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Untot in Dallas

Untot in Dallas

Titel: Untot in Dallas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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erstarrten. Godfreys Arm, den er fürsorglich um mich gelegt hatte, fühlte sich plötzlich an wie ein Band aus Eisen. Aus Steves Büro trat Polly Blythe, und zwar rückwärts, das Gesicht nach wie vor dem Zimmer zugewandt, das sie sich gerade zu verlassen anschickte. Wir standen nur wenige Meter von ihr entfernt.
    „... Lagerfeuer“, sagte sie.
    „Nein, ich denke, wir haben genug“, erklang Sarahs süße Stimme. „Wenn alle ihre Kärtchen zurückgeschickt hätten, dann wüßten wir auch genauer Bescheid. Ich verstehe wirklich nicht, wie unzuverlässig die Leute sind, was die Bestätigung von Einladungen angeht. Das ist so rücksichtslos, und dabei haben wir es ihnen doch so einfach wie möglich gemacht - sie brauchten einfach nur die Karte zu schicken, um uns mitzuteilen, ob sie heute teilnehmen werden oder nicht.“
    Sie regte sich wirklich über Benimmfragen auf! Mein Gott, was hätte Knigge wohl dazu zu sagen gehabt: Ich besuchte neulich, ohne ausdrücklich eingeladen worden zu sein, eine kleine Kirchengemeinde und ging, ohne mich zu verabschieden. Muß ich mich jetzt schriftlich bedanken oder reicht es, wenn ich ein paar Blumen schicke?
    Polly schickte sich an, den Kopf zu wenden; nicht lange, dann würde sie uns sehen können. Kaum war mir dieser Gedanke durch den Kopf geschossen, da schob mich Godfrey auch schon in das finstere, leere Büro, vor dessen offener Tür wir gestanden hatten.
    „Godfrey? Was tust denn du hier oben?“ Polly hörte sich zwar nicht an, als habe sie Angst vor dem blonden Vampir, besonders glücklich schien sie dessen Anblick aber auch nicht zu machen. Ein wenig hörte sie sich an wie eine Hausherrin, die feststellen muß, daß ihr Gärtner es sich in ihrem Wohnzimmer gemütlich gemacht hat.
    „Ich wollte nur nachsehen, ob es noch etwas für mich zu tun gibt.“
    „Ist es nicht viel zu früh für dich? Solltest du überhaupt schon wach sein?“
    „Ich bin sehr alt“, erklärte Godfrey höflich. „Die Alten brauchen nicht so viel Schlaf wie die Jungen.“
    Daraufhin mußte Polly lachen. „Sarah?“ rief sie vergnügt. „Godfrey ist wach.“
    Sarahs Stimme klang näher als zuvor. „Godfrey!“ zwitscherte die Frau des Direktors ebenso hell und vergnügt wie Polly. „Hallöchen! Aufgeregt? Ich wette, du kannst es kaum erwarten.“
    Sie redeten mit einem tausend Jahre alten Vampir, als sei er ein Kind am Vorabend seines Geburtstags.
    „Deine Robe ist fertig“, sagte Sarah Newlin. „Mit Volldampf voraus, was?“
    „Was, wenn ich es mir nun anders überlegt habe?“ fragte Godfrey.
    Dann sagte ziemlich lange niemand mehr etwas. Ich versuchte, leise und gleichmäßig zu atmen. Je näher die Dunkelheit rückte, desto größer, hatte ich mir überlegt, waren meine Chancen, hier heil und lebend rauszukommen.
    Wenn ich nur telefonieren könnte ... ich schielte hinüber zum Schreibtisch des Büros, in dem ich mich versteckt hatte. Richtig, dort stand ein Telefon. Aber würden nicht, wenn ich es benutzte, auch bei allen anderen Telefonen im Haus die Knöpfe für die Leitung, auf der ich sprach, aufleuchten, um zu zeigen, daß diese Leitung belegt war? Zudem wäre es im Moment viel zu laut und zu riskant zu telefonieren.
    „Anders überlegt?“ Polly Blythe klang wütend. „Wie kann das sein? Du warst schließlich derjenige, der zu uns gekommen ist, oder hast du das vergessen? Du hast uns von deinem sündigen Leben erzählt, von dem tiefen Schuldgefühl, das dich jedesmal plagte, wenn du ein Kind ermordet hattest und ... nun, auch bei anderen Dingen. Hat sich daran irgend etwas geändert?“
    „Nein“, erwiderte Godfrey sehr nachdenklich. „Daran hat sich nichts geändert. Aber ich sehe keine Notwendigkeit, mit mir zusammen auch Menschen zu opfern, und ich glaube inzwischen, daß es auch Farrell selbst überlassen bleiben sollte, wann und wie er seinen Frieden mit Gott schließt. Wir sollten ihn nicht opfern.“
    „Wir brauchen Steve“, sagte Polly Blythe leise zu Sarah. „Er muß herkommen.“
    Danach hörte ich nur noch Pollys Stimme, weswegen ich davon ausging, daß Sarah zurück ins Büro geeilt war, um ihren Mann anzurufen.
    Kurz darauf leuchtete am Telefon in dem Büro, in dem ich mich befand, ein Lämpchen. Sarah sprach mit Steve, und ich hatte recht gehabt mit der Vermutung, daß man in diesem Haus nicht unbemerkt telefonieren konnte; Sarah hätte es mitbekommen, wenn ich eine der anderen Leitungen benutzt hätte. Vielleicht würde ich es in ein paar Minuten

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