Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
erfolgreich gewesen war, sodass sie ihn nun nicht nach dem Vorbild der Wyndhams erziehen konnten.
Sie hatten auch auf den Mord an Gervaise reagiert. Nicht mit Scham über sein verräterisches Verhalten, sondern mit Wut auf Jack, weil er es verraten hatte. In ihrer Trauer um den beliebten Menschen, für den sie Gervaise gehalten hatten, erlaubten sie Jack nicht, auch nur ein schlechtes Wort über ihn zu sagen.
Das alles hatte ihm die Entscheidung, mit seiner kleinen Familie so weit von der Abbey entfernt wie möglich zu leben, nur leichter gemacht. Nach allem, was seine Familie Olivia angetan hatte, hatte er nicht die Absicht, sie, Jamie, Georgie oder die kleine Lully ihrem Gift auszusetzen.
Die einzigen Ausnahmen, die er machte, waren für seinen kleinen Bruder Ned, der, wie er erfahren hatte, zwei Jahre lang nach Livvie gesucht hatte, um ihr helfen zu können, und für die Zwillinge, die ihn dabei unterstützt hatten.
Je mehr er über diese furchtbare Zeit erfuhr, desto mehr liebte er seine Livvie und desto mehr schämte er sich. Seine Kameraden im Kriegsministerium hatten ihm von seinen Heldentaten erzählt, die er in Frankreich vollbracht hatte. Von fünf Ereignissen erinnerte er sich nur noch an eines. Und von den Namen auf der Liste waren ihm neben Gervaises Namen nur noch zwei weitere eingefallen. Es handelte sich um niedere Staatsbeamte, die umgehend aus dem Verkehr gezogen und bestraft worden waren. Er erinnerte sich allerdings Nacht für Nacht in seinen Träumen an das gefühllose Verhalten gegenüber der einzigen Frau, die je einen Platz in seinem Herzen haben würde.
Jeden Tag versuchte er, seine Schuld wiedergutzumachen. Deshalb lebte er im Witwenhaus von Oak Grove – sehr zum Missfallen seines Vaters –, und deshalb bemühte er sich, dabei zu helfen, dieses vernachlässigte Anwesen wieder instand zu setzen, damit es später einmal ein Kleinod wäre, das sein Sohn erben konnte – oder, so Gott wollte und er seine Frau zurückgewann, seine Tochter.
Als er beobachtete, wie Jamie über seine eigenen Füße stolperte und lachend über den Rasen rollte, wusste Jack, dass es nichts ausmachte, dass seine Familie ihn nicht verstand. Er würde auch irgendwo im Wald wohnen, wenn es die einzige Möglichkeit war, um Zeit mit Jamie und Olivia verbringen zu können.
Er hatte fünf fürchterliche Jahre wiedergutzumachen. Er hatte einen Sohn, den er kennenlernen wollte, und eine Schwester, die ihm noch mehr ans Herz gewachsen war, als er den Schmerz und die Trauer bemerkte, die noch immer ihr Lächeln überschatteten. Und eine Nichte mit den schelmischsten grünen Augen, die er je gesehen hatte. Er würde es wiedergutmachen und auf die halsstarrigen, selbstgerechten Wyndhams verzichten.
Wie gerufen, hörte er Olivias forsche Schritte im Flur.
»Ach, gut, Jack«, begrüßte sie ihn und betrat den Raum, »dann muss ich nicht das gesamte Haus nach dir absuchen.«
Er sah sie an und stellte fest, dass sie von Tag zu Tag schöner wurde. Sie hatte das schauderhafte Grau abgelegt und trug stattdessen ein reizendes blaues Kleid mit langen Ärmeln und einem gerafften Ausschnitt, das ihre sanfte blonde Schönheit unterstrich. Er war erleichtert, dass die Erschöpfung endlich aus ihrem Gesicht wich.
Da sie nicht aufsah, bemerkte sie seinen prüfenden Blick nicht. Ihre Aufmerksamkeit galt einer kleinen Geschenkschachtel, die sie in den Händen hielt.
»Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich hier frühstücke, Liv«, sagte er und stand auf. »Ich möchte früh mit dem Dach beginnen.«
Sie wischte seine Bemerkung beiseite. »Sei nicht albern. Im Witwenhaus gibt es nichts zu essen. Im Übrigen solltest du an deinem Geburtstag nicht allein essen.«
»Du hast es nicht vergessen«, sagte er unsicher.
Sie sah auf und lächelte. Ihre sanften sherrybraunen Augen leuchteten. Die Freude, die er in ihnen stehen sah, wirkte echt. »Natürlich habe ich es nicht vergessen. Ich bin nicht diejenige, die unter Amnesie leidet.«
Sie stellte das Päckchen ab, nahm sich Zeit, ihren Teller zu füllen, und blieb einen Moment am Fenster stehen, um den Anblick zu genießen, der Jack so gefesselt hatte.
»Du verwöhnst sie«, warf sie ihm liebevoll vor, obwohl ihr Lächeln breiter geworden war. Jack sah Tränen in ihren Augen schimmern. »Ponys und ein Hund. Und das alles in einer Woche. Du weißt schon, dass das Tier spätestens Weihnachten größer sein wird als Jamie.«
»Es ist ein irischer Wolfshund. Sie sollen einen
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