Untot in Dallas
Bullen kommen, gibt es keinen Farrell mehr. Dasselbe könnten sie mit Godfrey machen, wenn er nicht bereit ist, der Polizei gegenüber ihre Version der Ereignisse zu bestätigen. Godfrey würde wahrscheinlich sogar stillhalten. Der Typ will wirklich nicht mehr existieren.“
„Was ist mit Hugo?“
„Meinst du, Hugo erklärt irgendwelchen Polizisten, wie es dazu kam, daß er im Keller eingesperrt wurde? Ich weiß nicht, was der Idiot den Bullen erzählen würde, wenn sie ihn befragen, aber die Wahrheit bestimmt nicht. Der Mann führt seit Monaten ein Doppelleben. Der weiß doch selbst nicht mehr, ob er noch klar im Kopf ist!“
„Die Polizei können wir also nicht rufen. Wen können wir rufen?“
„Ich muß dich zu deinen Leuten bringen. Meine brauchst du nicht kennenzulernen. Sie wollen nicht, daß unsere Existenz bekannt wird, verstanden?“
„Klar.“
„Du bist wohl selbst irgendein Kuriosum, was? Sonst hättest du mich wohl kaum erkannt.“ „Ja.“
„Was bist du? Ein Vamp wohl kaum, das ist mir schon klar. Eine von uns bist du auch nicht.“
„Ich bin Telepathin.“
„Echt? Kein Witz? Wahnsinn! Buh buh, was?“ Luna gab den Laut von sich, mit dem man sich traditionell über Gespenster lustig macht.
„Nicht mehr 'Buh' als du auch!“ gab ich zurück, wobei ich fand, niemand dürfe es mir übel nehmen, wenn ich ein wenig angestoßen klang.
„Tut mir leid“, sagte Luna, aber es war ihr nicht ernst damit. „Gut - nun also mein Plan ...“
Aber ich kam nicht mehr dazu, mir ihren Plan anzuhören, denn in diesem Moment fuhr jemand von hinten auf unser Auto auf.
* * *
Als ich wieder zu mir kam, hing ich kopfüber im Sicherheitsgurt. Eine Hand schob sich durchs Autofenster und wollte mich nach draußen zerren. Ich erkannte die Fingernägel: Diese Hand gehörte Sarah. Da biß ich zu.
Es ertönte ein schriller Schrei; zugleich verschwand die Hand blitzschnell wieder. „Offenbar hat sie den Verstand verloren“, plapperte Sarahs süßes Stimmchen draußen auf jemanden ein. Dieser jemand, erkannte ich, konnte unmöglich mit der Kirche in Verbindung stehen. Da wurde mir klar, daß ich rasch handeln mußte.
„Hören Sie nicht auf die Frau! Sie hat uns gerammt! Lassen Sie nicht zu, daß sie mich anfaßt“, rief ich.
Ich sah hinüber zu Luna, deren Haarspitzen die Wagendecke berührten. Sie war wach, gab aber keinen Laut von sich. Sie drehte und wendete sich geschickt hin und her, wobei sie wohl versuchte, sich aus ihrem Gurt zu befreien.
Vor der Windschutzscheibe fanden eine Menge Unterhaltungen gleichzeitig statt, von denen ein Großteil kontrovers verlief.
„Wenn ich es Ihnen doch sage: Die Frau ist meine Schwester, und sie ist lediglich betrunken!“ versuchte Polly, einen der Umstehenden zu überzeugen.
„Ich bin nicht betrunken. Ich verlange, daß ein Alkoholtest gemacht wird“, verkündete ich so würdevoll, wie es mir angesichts der Tatsache, daß ich unter Schock stand und noch dazu sozusagen kopfüber in den Seilen hing, möglich war. „Benachrichtigen Sie sofort die Polizei und einen Rettungswagen.“
Sarah spuckte Gift und Galle. Doch nun mischte sich eine tiefe männliche Stimme in die Unterhaltung. „Sie möchte doch offenbar nicht, daß Sie ihr beistehen, meine Dame, und so, wie es sich anhört, hat sie auch allen Grund dazu.“
Als Nächstes tauchte das Gesicht eines Mannes am Fenster auf. Der Mann hatte sich hingekniet und beugte den Kopf zur Seite, um zu mir hereinschauen zu können. „Ich habe den Rettungsdienst verständigt“, sagte die tiefe Stimme, die ich auch gerade zuvor schon gehört hatte. Der Sprecher war unrasiert und wirkte auch sonst etwas ungepflegt, und ich fand ihn hinreißend schön.
„Bleiben Sie, bis der Rettungswagen kommt“, flehte ich.
„Das werde ich ganz bestimmt tun!“ versicherte er mir, und mit diesen Worten war sein Gesicht auch schon wieder verschwunden.
Mittlerweile hatten sich draußen weitere Stimmen dazugesellt. Sarah Newlin und Polly klangen immer schriller. Die beiden waren mit dem Auto auf unseren Wagen aufgefahren. Mehrere Menschen hatten den Unfall mitangesehen; daß die beiden Frauen sich nun gebärdeten, als seien sie unsere Schwestern oder ähnliches, machte auf die umstehende Menge keinen großen Eindruck. Inzwischen hatten sich zu den beiden, wie ich nach einer Weile mitbekam, wohl auch zwei männliche Gemeindemitglieder gesellt, die sich auch nicht gerade beliebt machten.
„Dann gehen wir eben“, verkündete Polly
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