Untot in Dallas
Untersuchungskabinen saßen, die jeweils durch einen Vorhang abgetrennt sind, bat sie die Schwester, die gekommen war, um unsere Versicherungsdaten und weitere Einzelheiten aufzunehmen: „Sagen Sie bitte Dr. Josephus, daß Luna Garza und ihre Schwester hier sind.“
Die Schwester, eine junge Afroamerikanerin, warf Luna einen skeptischen Blick zu, sagte jedoch lediglich: „Wenn Sie wünschen“, und verschwand umgehend.
„Wie hast du das denn geschafft?“ wollte ich wissen.
„Wie ich die Schwester dazu gebracht habe, mit dem Ausfüllen der Karteikarten aufzuhören? Ich habe die Sanitäter extra gebeten, uns in dieses Krankenhaus zu bringen. Wir haben in jedem Hospital der Stadt jemanden, aber unseren Mann hier kenne ich am besten.“
„Unseren?“
„Unseren. Die, die zwei Wesen haben.“
„Ach.“ Die Gestaltwandler. Ich konnte es kaum erwarten, Sam davon zu berichten.
„Ich bin Dr. Josephus“, sagte eine ruhige Stimme über mir. Ich hob den Kopf und stellte fest, daß ein zierlicher Mann mit silbergrauem Haar in unser kleines Kabuff getreten war. Sein Haar war bereits ein wenig schütter und sein Gesicht wurde von einer scharfgeschnittenen Nase dominiert, auf der eine Brille mit Stahlrand thronte. Er hatte strahlend blaue Auge, die durch die Brillengläser noch vergrößert wurden.
„Ich bin Luna Garza, und dies ist meine Freundin - Marigold.“ Luna klang mit einem Mal so anders - ich warf ihr einen prüfenden Blick zu, um sicherzugehen, daß wirklich dieselbe Person neben mir saß. „Wir hatten heute nacht bei der Erfüllung unserer Pflichten leider etwas Pech.“
Der Arzt musterte mich mißtrauisch.
„Sie ist es wert“, sagte Luna gewichtig. Mir war nach Kichern zumute. Ich wollte die Feierlichkeit dieses Moments wahrlich nicht stören, aber das fiel mir recht schwer, und ich mußte mich kräftig auf die Innenseite meiner Wangen beißen, um nicht loszuprusten.
„Wir müssen Sie röntgen“, verkündete der Arzt, nachdem er sich mein Gesicht und das grotesk geschwollene Knie angesehen hatte. Ich hatte noch weitere Prellungen und Abschürfungen vorzuweisen, die aber harmlos waren. Knie und Wange stellten die beiden einzigen wirklich schwerwiegenden Verletzungen dar.
„Das müßte dann ziemlich schnell geschehen, und danach müssen wir hier verschwinden, und zwar auf einem sicheren Weg“, sagte Luna in einem Tonfall, der es dem Arzt unmöglich machte, ihr zu widersprechen oder seine Hilfe zu verweigern.
Noch nie hatte ich eine Krankenhausmaschinerie so rasch arbeiten sehen! Wahrscheinlich saß Josephus hier im Aufsichtsrat oder war der Chefarzt, etwas anderes konnte ich mir nicht vorstellen. Das fahrbare Röntgengerät kam angerollt, die Aufnahmen wurden gemacht, und bereits wenige Minuten später teilte Dr. Josephus mir mit, daß mein Jochbein einen Haarriß abbekommen hatte, der aber von ganz allein wieder heilen würde. Wenn ich wollte, könnte ich, sobald die Schwellung abgeklungen war, einen Chirurgen aufsuchen, der auf kosmetische Chirurgie spezialisiert war. Josephus stellte mir ein Rezept für ein Schmerzmittel aus, erteilte mir eine Unmenge Ratschläge und gab mir einen Eisbeutel für meine Wange und einen weiteren für mein Knie. Das Knie, erklärte er, sei 'geprellt' .
Knapp zehn Minuten später waren wir bereits auf dem besten Weg, das Krankenhaus wieder zu verlassen. Ich saß in einem Rollstuhl, der von Luna geschoben wurde, und Dr. Josephus führte uns durch einen langen unterirdischen Korridor zu einem Lieferanteneingang. Unterwegs kamen uns ein paar Angestellte des Krankenhauses auf dem Weg zur Arbeit entgegen. Keiner von ihnen machte einen vornehmen, wohlhabenden Eindruck; sie alle schienen hier im Krankenhaus eher unterbezahlter Arbeit nachzugehen, etwa als Köchinnen und Putzfrauen. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß der ungeheuer selbstsicher wirkende Dr. Josephus sich je zuvor in diesen Tunnel verirrt hatte, aber offenbar kannte er den Weg gut, und anscheinend wunderte sich keiner der Angestellten allzusehr darüber, ihn hier unten anzutreffen. Am Ende des Tunnels drückte er eine schwere Metalltür auf.
Mit wahrhaft königlicher Grazie und Würde nickte Luna dem Mann zu, bedankte sich und rollte mich hinaus in die Nacht. Draußen stand ein großer, alter Wagen, entweder dunkelrot oder braun. Neugierig sah ich mich um, wobei ich feststellte, daß wir uns in einer Gasse hinter dem Krankenhaus befanden. Große Müllcontainer standen an einer Wand entlang
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