Unverhofft kommt oft
etwas trotteligen Art zufriedengegeben zu haben. Wenn man ihren dicken Bauch betrachtete, war einem klar, dass sie sich mit ihrem Leben, wie es war, abgefunden hatte. Sie war gerade einmal zwanzig Jahre alt und ihr Leben war bereits vorbei. Nun würden vielleicht noch zwei, drei Kinderchen folgen und sie würde alt und grau werden. Sofia schüttelte sich bei dieser Vorstellung.
„Nun steht nicht alle dumm herum, macht euch wieder an die Arbeit“, kam die Anweisung von Carla. Und alle taten, wie ihnen befohlen.
Irgendwann am Nachmittag hielt Sofia es nicht mehr aus. Sie hatte viel darüber nachgedacht, ob vielleicht doch etwas an dem dran sein könnte, was Roberta ihr vorgeworfen hatte. Ja, sie wusste, sie war keine Mustertochter, sie war wahrscheinlich eine miserable Cousine, wenn sie nicht einmal mitbekommen hatte, dass Roberta fünfzehn Kilo abgenommen und eine Beziehung zu einem attraktiven Mann gehabt hatte. Und was die Bäckerei anging, war es in der Tat so, dass sie keine Lust hatte, jeden Morgen wieder früh aufzustehen und hier anzutanzen. Aber sie war kein schlechter Mensch. Sie dachte nicht nur an sich selbst. Ganz im Gegenteil: Sie ging oft ins Kinderkrankenhaus und malte mit den kranken Kindern, ganz uneigennützig und freiwillig, halt nur zu Zeiten, die ihr passten (und würde ihre Familie sich im Gegenzug ein wenig mehr für sie interessieren und mal nachfragen, was sie wirklich in ihrer ach so faulen Freizeit tat, wüsste sie das auch).
Sie mochte keine Pläne, keine Vorschriften. Keine Regeleinhaltungen. Deshalb war sie mit ihren 22 Jahren auch immer noch Single. Sie wollte ihr Leben so gestalten, wie sie es für richtig hielt, eine Beziehung würde ihr keinen Freiraum für sich selbst mehr lassen.
„Das war wirklich gemein von dir, Roberta, was du mir da alles an den Kopf geworfen hast.“
Roberta sah sie an und man konnte sehen, dass sie stark sein wollte, doch schon gab sie ihre strenge Haltung auf. „Ich weiß, ich war wirklich mies, so bin ich sonst gar nicht. Bitte verzeih mir, ja, ich habe das nicht gewollt.“
Sofia lächelte ein vergebendes Lächeln und umarmte ihre Cousine. Sie tat es als eine Sache ab, die nicht so wichtig und schnell vergessen war, aber irgendwo in ihrem Inneren hinterließ es Spuren, die noch weiter verfolgt werden wollten.
♥
Da der ach so arme Tom noch immer nicht richtig auftreten konnte und Onkel Guido schon die Vormittagstour gefahren war, übernahm Sofia erneut die Auslieferungen am Abend. Da war eine Geburtstagsfeier, zu der sie einen Kuchen fahren sollte und ein Jubiläum, das Kekse mit dem Firmennamen verlangte.
Auf dem Rückweg fuhr sie bei ihren Eltern vorbei. Mit dem Auto unterwegs zu sein hatte einen Vorteil: Man war auf jeden Fall schneller als mit dem Fahrrad an seinem Zielort. Sie stellte sich vor, wie sie die Riesen-Geburtstagstorte auf dem Gepäckträger des Rads balancierte und musste lachen, während sie die Stufen zum Haus ihrer Eltern im Bezirk The Castro hochhüpfte.
Ihr Vater lag nicht wie erwartet im Bett, sondern auf der Couch im Wohnzimmer, in eine dicke Decke gewickelt, den Fernseher dicht heran geschoben.
„Meine Fifi kommt mich besuchen!“, rief er aus, als er sie hereinkommen sah.
„Papà!“ Sie gab ihm einen kleinen Kuss und fragte besorgt: „Wie geht es dir? Solltest du nicht im Bett sein?“
„Ach wo, ich habe lange genug im Bett gelegen. Alle behandeln mich wie ein rohes Ei. Ich habe aber nicht vor, noch viel länger krank zu sein.“
„Papà, du musst dich schonen, damit du wieder ganz gesund wirst. Du hattest immerhin einen Herzinfarkt!“
„Doch nur einen ganz kleinen, eher ein Herzkitzeln. Mir geht es gut, ich bin schon fast wieder der Alte, nur glaubt mir keiner.“
Sofia lächelte. Typisch ihr Papà.
„Wie läuft der Laden?“, fragte er weiter.
„Gut. Sehr gut. Alles wie immer. Tom hat sich den Fuß verstaucht, deshalb muss ich nun auch noch für ihn einspringen. Aber wir packen das schon.“
„Ach, Tom, der Tollpatsch. Hoffentlich wird mein Enkelsohn nicht auch so tollpatschig.“
Sofia lachte wieder. Natürlich musste das Baby von Alessia und Tom ein Junge werden. Auch wenn noch gar nicht feststand, welches Geschlecht es hatte. Alessia wollte es nicht wissen, wollte sich bei der Geburt überraschen lassen. Und Carla war das ganz recht, so hatte man es früher auch gemacht. Die guten alten Bräuche.
„Und was gibt es sonst Neues?“
„Nicht viel, Papà. Ach,
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