro, aus dem, als ich mit Steve und den anderen diesen Flur entlanggegangen war, die winzige Frau lateinamerikanischer Abstammung getreten war -, da öffnete sich Newlins Bürotür. Wir

Weitere Kostenlose Bücher