Unverhofft kommt oft
zurück zur Arbeit zu gehen, zurück zu Roberta, zu Alessia. Sie hatten sich alle zusammen zum Affen gemacht – vor Julian. Noch immer konnte sie nicht fassen, was für ein krankes Spiel er mit ihnen gespielt hatte. Roberta hätte es ihr aber auch einfach sagen müssen, gleich zu Anfang. Dann wäre ihr diese Demütigung erspart geblieben.
Aus Jennis Zimmer hörte man ein Rumpeln. Dann Geflüster. Sie hatte jemanden bei sich. Natürlich, sie hatte nicht damit gerechnet, dass Sofia so früh nach Hause kommen würde. Aber wer konnte es sein? Johnny war doch schwul. Vielleicht jemand, mit dem Jenni geschäftlich zu tun hatte? Na, hoffentlich hatte der nicht zuvor schon ihre Schwester flachgelegt.
Sie beschloss, schnell wieder zu gehen. Bevor sie jedoch die Tür erreicht hatte, lugte Jenni aus ihrem Zimmer. Sie stand, in ein Bettlaken gewickelt, an der Tür.
„Sorry. Ich wollte nicht stören. Bin schon wieder weg“, sagte Sofia und griff nach dem Türknauf.
„Nein, Sofia, warte. Ich möchte dir gern jemanden vorstellen. Das wollte ich eigentlich erst später tun, aber da du nun schon da bist …“
„Okay. Wer ist es denn?“ Ist er blond oder brünett, fragte sie sich. Schlaksig oder muskulös?
„Komm her, Schatz“, sagte sie zu der Person in ihrem Zimmer. „Ich möchte dir meine beste Freundin Sofia vorstellen.“
Sofia war auf alles gefasst. Nur auf das nicht.
Hinter Jenni erschien eine junge blonde Frau, ebenfalls in ein Laken gewickelt, und legte die Hand um ihre Hüfte.
Sofia fiel die Kinnlade herunter. Erstaunt sah sie sich das Gespann an.
„Hi“, sagte die Frau. „Nett, dich mal kennenzulernen. Jenni hat mir schon so viel von dir erzählt.“
„Oh. Ähm … mir von dir noch gar nichts.“
Die Frau lächelte Jenni an, machte sich dann auf Richtung Bad. „Ich werde jetzt duschen, ihr könnt euch ja in der Zwischenzeit unterhalten.“
Sofia stand immer noch verdutzt da. Dann sammelte sie sich wieder. „Sorry, Jenni, ich wollte nicht … ich habe heute nur schon ein paar zu viele unerwartete Neuigkeiten erfahren. Ich … ich wusste nicht, dass du auf Frauen stehst.“
Sie setzten sich nebeneinander aufs Sofa.
„Das wusste ich bis vor Kurzem selbst noch nicht“, gestand Jenni jetzt. „Es ist einfach so passiert.“
Obwohl Sofia fix und fertig mit den Nerven war und sich am liebsten einfach nur unter der Bettdecke verkrochen hätte, wollte sie doch eine gute Freundin sein und fragte interessiert: „Wann und wo?“
„Neulich hat Johnny mich mit in eine Gay Bar genommen, und da war sie. Sie stand plötzlich vor mir und es hat Klick gemacht. Ihr Name ist übrigens Claire.“
„Und wie lange geht das schon? Wieso hast du mir nichts gesagt?“ Sie war ein bisschen verletzt.
„Ich wusste nicht, wie du reagieren würdest. Und ich musste doch selbst erst einmal verstehen, was plötzlich in mir vorging.“
Sofia nickte verständnisvoll. „Ist es denn was Ernstes? Ich meine, seid ihr jetzt ein Liebespaar oder ist das nur `ne lockere Sache?“
„Wir sind zusammen, so richtig. Wir sind ineinander verliebt.“
Sofia nahm Jenni in den Arm und sagte aufrichtig: „Dann freue ich mich natürlich für dich, egal ob Männlein oder Weiblein.“
„Oh Mann, bin ich erleichtert. Ich hatte ganz schön Angst davor, es dir zu sagen.“
„Keine Angst. Das ist gar nichts gegen das, was ich heute sonst noch erfahren habe.“
Jenni sah sie fragend an. Sie saß noch immer nackt in ihrem Bettlaken da.
„Das ist eine sehr lange Geschichte, die erzähle ich dir lieber später in Ruhe.“
„Okay“, sagte Jenni. „Bist du deswegen so früh zu Hause?“
Sofia war ganz froh, dass in diesem Moment Claire aus dem Bad kam, denn so musste sie nicht weiter an dieses abartige Liebeschaos denken, das ihr widerfahren war.
„Du kannst jetzt rein, wenn du willst“, ließ Claire Jenni wissen. „Soweit ihr hier fertig seid natürlich.“
Jenni sah Sofia fragend an.
„Ja, sind wir“, gab Sofia zur Antwort und Jenni ging in die Dusche.
Sobald Claire angezogen und wieder im Wohnzimmer erschienen war, klopfte Sofia auf die Couch und sagte: „Ich werde dir jetzt das sagen, was ich jedem sagen würde, der sich meine beste Freundin krallt.“
Claire lächelte: „Ich weiß schon, was du mir sagen willst, aber du brauchst wirklich keine Angst haben, ich mag Jenni sehr und werde sie gut behandeln.“
Sofia nickte. Genau das hatte sie sagen wollen. „Na gut, dann ist ja alles geklärt.“
Als
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