Untot in Dallas
gerade schnippisch und ziemlich wütend.
„Das lassen Sie schön bleiben“, erwiderte mein wundervoller, streitbarer Mann mit der tiefen Stimme. „Sie müssen auf jeden Fall erst die Angaben ihrer Autoversicherungen austauschen.“
„Stimmt“, sagte eine viel jüngere, auch männliche Stimme. „Sie wollen nur nicht für den Schaden am Wagen der beiden Frauen aufkommen. Was ist, wenn die beiden verletzt sind? Haften Sie dann nicht für die Krankenhauskosten?“
Luna hatte es geschafft, ihren Sicherheitsgurt zu lösen und drehte sich nun so, daß es ihr gelang, auf die Innenseite des Autodachs zu fallen, das sich dort befand, wo eigentlich der Boden hätte sein sollen. Mit einer Wendigkeit, um die ich sie nur beneiden konnte, streckte sie den Kopf zum offenen Fenster hinaus und angelte mit den Füßen nach allem, worauf sie sich abstützen konnte. So gelang es ihr, sich aus dem Fenster zu schlängeln. Eines der Dinge, die sie dabei als Fußstütze zur Hilfe nahm, war meine Schulter, aber ich gab keinen Laut von mir. Eine von uns mußte es unbedingt schaffen, sich zu befreien.
Sobald Luna draußen auftauchte, wurde sie von lauten Rufen begrüßt. Dann hörte ich sie fragen: „Wer von Ihnen beiden saß am Steuer?“
Verschiedene Stimmen mischten sich ein, von denen die eine dies, die andere jenes sagte, aber offenbar war allen Umstehenden klar, daß Polly, Sarah sowie deren Gefolgsleute die Täter waren und Luna ein Opfer. Inzwischen standen so viele Menschen um die Unfallstelle herum, daß es die Bruderschaft selbst dann nicht schaffte, uns einfach vom Tatort wegzuschleppen, als ein weiterer Wagen mit Getreuen vorgefahren kam. Gott schütze den amerikanischen Gaffer, dachte ich rührselig, denn ich war in sentimentaler Stimmung.
Der Sanitäter, der mich schließlich aus dem Auto befreite, war der hübscheste Mann, den ich je zu Gesicht bekommen hatte. Er hieß Salazar, zumindest stand das auf seinem Namensschild, und ich sagte: „Salazar“, nur um sicher zu gehen, daß ich so etwas noch sagen konnte. Es kostete mich große Anstrengung, den Namen richtig und vollständig auszusprechen.
„Ja, so heiße ich“, sagte der Sanitäter, und dann hob er mein Lid, um mir ins Auge zu schauen. „Sie sehen reichlich lädiert aus.“
Ich wollte ihm gerade erklären, daß ich mir ein paar Verletzungen bereits vor dem Unfall zugezogen hatte, da hörte ich Luna sagen: „Mein Terminkalender flog vom Armaturenbrett und traf sie voll ins Gesicht.“
„Es wäre wesentlich sicherer, wenn sie nichts auf dem Armaturenbrett liegen ließen“, sagte eine unbekannte Stimme, die etwas flach klang.
„Da haben Sie recht, Officer, inzwischen sehe ich das ja ein.“
Officer? Ich versuchte, den Kopf zu wenden und wurde von Salazar getadelt. „Sie halten sich ruhig, bis ich sie mir von Kopf bis Fuß angesehen habe“, sagte der Mann streng.
„Gut.“ Eine Sekunde später fragte ich: „Ist die Polizei hier?“
„Ja. Wo tut es weh?“
Wir gingen eine ganze Menge Fragen zusammen durch, und die meisten von ihnen konnte ich auch beantworten.
„Ich glaube, Sie werden sich rasch wieder erholen und keine bleibenden Schäden davontragen, aber wir müssen Sie und Ihre Freundin mit ins Krankenhaus nehmen und untersuchen, nur um ganz sicher zu gehen.“ Salazar und seine Partnerin, eine schwergewichtige weiße Frau, taten so, als sei diese Sache etwas völlig Selbstverständliches.
„Nein“, rief ich besorgt. „Wir müssen nicht ins Krankenhaus, oder, Luna?“
„Na klar müssen wir ins Krankenhaus!“ Luna schien völlig überrascht, daß ich mich so dagegen sträubte. „Du mußt dich röntgen lassen. Deine Wange sieht schlimm aus.“
„Ach ja?“ Ich verstand nicht, welche Richtung Lunas Überlegungen inzwischen eingeschlagen hatten. „Na, wenn du meinst, es muß wirklich sein ...“
„Allerdings!“
Also begab sich Luna auf ihren eigenen Beinen zum Krankenwagen; ich wurde auf eine Bahre verladen und ebenfalls dorthin geschafft, und dann machten wir uns mit heulenden Sirenen auf den Weg. Das letzte, was ich sah, ehe Salazar die Türen des Krankenwagens schloß, waren Sarah und Polly. Die beiden unterhielten sich mit einem sehr großen Polizisten und sahen aus, als hätten sie völlig die Fassung verloren. Das fand ich prima.
Das Krankenhaus war, wie Krankenhäuser nun einmal sind. Luna heftete sich an meine Fersen. Sie ließ mich keine Sekunde lang aus den Augen. Als wir zusammen in einer der kleinen
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