Untot | Sie sind zurück und hungrig
draußen aus. Der Schnee ist strömendem Regen gewichen, das Eis dem Nebel. Wo könnte sich Smitty bei alldem die ganze Zeit über versteckt haben? Versteckt er sich überhaupt? Oder wird er irgendwo festgehalten? Soweit wir wissen, kann er auch in St. Gertrud 2.0 festhängen, irgendwo tief unter dem aufgeweichten Boden.
Und dann sehe ich sie, nur ein paar Fahrsekunden entfernt. Eine bucklige Steinbrücke an einem Fluss, der über die Ufer getreten ist.
»Da!«, rufe ich. »Unter der Brücke! Das muss es sein.«
Niemand reagiert, nur Pete geht ein bisschen vom Gas herunter. Was aber auch daran liegen kann, dass der Wasserspiegel zum Fluss hin steigt.
»Wie in der Nachricht«, versuche ich es noch einmal. »›Underbridge‹? Das da ist die Brücke, oder?«
Meine Mutter hatte es nicht für nötig befunden, sich besonders klar auszudrücken, aber wenn Grace die Wahrheit gesagt hat, als sie behauptete, dass Smitty ganz in der Nähe wäre, dann muss es diese Brücke sein.
»Hey, ich werde mich ja wohl kaum im Hafen von Sydney verstecken oder von der Golden Gate Bridge baumeln, Roberta« , flüstert Smitty mir ins Ohr.
»Wir müssen anhalten und nachsehen.« Ich schnalle mich ab.
»Ähm, wie denn?« Pete zuckt mit den Schultern. »Hast du dein Tauchgerät dabei?«
»Was redest du da?«
»Unter der Brücke. Schau.«
Er hält mit dem Jeep links am Straßenrand, wischt Kondenswasser von der Windschutzscheibe und klopft gegen das Glas. »Siehst du den Wasserspiegel? Er reicht fast bis an die Bogenmitte. Mit dem Jeep kommen wir da locker rüber. Aber du willst unter die Brücke. Da brauchst du einen Taucheranzug.«
Ich kneife die Augen zusammen. Die Sicht ist schlecht, aber allem Anschein nach hat er leider Recht. Das braune Wasser steht auf beiden Seiten der Brücke hoch und fließt schnell. Ich grabe mir die Fingernägel in die Handfläche und bete, dass Smitty gleich hinter der Ecke in einem Motorboot wartet.
»Smitty!«
Was für eine schwachsinnige Aktion.
Ich stehe knietief im strömenden Wasser und spähe unter die Brücke. Ich habe ein Seil um der Taille; das andere Ende ist an einem kleinen Baum festgebunden. Außerdem hat Russ hinten im Wagen ein Paar Watstiefel für mich aufgetrieben, aber schweinekalt ist mir trotzdem.
Die anderen sehen vom Jeep aus zu.
Bin ich bescheuert, dass ich das überhaupt versuche? Bei so was ertrinkt man oder stirbt an Lungenentzündung. Ich werfe einen Blick die Straße entlang in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Wir dürfen echt nicht herumtrödeln. Die suchen jetzt vielleicht schon nach uns und wenn das so ist, dann haben wir wenig Vorsprung. Jetzt oder nie ist angesagt.
Unter der Brücke ist es finster und das Wasser rauscht schwarz, tief und schnell.
»Smitty!«, rufe ich noch einmal.
Tja, vielleicht ist er doch nicht hier.
Aber dann höre ich einen Laut.
Kapitel
13
Das war definitiv ein Laut. Halb Gurgeln, halb Schrei? Ich beuge mich weiter vor und lausche angestrengt, aber es ist nichts zu hören als der Regen und das rauschende Wasser.
»Bist du da drin?« Ohne sehen zu können, was unter Wasser liegt, mache ich in dem Schlamm einen Schritt nach vorn.
Diesmal bleibt eine Antwort aus. Ich überlege noch einmal, was ich da eben gehört habe. Könnte das Smitty gewesen sein? Der sich irgendwo dort unten versteckt? Oder dort festhängt?
»He!«
Smitty? Ich drehe mich ungeschickt zu der Stimme um und rutsche fast aus. Eine Hand fängt mich unterhalb des Ellbogens auf.
»Hab dich!« Russ strahlt mich an; der Regen lässt ihn blinzeln. »Entschuldige, falls ich dich erschreckt habe. Ich weiß, du wolltest, dass wir im Auto bleiben, aber du schienst mir ein bisschen Hilfe gebrauchen zu können.« Er ist klatschnass. Ich sollte mich freuen, sollte froh sein und dankbar – aber von wegen, meine Gedanken kreisen nur um Smitty. »Siehst du da irgendwas?«
»Nein. Ich dachte, ich hätte was gehört, aber …« Ich beiße die Zähne zusammen. »Da unter der Brücke ist eine Aussparung auf halber Höhe des Mauerwerks. Ich glaube, dass da unten auch ein Weg langführt, nur ist der jetzt überschwemmt. Ich will mal in diesen Hohlraum gucken, was da ist.«
Russ schaut zu der Stelle hin, dann schüttelt er den Kopf. »Da ist nichts, was uns weiterbringt. Wir sollten losmachen. Das ist zu gefährlich.«
»Ich sehe trotzdem mal nach.«
»Bobby …« Er schüttelt den Kopf. »Hast du gesehen, wie hoch das Wasser ist? Du wirst jämmerlich ersaufen.« Er
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