Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
richtig besorgt.«
Olivia riss sich zusammen, um sich nichts anmerken zu lassen. Diese Genugtuung wollte sie Gervaise nicht geben.
Doch wieder überraschte Jack sie. »Du hast sie ausgenutzt. Daran habe ich keinen Zweifel. Ich bin nur traurig, dass ich derjenige war, der sie in diese verzweifelte Lage gebracht hat. Und ich bin noch trauriger darüber, dass sie mir nicht genug vertrauen konnte, um es mir zu sagen. Denn dann hätte ich ihr versichern können, dass es für mich keinen Unterschied macht.«
Olivia fühlte sich seltsam erstarrt. Jacks Worte schienen von ihr abzuprallen und ihren Schock nicht durchdringen zu können.
Gervaise begann, laut zu lachen. »Oh, bitte. Kein Mann ist so dumm und vertrauensselig, sich auch noch selbst die Hörner aufzusetzen.«
Jack wandte sich Olivia zu, legte ihr lächelnd den Finger auf die Lippen. »Ich weiß, meine Liebe. Du hast keinen Grund, mir zu glauben. Aber ich habe mich an einige Lektionen erinnert, die ich in den vergangenen Jahren gelernt habe. Eine ist, dass du – wie Sergeant Harper schon sagte – die ehrlichste und treueste Frau bist, die ich je kennengelernt habe. Es macht mich allerdings traurig, dass mir die Lektion nicht schon früher eingefallen ist. Die andere ist, dass Vertrauen auf Glauben basiert. Nicht auf Beweisen. Und, Livvie, wie konnte ich jemals mein Vertrauen in dich verlieren?«
Olivia konnte ihn durch die Tränen, die ihr in die Augen geschossen waren, kaum erkennen. »Es war ein Monat nach dem Duell«, sagte sie und bemühte sich, möglichst ungerührt zu klingen. »Du warst verschwunden. Meine Eltern hatte mich verstoßen. Ich hatte … niemanden. Er hat sich so« – sie spuckte die nächsten Worte beinahe aus – » besorgt gezeigt.«
Sie rechnete noch immer damit, dass Jack sie verdammen würde, und war überwältigt, als er sie fest in die Arme schloss und ihr einen Kuss auf die Haare drückte. »Oh, Livvie, wie soll ich mir je selbst vergeben, dass ich dich in eine solche Situation gebracht habe?«
Ein Schluchzen entrang sich ihr. »Er konnte es kaum erwarten, es dir zu sagen. Ich kann nicht glauben, dass er es bisher nicht getan hat.«
»Sch«, flüsterte Jack und wiegte sie in seinen Armen. »Es ist egal. Er ist egal.«
Sie hörte Gervaise seufzen, als wäre er angewidert. »Ach, Jack, es macht keinen Spaß mehr, mit euch zu spielen.«
Jack hauchte einen letzten Kuss auf Olivias Kopf und wandte sich seinem Cousin zu. »Ich fürchte, dieses Mal hast du dich mit dem Falschen angelegt, Gervaise. Du stehst offiziell unter Arrest und wirst nach Newgate gebracht.«
Gervaise lachte, als wäre Jack der amüsanteste Mann auf Erden. »Das wirst du nicht tun. Denk doch mal an den Skandal für die Familie.«
Erstaunlicherweise erwiderte Jack sein Grinsen. »Zum Teufel mit der Familie. Zum Teufel mit dir. Sergeant!«
Gervaise wollte fliehen, doch er rannte direkt in die Arme von Sergeant Harper und sechs bewaffneten Soldaten.
»Wirklich, Gervaise«, sagte Jack und schnalzte missbilligend mit der Zunge, »hast du ernsthaft geglaubt, ich würde dich gehen lassen?«
Gervaise, den Harper fest im Griff hatte, blinzelte. »Ja.« Aber dann erblickte er Drake, und seine Unbekümmertheit war zurück. »Großartig«, trumpfte er auf und schob seine Schnupftabakdose in die Tasche. »Es ist viel zu ermüdend, immer dem Gesetz aus dem Weg zu gehen. Ich bin mir sicher, dass ich ein paar Namen für Sie habe, die Sie interessieren könnten – im Austausch gegen ein angenehmes Leben an einem anderen Ort.«
Drake machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Er vollzog nur eine knappe Geste mit der Hand, woraufhin Gervaise nach draußen gebracht wurde.
»Au revoir, alter Junge«, sagte Gervaise zu Jack, als er an ihm vorbeikam. »Auf dem Weg nach oben werden Verräter preisgegeben.«
Als er weiterging, hob Jack den Kopf. »Eines noch, Gervaise. Falls du jemals wieder den Namen meiner Frau oder meines Sohnes in den Mund nehmen solltest, werde ich meine Zeit nicht mit einem Duell verschwenden. Ich werde dich mit bloßen Händen erwürgen. Und, Gervaise?« – Jacks Lächeln war unerschrocken – »du wärst nicht der Erste, dem das passiert.«
»Dein Sohn?« Gervaise starrte Olivia an. »Verdammt. Er ist nicht tot?«
»Nein, Gervaise, das ist er nicht.«
Statt über Olivias Hinterlist zu fluchen, lachte Gervaise auf dem Weg hinaus.
Doch er war schnell vergessen, als Olivia den lächelnden Jack anblickte. »Ach, mein Mädchen«, sagte er.
Weitere Kostenlose Bücher