Unverhofft kommt oft
ich habe dir doch erzählt, dass ich eine Lieferung für Julian hatte, für seine neue Galerie.“
„Ja, wie geht es Julian?“
„Gut. Er hat sich seinen Traum erfüllt, eine eigene Kunstgalerie. Ähm, du bist nicht zufällig auf die Idee gekommen, mal bei einer eurer vielen Begegnungen zu erwähnen, dass ich male?“
„Nein, das ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Er hat ja damals noch in einem Büro gearbeitet, hat nur ab und an mal davon geredet, sich mit der Kunst selbständig zu machen. Ich habe ihn schon seit Monaten nicht regelmäßig gesehen. Wenn ich es recht bedenke, kommt er seit einer ganzen Weile nicht mehr in den Laden.“
„Ich könnte dir wohl auch den Grund dafür nennen“, sagte Sofia.
„Ah ja?“, fragte Francesco naiv. Er schien wohl außer seiner Bäckerei wirklich nicht viel anderes im Kopf zu haben.
„Ja. Und das wäre noch so eine Sache gewesen, die du mir vielleicht hättest erzählen können, als wir von Julian sprachen. Er war mal mit Roberta zusammen. Und gestern sind die beiden dank mir wieder aufeinandergestoßen, weil ich keine Ahnung davon hatte und sie beide zum Essen bei mir eingeladen habe.“
Jetzt machte Francesco große Augen. „Nein, wirklich? Unsere Roberta und Julian? Davon habe ich nichts mitbekommen.“
Von ihm würde Sofia wohl auch nicht mehr erfahren. So würde sie nicht weiterkommen. Es gab also nur eine Lösung: Roberta fragen, so ungern sie das auch tat.
♥
„Wollen wir nach der Arbeit noch zusammen etwas trinken gehen?“, fragte Sofia Roberta am Dienstag beiläufig.
Von Julian hatte sie noch nichts gehört, aber sie konnte natürlich auch nicht erwarten, dass es gleich am ersten Tag Interessenten für ihre Bilder geben würde.
„Ich trinke nicht“, sagte Roberta.
„Es muss ja kein Alkohol sein. Vielleicht eine Cola oder so. Wir haben uns schon lange nicht mehr zusammengesetzt und einfach nur geredet.“
Roberta sah sie lange an, sie schien eine Ahnung zu haben, was sich dahinter verbarg.
„Na gut. Ja, gerne“, willigte sie schließlich ein.
„Schön. Heute habe ich zum Glück keine Lieferung. Dann gehen wir also gleich nach Ladenschluss irgendwo hin. Du weißt nicht zufällig, wo man hier in der Nähe gemütlich sitzen kann, oder?“
Kurz schien Roberta eine Idee zu haben, doch im nächsten Moment machte sich Trauer auf ihrem Gesicht breit, und Enttäuschung. „Nein.“
„Na, wir werden schon was finden.“
Roberta nickte nur und sie arbeiteten weiter.
♥
Nach Ladenschluss machten sich die beiden Mädchen zu Fuß auf und suchten nach einem netten Lokal, in das man sich setzen konnte. Sie fanden zwei Straßen weiter eine Bar, die Sofia von außen schon ein paarmal aufgefallen war, doch betreten hätte sie sie wohl nie, wenn Roberta nicht vorgeschlagen hätte, dort hineinzugehen.
Als sie die Bar betraten, umgab sie sofort eine gemütliche Atmosphäre: dunkle Sitzecken, die jedoch von bunten Laternen beleuchtet waren. Räucherstäbchen verbreiteten einen wohligen Duft, das Publikum war bunt gemischt, jedoch ohne auffällige Betrunkene, die das schöne Flair kaputt gemacht hätten.
„Wow, wie nett es hier ist“, sagte Sofia, als sie sich in eine Nische setzten. „Woher kennst du diesen Laden?“
Roberta rückte nur langsam mit der Sprache heraus: „Ich war … ich war ein paarmal mit … Julian hier.“
„Oh. Was ich dir noch mal sagen wollte: Es tut mir wirklich leid, wie das neulich gelaufen ist. Ich hatte echt keine Ahnung von eurer Vorgeschichte, sonst hätte ich ihn nicht an unserem gemeinsamen Sonntag eingeladen.“
Roberta winkte ab. „Schon vergeben und vergessen. Du wusstest es nicht. Ist schon gut. Es war trotzdem ein toller Tag, wir haben eine super Ausbeute gemacht. Jetzt kenne ich einen großartigen neuen Ort, um shoppen zu gehen.“
„Ja, auf dem Markt findet man immer was. Du solltest auch mal in die Läden in Haight Ashbury gehen, da gibt es wirklich ausgefallene Sachen, auch second-hand, und schönes Deko-Zeugs. Einige der Läden dort verkaufen Jennis Töpfersachen, Vasen, Schalen und so.“
„Ja, sie hat mir ihre Sachen gezeigt. Wirklich toll.“
„Finde ich auch.“ Sie nickte. Dann herrschte auf einmal ein merkwürdiges Schweigen.
„Du, Roberta“, begann sie, nachdem sie sich beide eine Cola bestellt hatten, „ich möchte gern mit dir über etwas reden.“
Roberta sah sie fragend und etwas ängstlich an.
„Es geht um Julian.“
„Das habe ich mir
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