Untot in Dallas
rasten wir auf die nächste Auffahrt zur vierspurigen Straße zu, die direkt am Parkplatz der Bruderschaft vorbeiführte. Automatisch legte ich den Sicherheitsgurt an.
Aber so schnell wir auch waren, andere waren noch schneller gewesen: Hilflos mußten wir zusehen, wie verschiedene Familienkutschen so plaziert wurden, daß sie sämtliche Ausfahrten des Parkplatzes blockierten.
„Scheiße!“ sagte Luna.
Eine Minute lang hockten wir schweigend da, während Luna nachdachte.
„Die lassen mich hier nie raus, selbst wenn wir dich irgendwie verstecken. Zurück in die Kirche kann ich dich nicht schaffen. Den Parkplatz haben sie im Handumdrehen durchsucht ...“ Wieder kaute Luna nachdenklich auf ihrer Unterlippe.
„Ach, scheiß doch auf den Job!“ sagte sie dann forsch und schaltete schwungvoll in den ersten Gang. Zuerst fuhr sie noch recht maßvoll, um möglichst wenig Aufsehen zu erregen. „Diese Leute wüßten doch noch nicht mal, was Religion ist, wenn sie ihnen direkt ins Gesicht springt!“ Bei der Kirche angekommen gab Luna Gas und fuhr auf die Auffahrt, die den Parkplatz von der Rasenfläche vor dem Gotteshaus trennte. Dann flogen wir in Höchstgeschwindigkeit über diesen Rasen, drehten eine Runde um den eingezäunten Parkplatz, und ich stellte fest, daß ich von einem Ohr zum anderen grinste, auch wenn das höllisch wehtat.
„Jaaaa!“ schrie ich, als wir nun einen der Sprinkler umfuhren, mit denen der Rasen bewässert wurde. Nun flogen wir durch den Vorgarten der Kirche, und noch waren alle so geschockt, daß niemand auf die Idee kam, uns verfolgen zu wollen. Aber es würde nicht lange dauern, bis diese Unverbesserlichen sich wieder berappelt hatten! Dann würden alle hier, die die extremeren Methoden der Bruderschaft noch nicht kannten, ein ziemlich unsanftes Erwachen erleben.
Da bemerkte Luna, die den Rückspiegel im Auge behalten hatte, auch schon: „Sie haben die Ausfahrten freigemacht, und jemand ist hinter uns her.“ Abrupt fädelten wir uns in den Verkehr auf der Straße ein, die an der Vorderfront der Kirche entlang verlief. Auch diese Straße war vierspurig und vielbefahren; unser plötzliches Auftauchen dort wurde mit einem heftigen Hupkonzert kommentiert.
„Heilige Scheiße!“ sagte Luna. Sie drosselte ihr Tempo, bis sich ihre Fahrweise der anderen Verkehrsteilnehmer angepaßt hatte, ließ aber den Rückspiegel nicht aus den Augen. „Es ist schon zu finster. Ich weiß nicht, welche Scheinwerfer unseren Verfolgern gehören.“
Ich fragte mich, ob Barry Bill Bescheid gesagt hatte.
„Hast du ein Handy?“ fragte ich sie.
„Es ist in meiner Handtasche, zusammen mit meinem Führerschein. Die Handtasche steht in meinem Büro in der Kirche. So habe ich überhaupt mitbekommen, daß du frei bist. Ich bin in mein Büro gegangen, wo ich deine Witterung aufgenommen habe. Ich wußte auch, daß du verletzt bist. Also bin ich nach draußen gegangen, um mich dort ein wenig umzusehen, und als ich dich draußen nicht finden konnte, bin ich zurück in die Kirche gegangen. Wir können von Glück sagen, daß ich wenigstens meine Autoschlüssel dabei hatte.“
Gott schütze die Gestaltwandler. Ich bedauerte sehr, daß Luna ihr Handy nicht bei sich im Auto hatte, aber in dieser Frage konnten wir im Moment nichts unternehmen. Ich fragte mich plötzlich, wo meine Handtasche wohl war. Wahrscheinlich im Büro der Bruderschaft. Zumindest hatte ich meinen Führerschein herausgenommen, so würde man mich wenigstens nicht als Sookie Stackhouse identifizieren können.
„Halten wir an einer Telefonzelle oder gleich bei der nächsten Polizeiwache?“
„Was meinst du: Was macht die Polizei, wenn du da Bescheid sagst?“ Luna sprach mit mir wie mit einem dummen Kind, dem man beim Nachdenken auf die Sprünge helfen muß.
„Sie fährt zur Kirche?“
„Ja, und dann? Was geschieht dann?“
„Dann fragen die Polizisten Steve, warum er versucht hat, in seinem Luftschutzkeller einen Menschen gefangenzuhalten.“
„Richtig, und was antwortet Steve?“
„Ich weiß nicht.“
„Steve antwortet: ,Wir haben die Frau nie im Leben gefangengehalten! Sie hat mit unserem Angestellten Gabe Streit bekommen, und Gabe ist tot. Verhaften Sie die Frau' .“ „Oh. Meinst du wirklich?“
„Oh ja.“
„Was ist mit Farrell?“
„Sollte die Polizei auftauchen, so kannst du sichergehen, daß die Bruderschaft für diesen Fall jemanden abgestellt hat, der sich dann in den Keller schleicht und Farrell pfählt. Bis die
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