Untot mit Biss
herausfinden, was geschah, wenn es ihn angriff. »Wir glauben, dass der Herausforderer der Konsulin, Lord Rasputin, die vermisste Sibylle als sein Werkzeug benutzt. Über Monate hinweg sind Senatsmitglieder von ihren eigenen Bediensteten angegriffen worden. In manchen Fällen haben sich jene gegen sie gewandt, die ihnen jahrhundertelang treue Dienste leisteten und als absolut loyal galten. Dazu gehören die Wächter im Senatsraum, die Sie angriffen. Sie waren per Eid der Konsulin verpflichtet, und trotzdem schlugen sie sich auf die andere Seite. Jetzt verstehen wir vielleicht den Grund dafür.« Vielleicht übersah ich etwas. Ich war nicht unbedingt in Bestform. »Und was ist der Grund?«
Rafe näherte sich und kniete zu meinen Füßen. Ich strich ihm über die zerzausten Locken und fühlte mich viel besser. Er konnte überhaupt nichts für mich tun, aber es war schön, ihn bei mir zu wissen. »Begreifst du denn nicht,
mia Stella}
Die Sibylle muss in der Zeit gereist sein, wie du, und nahm irgendwie Einfluss auf die Verbindung zwischen den Dienern und ihren Herren. Man nimmt seit langer Zeit an, dass die Pythia alle Zeiten gleichzeitig wahrnimmt und nicht nur in einer Richtung unterwegs ist, so wie wir. Vielleicht hat die vermisste Sibylle ebenso Macht gewonnen wie du. Und sie nutzt ihre Fähigkeiten, um Schaden anzurichten.«
»Einen Moment.« Ich bekam Kopfschmerzen. »In diesen Worten liegen so viele Probleme, dass ich nicht einmal weiß, wo ich anfangen soll. Wie beeinflusst man derart enge Verbindungen? Und was ist mit dem Umstand, dass ich nicht die Erbin bin? Darauf hat Pritkin mit großer Deutlichkeit hingewiesen.«
»Nein«, widersprach Louis-Cesar. »Er hat daraufhingewiesen, dass er keinen Übergang der Macht auf dich will. Aber er befürchtet offenbar, dass sie bereits auf dich übergegangen ist, denn sonst hätte er nicht versucht, dich umzubringen. Ich entschuldige mich dafür. Wenn uns das ganze Ausmaß seiner Feindseligkeit bewusst gewesen wäre, hätten wir nicht zugelassen, dass er bleibt. Wir hofften, er würde unseren Verdacht bestätigen.«
»Was er auch getan hat, in gewisser Weise«, fügte Mircea hinzu. »Nicht mit Worten, aber mit seinen Reaktionen: Er glaubt, dass Cassie einen Teil der Pythia-Macht bekommen hat, und vermutlich hat die Erbin einen anderen Teil empfangen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber Pritkin meinte, dass die Pythia von niemandem Besitz ergreifen kann, woraus sich schließen lässt, dass auch ihre Erbin nicht dazu fähig ist, oder? Und wenn das stimmt, sind ihren Möglichkeiten Grenzen gesetzt. In anderen Zeiten gehen Energiereserven ziemlich schnell zur Neige. Insbesondere dann, wenn man nicht nur herumsteht und beobachtet. Als ich in, äh, Louis-Cesar war, hatte ich das Problem nicht, aber wenn die Sibylle nicht auf eine menschliche Energiequelle zurückgreifen kann, bleibt ihr kaum Zeit genug, etwas auszurichten.«
»Vielleicht braucht sie nicht viel Zeit«, sagte Mircea nachdenklich. »Die Schaffung eines neuen Vampirs ist ein heikler Vorgang. Jede Ablenkung davon kann zu sehr bedauerlichen Resultaten führen.« Ich hatte einige Horrorgeschichten darüber gehört. Im besten Fall stand der neue Vampir nie auf. Er oder sie blieb drei Tage tot, und man wusste, dass es ein Problem gegeben hatte. Im schlimmsten Fall erhob er sich ohne höhere Hirnfunktionen, als ein grässliches Etwas, das man Wiedergänger nannte. Sie waren wie Tiere, die nur für die Jagd lebten. Und da es in ihnen keine Vernunft gab, erkannten sie den Vampir, der sie geschaffen hatte, nicht als ihren Herrn an. Wiedergänger musste man zur Strecke bringen, bevor sie Gelegenheit bekamen, über Menschen herzufallen.
»Was könnte eine Person, die über nicht mehr Macht verfügt als ein neuer Geist, in etwa einer Stunde tun?« Ich sah Tomas an. »Stimmt das mit der Zeit? Wie lange sind wir dort gewesen?«
»Viel länger kann es nicht gewesen sein, und wir wurden schnell schwächer. Andernfalls wären wir vielleicht in der Lage gewesen, unseren Aufenthalt zu verlängern.«
»Ja, aber ich wüsste nicht, wie ich einen Vampir bei der Schaffung eines neuen Dieners stören sollte, und selbst als Geist hätte ich so etwas nicht gern versucht. Warum sollte die Sibylle so etwas tun?«
»Sie hat Rasputin, der ihr sagt, was es zu tun gilt«, erinnerte mich Louis-César. »Vermutlich ist sie mit detaillierten Anweisungen aufgebrochen.«
»Es wäre nicht weiter schwer«, warf Mircea ein. »Das fragliche
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