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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bobby Dekeyser
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Klimaanlagen, drei Leute auf drei Quadratmetern und Bäder, die zartbesaitete Gemüter nicht mal in Gummistiefeln betreten hätten. Für Geschäftstermine in der Innenstadt mussten wir lange vor Morgengrauen aufstehen, um rechtzeitig in der Stadt zu sein. Meist verabredeten wir uns in der Lobby des Peninsula Hotel und verspäteten uns um eine Minute. Asiatische Geschäftsleute sind überpünktlich und sahen uns dann immer die Treppe hinunterschlendern, ganz so, als seien wir Gäste des Hauses. Das Versteckspiel funktionierte, auch wenn ich mich oft nicht wohl dabei fühlte. Einmal gönnten wir uns ein Dinner in einem berühmten Hotel, oder vielmehr: Wir hatten die Absicht, uns ein Dinner in einem berühmten Hotel zu gönnen. Ein Blick in die Speisekarte und ein kurzer Kassensturz verrieten, dass es für die Vorspeise reichte. Aber nicht für alle am Tisch. Wir bestellten für jeden ein Glas Cola und dazu mehrere kleine Salate, die mit Brot serviert wurden. Jede Menge Brot wurde an diesem Abend verzehrt, die Kellner wunderten sich, sagten aber nichts. Wir haben stets versucht, das Beste aus der Situation zu machen, aber so lustig, wie es in der späteren Betrachtung klingt, wenn man milde zurückblickt und dazu neigt, die Dinge zu verklären, war es nicht immer. Ich empfand diese Zeit auch als mühsam.
    Was wichtig war: Ich lernte, mit Niederlagen umzugehen. Es war auf der Möbelmesse in Singapur, als wir in fünf Tagen nicht einen Stuhl verkauften, keinen einzigen Stuhl. Wir gingen mit dem Preis nach unten, um die Hälfte, um siebzig Prozent, um neunzig Prozent. Um Kosten für die Entsorgung zu sparen, bot ich die Stühle Messebesuchern schließlich als Geschenk an. Niemand wollte die Möbel haben. Noch nie fühlte sich ein Heimflug so lang an. Wie ein Energieschub wirkte da die Order des Club Med von den Bahamas, ein neu eröffnetes Resort, das eintausend Stühle bestellte. Die größte Lieferung unserer jungen Firmengeschichte! Wir überlegten, das Fax mit der Bestellung einzurahmen, und feierten am Abend ein wenig. Auch die Bestellung für ein Thermalbad in Bad Homburg freute uns, und in ganz Europa schien die Nachfrage zu steigen. Hatten wir es schon bald geschafft? Konnten wir die Schulden abbezahlen? Die Arbeit fiel leicht in diesen Wochen, jeder spürte, dass es nun aufwärtsging, und die Demütigung von Singapur war beinahe vergessen. Ein Brief traf ein, geschrieben vom Manager des Resorts in der Karibik: die Einladung, ihn möglichst rasch besuchen zu kommen, anbei ein Flugticket, First Class. Hieß das, dass die Bestellung erweitert werden sollte? Vielleicht sogar auf andere Resorts? Warum sonst schickte man mir eine solch teure Flugreise? Kaum zweiundsiebzig Stunden später landete ich auf dem Flughafen der Bahamas, wo mich ein Fahrer in einer Limousine abholte. Ich ließ mich zuerst an den Strand bringen, um einige Erinnerungsfotos von Palmen und Papageien für die Kinder aufzunehmen. Im Hotelkomplex angekommen, wunderte ich mich: Nirgendwo war ein Dedon-Stuhl zu sehen, weder in der Lobby noch in den Restaurants, auch nicht am Pool. Wo war die große Lieferung hingegangen? Im Konferenzraum, in den man mich bat, begrüßte mich der Direktor, der mir den freundlichen Brief geschrieben hatte. Und einige Herren in dunklen Anzügen und mit zugeknöpften Gesichtern, die mir als Vertreter eines Anwaltsbüros aus New York vorgestellt wurden. »Bevor wir reden, möchte ich Ihnen etwas zeigen«, meinte der Direktor und führte mich durch einige Gänge bis in einen Hinterhof. Dort lagerte ein großer Haufen Sperrmüll, mehrere hundert Stühle, allesamt zerbrochen. Unsere Stühle. Die meisten hatten die Kombination aus Salzwasser, karibischer Sonne und gewichtigen Touristen nur wenige Wochen ausgehalten. Zurück im Konferenzraum verlasen die Anwälte aus New York eine Aufstellung der Schadensersatzforderungen. Einige Resortgäste, denen der Stuhl unter dem Hintern zusammengekracht war, schienen über Klagen nachzudenken, das käme noch extra. Ein Tourist war mitsamt Stuhl in den Pool gefallen. Selbst ein Bruchteil der Summe, die im Raum stand, hätte uns ruiniert. Die Klimaanlage summte, es war mit einem Mal sehr kalt. Ich sagte: »Das tut mir schrecklich leid. Ich muss mich entschuldigen. Aber zunächst möchte ich helfen, das akute Problem zu lösen.«
    Ich fuhr im Taxi zum Flughafen und nahm die nächste Maschine nach Miami. Im Großhandel orderte ich Plastikstühle, stapelbar, die billigste Version, eine

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