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Untot | Sie sind zurück und hungrig

Untot | Sie sind zurück und hungrig

Titel: Untot | Sie sind zurück und hungrig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsty McKay
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hält meinen Arm fest.
    »Loslassen!«, brülle ich ihn an. Was er vor Schreck über meine heftige Reaktion auch tut, jedenfalls für einen kurzen Moment. Aber dann greift er nach meinem Seil.
    »Dann lass mich das wenigstens übernehmen.« Er sieht mich eindringlich an. »Ich bin stark.«
    »Ja, weiß ich.« Ich ziehe ihm das Seil aus den Händen. »Schön für dich, Herkules.« Ich stolpere und stapfe durch das ansteigende Wasser zu der Stelle hinunter, wo ich auf diesen schmalen, am Ufer entlangführenden Pfad stoßen müsste, und bin mir nur zu bewusst, wie lächerlich ich vermutlich aussehe und wie total bescheuert ich bin. Das ist Selbstmord. Und ich muss zugeben – sosehr ich es auch hasse –, dass ich vielleicht längst umgedreht wäre, wenn Russ jetzt nicht gerade hinter mir stehen würde.
    Ich lege eine eiskalte, nasse Hand auf den rauen Stein der Brücke und taste mich dort entlang, bis ich unterhalb des Brückenbogens bin. Das Wasser droht mir in die Watstiefel zu laufen, die Strömung zerrt an meinen Knien.
    »Hallo!«, rufe ich über das Wasserrauschen hinweg zu dem Hohlraum hinauf.
    Ich kneife die Augen zusammen. Ich muss noch dichter heran. Meine Hände fühlen sich taub an, als wäre ich gerade aufgewacht. Das Seil hinter mir herziehend, setze ich vorsichtig einen Fuß nach unten und klammere mich am Mauerwerk fest, damit ich nicht hinfalle. Das Wasser drängt sich kalt um die Watstiefel, aber meine Fußspitze findet schließlich festen Boden – glatten, flachen Stein – da, wo der Treidelpfad unter der Brücke entlangführt. Ich ziehe den anderen Fuß hinterher und werde fast weggeschwemmt, kralle verzweifelt meine Finger in die Mauer, presse mich ganz flach an den bröckligen Stein. Ein beruhigendes Gefühl an meiner Wange. Plötzlich schneidet etwas in meine Taille ein. Ich sehe mich mühsam um und da ist Russ und hält das Seil straff.
    »Los, geh! Ich hab dich!«, ruft er gegen das Tosen an.
    Ich verziehe das Gesicht und würde am liebsten lachen. Als wenn das so einfach wäre, du Schwachkopf. Immerhin wird es für meinen Tod einen Zeugen geben.
    Ich verpasse mir selbst ein hübsches Kalkstein-Peeling, als ich meinen Kopf wieder zurückdrehe, und taste mich vorsichtig die Wand entlang, versuche die Kraft der Strömung so zu nutzen, dass sie mich gegen die Wand drückt. Der Boden ist echt sehr glatt – wenn ich ausrutsche, bin ich weg. Das Wasser drängt gegen meine Schenkel, klatscht mir am Rücken hoch. Was soll’s. Es ist dermaßen kalt, dass ich von der Hüfte abwärts kein Gefühl mehr habe.
    Ich kann jetzt an diese Aussparung in der Mauer herankommen; sie ist nur ein Stück über mir. Ich strecke die Arme nach oben und die steinerne Kante bietet erstaunlich guten Halt. Mit einer Hand taste ich den Boden des Hohlraums ab, ob sich dort vielleicht etwas verbirgt. Dann schiebe ich mich ein Stück weiter und mache das Ganze noch mal. Ich entwickle da richtig einen Rhythmus:
    Festhalten, festhalten, Schritt, tasten.
    Festhalten, festhalten, Schritt, tasten.
    Langsam bewege ich mich den Pfad entlang und suche nach – keine Ahnung, was. Hättest du dich nicht ein bisschen klarer ausdrücken können, Mum? Wo unter der Brücke? Und was soll da sein?
    Zum ersten Mal kommt mir die Idee, dass sie mich ja vielleicht auch vor irgendetwas warnen wollte. Ich meine, sie hat eigentlich nur »underbridge« geschrieben. Damit hat sie ja vielleicht auch gemeint: »Bleib weg! Geh da nicht hin! Unter der Brücke ist es gefährlich.« Meine Gedanken rasen. Haust unter einer Brücke nicht normalerweise ein Troll? Ihr wisst schon, wie in den Gutenachtgeschichten und so. Und Räuber lauern an Treidelpfaden. Ich glaube nicht, dass sich unter einer Brücke je etwas Gutes ereignet hat. Vielleicht hätten wir gar nicht hierherkommen sollen. Zu spät, verflucht.
    Gerade als ich diesem Gedanken noch nachhänge, stoße ich mit meiner suchenden Hand auf etwas.
    Ich riskiere es, auf die Zehenspitzen zu gehen, um besser heranzukommen, und meine armen schmerzenden Finger schließen sich darum. Ein gepolsterter Gurt. Ich ziehe daran. Er ist mit irgendetwas Schwerem verbunden. Ich ziehe kräftiger und dann noch mal mit Schmackes.
    Das Ding kippt um, aus dem Hohlraum heraus und fast über meinen Kopf hinweg in den schnell fließenden Fluss. Im letzten Moment reiße ich es zurück, zerre mir Nacken und Schulter dabei – aber das spielt keine Rolle; ich rette das Teil, stecke rasch einen Arm durch den Gurt, halte mich

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