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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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gesehen, und nicht aus dieser Nähe, doch ich erkannte ihn sofort. Es lag nicht nur an der Größe – in den Augen zeigte sich eine Intelligenz, über die kein Tier verfügen konnte. Was er ausgerechnet an diesem Ort machte, blieb mir ein Rätsel.
    Es wäre eine geradezu absurde Untertreibung gewesen zu sagen, dass Vampire und Werwölfe nicht gut miteinander klarkamen. Vielleicht lag es daran, dass sie beide räuberische Wesen waren, und möglicherweise hatte Tony recht mit seiner Behauptung, dass Werwölfe die Vampire um ihre Unsterblichkeit beneideten. Was auch immer der Grund sein mochte, es herrschte Feindschaft zwischen ihnen. Wenn sie sich begegneten, flogen meistens die Fetzen. Ich rechnete mit einer starken Reaktion von einem meiner Begleiter, aber ich merkte nur, dass sich Rafes Hand fester um mein Handgelenk schloss. Louis-Cesar nickte dem Werwolf einen Gruß zu, als begegnete er jeden Tag riesigen Wölfen auf der Treppe. »Freut mich, dich zu sehen, Sebastian.« Der Werwolf antwortete natürlich nicht, da er in Tiergestalt war, aber er ging ohne irgendein Anzeichen von Feindseligkeit an uns vorbei. Es war ein sehr seltsames Erlebnis, und es wies mich daraufhin, dass ich nicht mehr in Kansas war, beziehungsweise in Atlanta.
    Als wir die Treppe hinter uns brachten und in den oberirdischen Bereich gelangten, bekam ich Gelegenheit, aus dem Fenster zu schauen. Der Anblick bestätigte mir: Wo auch immer ich mich befand, es war gewiss nicht der Norden von Georgia. Er erklärte auch, warum sich die Konsulin wegen der Zeit Sorgen machte. Während ich unter Tomas’ Bann gestanden hatte, mussten mehr Stunden als bisher angenommen vergangen sein, genug für ihn, mich ein ganzes Stück weit zu tragen, und nicht nur durch den Staat. Die Farben jenseits des Fensters stammten von einer ganz anderen Palette als jene, die man in Georgia sah. Die gesprenkelten grünen und grauen Töne des tiefen Südens waren einem mitternachtsblauen Himmel mit schwarzen Wolken gewichen. Sterne leuchteten am finsteren Firmament, doch am Horizont zeigte eine violette Linie, dass die Wüste begann, sich an den Tag zu erinnern. »Es dauert nicht mehr lange bis zur Morgendämmerung.« Louis-Cesar folgte meinem Blick, als er eine Tür öffnete. »Wir haben noch Zeit«, erwiderte er leichthin. Ich kniff die Augen zusammen, als ich den unbekümmerten Ton hörte. Selbst der alte Rafe wurde nervös, wenn das Morgengrauen näherrückte; dann neigte er dazu, schneller zu sprechen und Dinge fallen zu lassen. Je jünger der Vampir, desto eher begann die Unruhe. Es war eine Art eingebaute Sicherheitsvorkehrung, die verhindern sollte, dass jemand im Sonnenschein briet, und ich kannte keinen Vampir, der völlig unbetroffen blieb. Doch der Franzose schien völlig sorglos zu sein. Entweder war er weitaus mächtiger als die mir bekannten Vampire oder ein guter Schauspieler. Wie auch immer, ich fühlte mich dadurch nicht besser. Ich ging an ihm vorbei und fand mich im Wohnbereich einer Suite wieder, deren Einrichtung und Dekor vermutlich zu dem Panorama passten, das die Fenster tagsüber boten. An den türkisfarbenen Wänden hingen Indianerdecken in gebranntem Umbra, Türkis und Navajarot. Ein dazu passender Teppich lag auf dem Holzboden, und Terrakottafliesen umgaben den Kamin. Ledersofa, Sessel und Ottomane präsentierten ein dunkles Rot und waren abgenutzt genug, um bequem auszusehen. Das Zimmer wirkte seltsam fröhlich; der Senat schien Tonys Vorliebe fürs Düstere nicht zu teilen.
    »Bitte,
Mademoiselle, asseyez-vous.«
Louis-Cesar trat neben den Sessel am Kamin. Ich sah zu Rafe, doch der blickte nach draußen, die Hände auf den Rücken gelegt und die Schultern steifer fürchtete die nahe Morgendämmerung. Ich hätte ihn gern vom Fenster weggezerrt und Antworten von ihm verlangt, aber selbst wenn er bereit gewesen wäre, mir Auskunft zu geben – ich bekam keine Gelegenheit dazu. Mircea legte mir die Hand auf den Arm, ganz sanft, und führte mich zum Sessel. »Louis-Cesar setzt sich nicht, solange eine Dame steht,
Dulceatà.«
Meine Liebe. So hatte er mich genannt, als ich klein gewesen war, auf seinem Knie gesessen und mir all die Geschichten angehört hatte. Ich hoffte, er meinte es auch so. Wenn Rafe mein einziger Freund in diesem Zimmer war, drohten mir Probleme.
    Ich nahm Platz, und der Franzose ging vor mir in die Hocke. Er lächelte beruhigend. Ich blinzelte. Der Mann – nein, der Meistervampir – hatte Grübchen. Große. »Ich möchte mich um

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