Untot mit Biss
Bademantel an und beschloss, darunter ohne zu bleiben, anstatt die zerrissenen, blutbefleckten Reste der alten Unterwäsche anzuziehen. In diesem Zusammenhang war ich dankbar für die Größe des Bademantels – zumindest bedeckte er alles. Ich sah darin wie zwölf aus, aber vielleicht stellte mir der Senat etwas anderes zur Verfügung, wenn ich darum bat. Ich erinnerte mich daran, dass seine Mitglieder in guter Stimmung gewesen waren.
Vor
meiner Flucht, die fast drei Personen das Leben gekostet hätte, oder vier, mich mitgezählt.
In dem anderen Zimmer befanden sich sechs Personen, wenn man auch den Golem in der Ecke berücksichtigte. Ich bemerkte ihn erst nach einigen Sekunden, denn die Verdunkelungsvorhänge des Fensters waren zugezogen, um das Sonnenlicht auszusperren. Elektrische Lampen brannten und zischten leise, wegen der nahen Schutzzauber, aber es war trotzdem recht düster.
Louis-César trug noch immer seine knappe Jeans, lehnte am Kaminsims und sah zur Abwechslung ein wenig gestresst aus. Tomas saß im roten Ledersessel am Feuer. Er und Rafe trugen fast identische dunkle Hosen und langärmelige Seidenhemden, Tomas ein schwarzes und Rafe ein scharlachrotes. Rafe saß auf der Couch, zusammen mit Mircea, der als Einziger ebenso aussah wie in der vergangenen Nacht. Als ich ihn so dasitzen sah, elegant und entspannt, konnte ich fast glauben, dass ich im Bad eingeschlafen war und alles nur geträumt hatte. Von dieser angenehmen Vorstellung musste ich mich trennen, als ich Pritkin in Khaki sah: Wie ein Großwildjäger stand er an der Tür und sah mich so an, als hätte er meinen Kopf gern an der Wand gesehen, darunter ein Schild mit der Aufschrift PROBLEM GELÖST. Ich bereitete mich innerlich auf jede Menge Spaß vor.
Rafe setzte sich sofort in Bewegung, als er mich sah.
»Mia Stella!
Geht es dir jetzt besser? Wir haben uns solche Sorgen gemacht!« Er umarmte mich. »Lord Mircea und ich haben Antonios Hauptquartier in der Stadt besucht, aber du warst nicht dort. Wenn Louis-César und Tomas dich nicht gefunden hätten …«
»Aber sie haben mich gefunden, und so ist alles in Ordnung«, sagte ich.
Rafe nickte und versuchte, mich zum Sofa zu führen, aber ich wollte dort nicht eingezwängt sein. Entkommen konnte ich nicht, ganz gleich, wo ich Platz nahm, aber ich wollte es nicht zu eng haben. Außerdem: Die einzigen anwesenden Personen, denen ich einigermaßen trauen konnte, waren Rafe und vielleicht Mircea, und ich saß lieber an einer Stelle, von der aus ich ihre Gesichter sehen konnte. Deshalb setzte ich mich neben Tomas’ Füßen auf die Ottomane und achtete darauf, dass der Bademantel zusammen blieb.
»Es tut mir leid, aber mit deinen Sachen ließ sich nichts mehr anfangen«, sagte Rafe entschuldigend. »Es wird Ersatzkleidung für dich vorbereitet.«
»Gut.« Ich hielt mich nicht mit Smalltalk auf. Man würde mir gleich sagen, was der Senat von mir wollte, und da es mir bestimmt nicht gefallen würde, sah ich keinen Sinn darin, den Dingen auf die Sprünge zu helfen.
»Mia Stella.«
Rafe sah Mircea an, der nur eine Braue wölbte. Armer Rafe. Er bekam immer die Scheißjobs. »Könntest du uns sagen, wer Françoise ist?«
Ich sah ihn groß an. Vieles hätte ich von ihm erwartet, aber das gewiss nicht.
Die Frage stand nicht einmal auf meiner Liste. »Was?«
»Sie haben sie mir gegenüber erwähnt«, sagte Louis-César, kam näher und ging vor mir in die Hocke. Ich wich zurück, obwohl er mich über den Parkplatz getragen hatte, ohne dass etwas geschehen war. Trotzdem, ich wollte kein Risiko eingehen. »Beim Kasino.«
»Wollen wir nicht über Tony reden? Er verkauft den Spitzohren Sklaven.«
»Das wissen wir«, sagte Mircea. »Eine der Hexen, die dir geholfen haben, kam zum Kreis und berichtete von ihrer Gefangenschaft. Man gestattete mir, bei der Befragung zugegen zu sein, da ich für Antonio verantwortlich bin. Die Magier sind … sehr besorgt, wie du dir vorstellen kannst.«
Ich war verwirrt. »Vielleicht bin ich etwas langsam von Begriff, aber warum Hexen? Wären Menschen nicht leichtere Beute?« Die von mir befreiten Frauen hatten was auf dem Kasten – ein toter Magier war Beweis genug.
»Das war über Jahrhunderte die Strategie der Spitzohren, als ihre Blutlinien allmählich ausstarben. Hast du nie Geschichten über kleine Kinder gehört, die von Elfen entführt wurden?«, fragte Mircea. Ich nickte. Es war der übliche Märchenkram. »Die Kinder wuchsen im Feenland auf und heirateten in eins
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