Untot | Sie sind zurück und hungrig
Geister.
»Schwer zu sagen. Ein Signal gibt’s anscheinend, aber diese Straße hier wird überhaupt nicht auf der Karte angezeigt. Wer hätte das gedacht?« Russ wirft mir einen Blick zu. »Das Militär – oder Xanthro oder wer auch immer – wird ja wohl kaum den Weg zu einem geheimen unterirdischen Krankenhaus ausschildern.«
»Hat Grace irgendwas einprogrammiert? Ein Ziel für uns zum Beispiel?«
»Gib mir ein paar Sekunden Zeit.« Er wendet sich wieder dem Gerät zu und tippt auf dem Touchscreen herum. »Nein. Es ist nichts eingespeichert, nicht mal ihre letzte Fahrt. Sie muss alles gelöscht haben, bevor sie den Wagen versteckt hat.«
»Na super.« Ich sehe nach hinten, aber es folgt uns niemand. »Also sind wir auf uns allein gestellt. Wieder mal.«
Die Straße wird jetzt abschüssiger und während wir langsam den Berg hinunterkurven, weicht das Moor mit seinen gedämpften, matschigen Grün- und Lilatönen dem kräftigen Smaragdgrün eines Nadelwalds. Zwischen den Nebelfetzen knallt die Farbe richtig, weil sie so leuchtet und auch etwas Fröhliches hat, und doch gefällt es mir nicht, plötzlich auf beiden Seiten von Bäumen umschlossen zu sein. Bäume verbergen so viel.
»Also, wie’s aussieht, sind wir wirklich in der Nähe von Edinburgh«, hält uns Russ über sein Navi-Gefummel auf dem Laufenden. »Sobald wir auf die Straße kommen, die hier verzeichnet ist, sind wir ungefähr noch fünfzehn Meilen von der Stadt entfernt. Allerdings liegt zwischen uns und dieser Straße noch jede Menge Nichts.«
»Verzeichnet oder nicht, wir befinden uns gerade eindeutig auf einer Straße«, sagt Pete. »Wir können ihr also jetzt nur folgen und darauf bauen, dass wir bald an irgendeinem Punkt ankommen, der sich auf der Karte finden lässt. Ab da fahren wir dann nach Navi.«
»Außer Xanthro kontrolliert die Satelliten.« Alice spielt an ihren Fingernägeln herum.
Einen Moment lang sagen wir anderen nichts. Dann ruiniert Pete alles.
»Es liegt absolut im Bereich des Möglichen, dass Xanthro Satelliten kontrolliert. Die könnten uns jetzt in diesem Augenblick überwachen.«
Dazu fällt niemandem etwas ein. Was denn auch? Können Satelliten nicht die Uhrzeit von einer Armbanduhr ablesen? Wenn sie das können, dann können sie garantiert auch mein grimmiges Gesicht sehen, das ich gegen die Scheibe presse, um in den grauen Himmel hoch über den Bäumen zu schauen. Hallo! Ist da draußen jemand?
Der Regen prasselt jetzt sogar noch lauter, auch wenn mir das nicht einleuchtet – die Bäume müssten uns doch schließlich ein bisschen Schutz geben. Und dann wird mir klar, dass das Prasseln nicht vom Regen herrührt. Ich drehe mich wieder nach hinten um, weil ich sehen will, ob wir jetzt doch verfolgt werden. Aber die Straße hinter uns ist leer.
»Was ist das für ein Geräusch?«, fragt Russ. »Klingt fast wie ein Hubschrauber.«
Pete lenkt uns beinahe in den Graben.
»Du machst Witze! Wo?«
Wir suchen alle drei den Himmel ab. Russ öffnet sein Fenster und sofort wird es feucht im Wageninneren. Er kniet sich auf den Beifahrersitz wie ein Stuntman, der gleich nach draußen aufs fahrende Auto klettern wird.
»Ich kann nichts hören«, ruft Alice.
»Pst!«, mache ich. Aber ich kann auch nichts hören. Wenn das ein Hubschrauber war, dann ist er jetzt weg.
Russ setzt sich wieder hin und schließt das Fenster.
»Nichts zu sehen. Hinter uns kann er nicht her sein, sonst würde er sich ja an die Straße halten, oder? Wenn das ein Hubschrauber gewesen ist, dann ist er vielleicht nur auf Sicht geflogen?«
Pete legt eine schlammspritzende Vollbremsung hin, stößt die Fahrertür auf und springt hinaus. Ein, zwei Sekunden später ist er wieder da, mit einem großen, glatten schwarzen Stein in der Hand.
»Scheiß auf Überwachung!« Er schlägt mit dem Stein auf das Navi ein und der Bildschirm zersplittert wie Eis auf einem grauen Teich. »Lasst! Uns! In! Ruhe!« Wieder und wieder schlägt er zu.
»Was machst du denn da?«, sagt Alice. »Jetzt ist es kaputt.«
»Wir dürfen nicht riskieren, dass sie wissen, wo wir hinfahren«, brüllt Pete und wirft den Stein weg.
»Wir wissen doch nicht mal, ob sie uns verfolgt haben«, sagt Alice.
»Fahr weiter«, knurrt Russ.
Das lässt sich Pete nicht zweimal sagen. Er wuchtet den Gang rein und der Jeep brummt wieder los. Die Straße flacht ein bisschen ab und wir folgen ihr in eine Rechtskurve und haben dann eine freie Strecke vor uns.
Das ist es also. So sieht es jetzt
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