Untot mit Biss
Anstrengungen meiden. Ich bin hier gleich fertig und begleite Sie dann selbst.« Ich schluckte und wusste: Er war kräftig genug, mich selbst dann mit dem Rapier zu durchbohren, wenn Billy Joe an seinem Arm gehangen hätte. Panik erfasste nicht nur mich, sondern auch den Magier, und dadurch kam es zu einem neuen Willensduell zwischen uns. Das Eiswasser reichte mir inzwischen bis zu den Knien.
»Billy! Wie komme ich hier raus?« Die Bewegungen des Munds drückten die Haut an die Schneide des Rapiers, und warmes Blut rann über den Hals. Jemand schrie in meinem Kopf, aber ich achtete nicht darauf. »Keine Ahnung.« Billy Joe schloss beide Hände um Louis-Césars Arm und hing fast daran, ohne den Franzosen groß zu behindern. »Ich sitze hier drin fest, bis du zurückkehrst. Dein Körper weiß, dass er ohne einen Geist stirbt, und deshalb hält er mich eisern fest. Ich kann dir nicht helfen.«
»Wenn du mich nur nicht hierzu überredet hättest!«
»Meinst du vielleicht, ich fühle mich besser? Ich will nicht in einer Frau enden!« Billy zögerte. »Nun, zumindest nicht auf diese Weise.«
Louis-César verlor die Geduld. Mit einer schnellen Bewegung, die das Rapier nicht einmal erzittern ließ, zog er Billy Joe zu sich heran. »Vielleicht sollten Sie jetzt die Augen schließen, Mademoiselle. Ich möchte Ihnen keinen zusätzlichen Kummer bereiten.«
»Sie zu töten, gäbe tatsächlich Anlass zu Kummer«, brachte Billy Joe hervor, aber Louis-César achtete überhaupt nicht auf ihn. Er hielt mich für hysterisch, und damit hatte es sich für ihn. Wenn ich dieses Durcheinander lebend überstehen sollte, würde ich ihm was Hysterisches zeigen. Ich hatte nur eine Idee und setzte alles darauf. »Töten Sie mich nicht! Ich weiß über Françoise Bescheid!« Etwas anderes fiel mir nicht ein – es war die einzige Sache, die ich über Louis-César wusste, von der der Magier vermutlich keine Ahnung hatte. Aber einen großen Eindruck machte ich damit nicht. »Mit irgendwelchen dummen Lügen kommen Sie nicht davon, Jonathan. Ich kenne Ihre Tricks.«
»Was ist mit Carcassonne? Hm? Was ist mit der verdammten Folterkammer? Ich – Sie – haben dort gesehen, wie Francoise verbrannte! Vor einigen Stunden haben wir darüber gesprochen!«
»Genug! Sie sterben jetzt.« Billy Joe trat in der letzten Sekunde nach oben und traf die Klinge, woraufhin sie sich in die Schulter des Magiers bohrte und nicht in sein Herz, aber es tat höllisch weh. Ich schrie und zuckte zurück, aber die Klinge war so lang, dass ich wie ein Schmetterling an der Nadel aufgespießt blieb.
Ich bekam ein wenig Hilfe, als eine kleine Ampulle in meine Hand flog. Offenbar war Herr Magier zu dem Schluss gelangt, dass wir einen gemeinsamen Gegner hatten. Das Ding sah wie einer der kleinen Behälter an Pritkins Gürtel aus, kam aber aus einer Innentasche. Das kalte Wasser reichte mir inzwischen bis zur Taille, und ich wusste nicht, was passieren würde, wenn es bis zum Kopf und darüber hinweg stieg, doch in diesem Moment galt meine Sorge vor allem Louis-Cesar. Ich versuchte nicht, dem Drang zu widerstehen, der mich plötzlich erfasste – ich warf die Ampulle nach dem Franzosen.
»Ich schneide Sie auf, bevor Sie die Zauberformel sprechen können«, kündigte er an, aber ich stellte fest, dass er die Ampulle mit einem gewissen Respekt beäugte.
»Bei dieser geringen Entfernung ist keine Zauberformel nötig. Wenn Sie mich töten, sterben Sie ebenfalls. Und auch die Frau.« Die Worte erschienen in meinem Gehirn, stammten aber nicht von mir. Ich sprach sie trotzdem aus, und sie zeigten Wirkung: Louis-Cesar zögerte.
Der Magier schien auf diese Reaktion gewartet zu haben, denn er verstärkte den inneren Kampf. Plötzlich reichte mir das Eiswasser bis zum Hals. »Billy! Er gewinnt – was soll ich machen?«
»Mal überlegen. Ah, vielleicht solltest du ihn gewinnen lassen?« Billy Joe klang nicht sehr sicher, vielleicht deshalb, weil er in dieser Hinsicht mehr Erfahrung hatte als ich. »Was?«
Wenn er Antwort gab, so hörte ich sie nicht, denn das Wasser schwappte plötzlich über meinen Kopf hinweg. Doch anstatt zu ertrinken, wie ich befürchtet hatte, schwebte ich plötzlich wieder. Ich landete hart, und die Desorientierung, die ich zuvor bei der Rückkehr in meinen Körper gespürt hatte, war nichts im Vergleich zu dem, womit ich es diesmal zu tun bekam. Plötzlich schien ich doppelt zu existieren, und beide Versionen gingen in verschiedene Richtungen, was mich zu
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