Untot mit Biss
richtig verstehe …«, sagte ich. »Zuerst halten Sie mich für einen Dämon, wegen einer Macht, um die ich nicht gebeten habe und die ich nicht einmal verstehe. Als sich das als Unsinn erweist, bezeichnen Sie mich als eine Art gefallene Sibylle. Übersehe ich etwas, oder mögen Sie mich nur nicht?«
Mircea lachte, und selbst Louis-Césars Lippen zuckten kurz. Tomas verstand den Witz entweder nicht oder ihm fehlte derzeit ein Sinn für diese Art von Humor. Pritkin reagierte natürlich mit Ärger. »Alles, was Sie sagen, bestätigt meinen ursprünglichen Eindruck. Als Pythia wären Sie eine Katastrophe.«
»Der Macht scheint das gleich zu sein.«
»Deshalb ist der Kreis da, um in solchen Fällen einzuschreiten!« Er starrte mich so grimmig an, dass ich unwillkürlich zurückwich. »Haben Sie sich nie gefragt, warum Ihre Mutter Sie Cassandra nannte? Es ist unser Wort für eine gefallene Sibylle, die ihre besonderen Fähigkeiten für das Böse nutzt anstatt fürs Gute. Eine mit dem Schwarzen Kreis verbündete Sibylle. Eine, die Geister und dunkle Hexen beschwören und für sich kämpfen lassen kann. Die in der Lage ist, in der Art eines Dämons von Menschen Besitz zu ergreifen und eine dunkle Waffe ganz leicht unter ihre Kontrolle zu bringen. Wir werden nicht zulassen, dass die Macht auf jemanden wie Sie übergeht!«
»Und wenn das doch geschieht?«
»Das wird es nicht.« Die Worte hatten einen solchen Nachdruck, dass ich in Gedanken der Liste von Leuten, die mich tot sehen wollten, einen weiteren Namen hinzufügte.
»Der Senat schützt Sie«, versicherte mir Louis-César.
Ich richtete einen erschöpften Blick auf ihn. »Oh, sicher. Solange er bekommt, was er will.«
Mircea grinste, als er Louis-Césars Gesicht sah. »Sie ist an einem unserer Höfe aufgewachsen. Glaubst du wirklich, sie hätte die Situation nicht begriffen? Bringen Sie den Magier weg«, wies er Rafe an. »Wir werden das Gespräch mit unserer Cassandra privat fortsetzen.« Pritkin wurde hinausgeführt, und ich war froh, dass er den Raum verließ. Ich hatte nie zuvor in meinem Leben einen Kriegsmagier getroffen, was ich keineswegs bedauerte. Meine Aufmerksamkeit kehrte zu den Vampiren zurück, und ich fragte mich, was mich die weitere Hilfe des Senats kosten würde. »Wir werden Sie nicht dem Kreis überlassen,
Mademoiselle.«
Ehrlichkeit leuchtete in Louis-Césars Augen, die jetzt wieder blau waren. Ich sah ihn groß an. War er wirklich so naiv, oder gehörte es zu seiner Ich-bin-ein-ehrenwerter-kleiner-Junge-Routine?
»Aber vielleicht können wir dich nicht mehr schützen, wenn der Verbündete des Kreises in der kommenden Nacht das Duell gewinnt«, fügte Mircea hinzu. »Wenn das geschieht, trifft Rasputin die Entscheidungen, und ich möchte dich nicht unter seiner Macht sehen. Der Silberne Kreis tötet dich vielleicht, wenn du ihm in die Hände fällst, aber ich spekuliere lieber nicht darüber, was der Schwarze mit dir anstellen würde. Es ist zu deinem Vorteil, wenn wir gewinnen, Cassandra.«
Wir sahen uns an und hatten einen jener Momente perfekten Verstehens. Ah, erleuchtetes Eigeninteresse, die Währung meiner Welt. Es fühlte sich gut an, wieder auf vertrautem Terrain zu sein. Kein Gerede über Ehre mit Mircea – es ging um handfeste Dinge. »Haben Sie Tony ausgebildet, oder was?« Mircea lachte entzückt. Louis-César warf ihm einen unzufriedenen Blick zu, bevor er sich an mich wandte.
»Mademoiselle,
bis zur vergangenen Nacht habe ich wirklich nicht geglaubt, dass jemand zu dem imstande sein könnte, was Sie geleistet haben. Jetzt weiß ich es besser und nehme es zum Anlass, wieder zu hoffen. Die Pythia ist in der magischen Gemeinschaft die letzte Entscheidungsinstanz bei Meinungsverschiedenheiten, gewissermaßen unser Oberstes Gericht. Ohne eine starke Pythia mit der Macht, ihren Entscheidungen Nachdruck zu verleihen, könnte das Problem zwischen Lichtelfen und Silbernem Kreis zu einem Krieg eskalieren, so wie es bei unserem mit dem Schwarzen bereits geschehen ist. Unsere Welt gerät aus den Fugen.«
Er sah zu Boden, und Mircea neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Der Zauber ist aktiv. Selbst mit verbessertem Hören kann uns Pritkin nicht belauschen. Sag es ihr.«
Louis-Cesar sah mich wieder an, und ich hatte erneut das Gefühl von Energie, die mir unter die Haut kroch. Er schien die Kontrolle über sich zu verlieren. Ich schob die Hand mit dem Armband in die Tasche, damit es nicht verrücktspielte – ich wollte nicht
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