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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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und schienen nicht zu versuchen, mich in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Die Bewegungen waren anmutig und elegant, doch kein Mensch wäre in der Lage gewesen, sie nachzuahmen. Zugegeben, meine Nerven hatten einiges hinter sich selbst ich war nicht daran gewöhnt, dass man mir zweimal in der gleichen Nacht nach dem Leben trachtete –, aber das erklärte nicht, warum von allen möglichen Kandidaten ausgerechnet Louis-César mich so sehr ausrasten ließ. Er kehrte zu mir zurück, und meine Panik wuchs mit jedem Schritt. Ich beobachtete ihn so wie ein kleines Geschöpf ein nahes Raubtier, blieb reglos und wagte kaum zu atmen, in der Hoffnung, dass das große, böse Ding nicht sprang. Louis-César ging erneut in die Hocke, gehüllt in Satin und Spitzenbesatz, und das Licht der Lampen glitzerte auf seinem kastanienbraunen Haar. Er war mit einem Erste-Hilfe-Paket gekommen und legte Desinfektionsmittel, Gazestreifen und Tupfer auf die Fliesen vor dem Kamin. »Ich reinige die Wunde und verbinde sie dann,
Mademoiselle.
Morgen sieht eine Krankenschwester nach Ihnen und verbessert meine tollpatschigen Versuche.« Er war entspannt, sogar fröhlich, doch ich brauchte meine ganze Selbstbeherrschung, um nicht aufzuspringen und zur Tür zu laufen.
    Eine blasse, schmale Hand, von weißen Spitzen umgeben, ergriff meine schmutzige und blutige. Seine Finger waren kühl, der Griff leicht – er schien zu glauben, dass mich die Berührung beruhigte. Er irrte sich. Ganz gleich, wie vorsichtig und behutsam er war: Ich wusste, dass er jederzeit eisenhart zugreifen konnte. Die Finger seiner anderen Hand strichen geschickt über meine zerkratzte Haut, und er begann damit, sie zu reinigen. Das Desinfektionsmittel brannte ein wenig, aber etwas anderes ließ mich schaudern. Ich schloss die Augen und ahnte, was jetzt begann.
    »Sind Sie krank,
Mademoiselle’:
’« Louis-Césars Stimme kam aus der Ferne und schien hohl in meinen Ohren widerzuhallen. Ich fühlte mich von vertrauter Desorientierung erfasst und kämpfte mit ganzer Kraft dagegen an. Nie zuvor hatte ich mich so sehr bemüht, es zurückzuhalten und in den Teil von mir zu schicken, der es normalerweise enthielt – ich flehte es regelrecht an, sich schlafen zu legen. Was auch immer es mir zu zeigen gedachte: Ich war absolut sicher, dass ich es nicht
sehen
wollte. Aber wie immer war die Gabe stärker als ich. Schließlich gab ich dem Unvermeidlichen nach und spürte Kühle im Gesicht. Es war nicht kalt im Wohnzimmer, doch ein Teil von mir befand sich an einem anderen Ort. Ich atmete tief durch und öffnete die Augen. Die Kühle stammte von einem halb der Nacht geöffneten Fenster. Ein Luftzug strich mir über die bloße Haut, und ich fröstelte. Das Fenster schien aus Buntglas zu bestehen, doch es hatte keine Farbe und kein Muster, abgesehen von kleinen Rauten dort, wo die Scheiben aufeinandertrafen. Das Glas war dick und wellig, wie bei einigen alten Häusern in Philly, und es reflektierte schlecht. Aber was ich sah, genügte mir, um mich schneller atmen zu lassen. Erschrocken ließ ich meinen Blick umherschweifen und bemerkte einen Spiegel auf der anderen Seite des Raums. Er zeigte mir ein Bild, das ebenfalls nicht sehr deutlich war, doch das lag am matten Licht einiger weniger Kerzen und des heruntergebrannten Kaminfeuers. Der Spiegel war ein regelrechtes Meisterwerk, groß, mit einem dicken, vergoldeten Rahmen, opulent wie der Rest der aus massivem, geschnitztem Holz bestehenden Einrichtung. Der Raum vermittelte ein Gefühl von Luxus: Das dunkelrote Kirschbaumholz des Himmelbetts schien im Schein der Flammen im Kamin zu glühen und spiegelte die Farbe des samtenen Baldachins wider. Tapisserien hingen an den steinernen Wänden, ihre Farben so lebhaft, als wären sie erst einen Tag alt. Eine bemalte Porzellanvase auf einem nahen Tisch enthielt einen Strauß dunkelroter Rosen. Leider war ich nicht in der richtigen Stimmung, die Szene zu genießen, denn das Bild im Spiegel lenkte mich ab. Ein Mann kniete auf einem Bett, ungefähr dort, wo ich sein musste. Ich konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte, denn eine schwarze Samtmaske bedeckte den größten Teil seines Gesichts und wies nur Löcher für die Augen auf. Sie sah komisch aus, wie der Teil eines schlechten Halloween-Kostüms, aber mir war nicht nach Lachen zumute. Vielleicht deshalb, weil er – ich – sonst nichts trug. Lange, kastanienbraune Locken ragten unter dem Samt hervor und klebten am Oberkörper, und im

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