Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
an sich zu drücken und seinen Duft einzuatmen. Sie sehnte sich danach, mit den Händen über diesen Körper zu streichen, den sie so viele Nächte lang im Schlaf festgehalten hatte.
Sie schloss kurz die Augen und ballte die Hände zu Fäusten, als würde das helfen, sie vor sich selbst zu beschützen.
»Nur, um das klarzustellen«, sagte Lady Kate und riss Olivia damit aus ihren Grübeleien. »Was ist das für ein unappetitlicher Gegenstand, den Sie mir ins Haus gebracht haben?«
Olivia betrachtete die Diplomatentasche, die sie vor sich hielt. »Das ist ein Teil meiner Erklärung.«
Sie hatte sich den Inhalt der Tasche schließlich doch noch angesehen. Und es hatte alles noch viel schlimmer gemacht.
»Eines nach dem anderen«, entgegnete Lady Kate, während Lady Bea es sich neben ihr auf der mit pflaumenblauem Brokat bezogenen Sitzbank bequem machte. »Ich freue mich schon den ganzen Tag auf eine Tasse Tee.«
Olivia nickte und fühlte sich mit einem Mal fehl am Platz. Ihr wurde bewusst, dass es seit der Nacht der Schlacht eines der ersten Male war, dass sie diese Frauen so munter erlebte. Und hier saßen sie auf zierlichen Möbeln in einem Salon, der in verschiedenen Blautönen dekoriert war, und es schien, als würde sie nichts anderes erwarten als eine Tasse Tee.
Sie war sich nicht sicher, ob die beiden mehr geschlafen hatten als sie. Sie wirkten alle mitgenommen, auch wenn Lady Kate ihren Stil nicht aufgegeben hatte. Sie trug ein reizendes cremefarbenes Baumwollkleid, das mit dem gleichen jagdgrünen Band abgesetzt war, das sie sich auch in die mahagonifarbenen Locken geflochten hatte. Lady Bea trug ein Kleid aus silbernem Moiré-Stoff und Spitze und eine ordentliche Haube auf ihrem weißen Haar. Grace hatte sich wieder für ein schlichtes graues Kleid entschieden und ihre erdbeerroten Haare zu einem Knoten hochgesteckt, der so fest war, dass sie Kopfschmerzen haben musste.
Olivia fragte sich kurz, ob Grace immer Grau trug. Eine praktische Wahl für eine Frau, die stets nur eine Kugel weit davon entfernt ist, trauern zu müssen, dachte sie und schämte sich im nächsten Moment für diesen Gedanken.
»Geht es den Patienten gut?«, fragte Grace und schreckte Olivia auf.
»Oh ja. Übrigens ist der Gentleman im oberen Gästezimmer aufgewacht.«
Lady Kate sah abrupt auf. »Wirklich?«
Olivia wäre bei ihrem prüfenden Blick beinahe zusammengezuckt. »Ja, darüber wollte ich mit Ihnen reden.«
Bevor sie fortfahren konnte, ging die Tür auf, und der Teewagen wurde von einer sehr jungen Frau mit einer deutlichen Wölbung unter der Schürze hereingerollt.
»Ach danke, Lizzie«, sagte Lady Kate, als das Mädchen mit geröteten Wangen vor ihr stehen blieb. »Du kannst die Tür hinter dir schließen.«
»Ja, Ma’am«, flüsterte das Mädchen und machte einen unsicheren Knicks.
»Könntest du einschenken, Bea?«, fragte Lady Kate, als sie wieder allein waren. »Dann kann ich mit Olivia sprechen.«
Olivias Herz zog sich zusammen. »Danke.«
Plötzlich fühlte sie sich leer. Ihr Blick wurde verschwommen. Sie hatte das Geheimnis so lange für sich behalten. Obwohl sie in den vergangenen drei Tagen das Gespräch wieder und wieder im Kopf durchgegangen war, war sie sich noch immer nicht sicher, ob sie die richtigen Worte gefunden hatte, um das alles zu erklären.
»Ich weiß, wer der Mann dort oben in dem Zimmer ist«, sagte sie, ehe sie es sich anders überlegen konnte. »Ich hätte es Ihnen schon längst sagen müssen, aber … nun ja, das ist bereits Teil meines Problems. Er ist John Wyndham, Earl of Gracechurch.«
»Ach, ist er das?«, erwiderte Lady Kate ruhig, während sie ihre Tasse Tee entgegennahm.
Olivia nickte. Sie hatte ihre Hände ineinander verschränkt. »Ich nehme an, Sie haben von der Countess of Gracechurch gehört?«
Lady Kate lächelte. »Oh, meine Liebe, wer hat nicht von ihr gehört?«
Olivia schluckte. Sie wünschte, sie könnte die Augen schließen, doch das würde sie nur noch befangener machen, als sie es ohnehin schon war. » Ich bin die Countess of Gracechurch. Ich nenne mich Olivia Grace, um eine Anstellung zu bekommen.«
Sie wartete auf den unvermeidlichen Hohn und Spott, auf die Wut, doch Lady Kate lachte.
»Gott sei Dank«, sagte die kleine Duchess und tätschelte Lady Beas Hand. »Wir hatten gehofft, dass Sie es selbst zugeben würden.«
Olivia sah sie irritiert an. »Sie wussten es?«
Lady Kate nickte. »Ich habe Jack natürlich erkannt. Er ist ein Freund meines Cousins
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