Unverkäuflich!
Problem sein. Der Preis schien mir ein Druckfehler zu sein. Für diese Summe sollte es nahe an Hamburg ein Haus geben? Ich sah mir die Angebote genauer an und stellte fest: Es gab viele dieser Schnäppchen. Als ich wieder daheim war, tagte der Familienrat – waren wir wirklich darauf angewiesen, im Süden Deutschlands zu bleiben? »Für keinen von uns bedeutet das hier Heimat«, meinte Ann-Kathrin, und dann fanden wir rasch Argumente, die für den Umzug sprachen. Würden nicht sämtliche Container aus Asien im Hamburger Hafen eintreffen? Musste man dann nicht zwingend in der Nähe wohnen? Dass bis zu diesem Zeitpunkt erst ein Container mit Möbeln eingetroffen war und niemand wusste, wann und ob der zweite folgen würde: ein unwichtiges Detail. In unserem Fiat Ducato, den nur noch der Rost und unsere Liebe zusammenhielt, fuhren wir los.
Fünf
BRUCH AUF
DEN BAHAMAS
N ur noch ein Haus stand auf unserer Liste, doch alle waren müde und wollten heim. Ein Resthof, knapp hundertachtzig Jahre alt, fast verfallen. Lohnte sich die Besichtigung? »Ach kommt, nun sind wir doch schon hier«, sagte Ann-Kathrin. So nahmen wir noch die letzte Station in Angriff, nachdem sich alle anderen Häuser, die der Makler uns auf der Tournee gezeigt hatte, als ungeeignet erwiesen hatten: zu klein, zu weit weg von der Schule, zu abgelegen vom nächsten Dorf. Als wir auf den Hof in Volkstorf rollten, ging gerade die Sonne über den Wiesen unter und tauchte alles in ein warmes, magisches Licht. Ann-Kathrin und ich sahen uns an und wussten, noch bevor wir das Haupthaus betreten hatten: Das war es! Dass die drei Gebäude extrem renovierungsbedürftig waren und das Grundstück insgesamt aussah wie ein Rübenacker nach einem Traktorrennen, interessierte uns nicht. Wir hatten unser Haus gefunden, ein Haus mit Seele, mit Platz, mit weitem Blick über die Felder und dennoch nahe an Lüneburg gelegen, einer hübschen, alten, aber lebendigen Stadt, die uns gefiel. Nun galt es, Kleinigkeiten zu regeln, also Dinge, die zu Kleinigkeiten werden, wenn ich von einer Sache dermaßen begeistert bin. Die Halle in Höhenkirchen zum Beispiel, die bis unters Dach vollgeräumt war mit teuren Lieferungen: Stoffe, Lampen, unsere Giraffen. Ich hatte einen Verkäufer eingestellt, einen bulligen Kerl namens Ingo Block, der aussah wie ein Doppelgänger des italienischen Skiläufers Alberto Tomba. Block, ein eloquenter Typ, war mir sympathisch, er schien zuverlässig und hoch motiviert zu sein. Er sollte unser Geschäftsführer werden, er wollte sich in den Warenbestand einkaufen, er konnte die Geschicke in Höhenkirchen leiten, während wir in der Lüneburger Heide weitermachten. Dass ich ihn erst vor Kurzem kennengelernt hatte, spielte keine Rolle: Alles ergab Sinn. Wir bereiteten den Umzug vor und eine große Party, mit der wir das Kapitel Höhenkirchen abschließen und unseren neuen Mann vorstellen wollten. Extra zu diesem Fest hatten wir auch einen Lüneburger Bankdirektor mit seiner Assistentin eingeladen und in einer Pension im Nachbardorf untergebracht. Kurz vor Mitternacht, das Fest war in vollem Gange, beschlich mich das Gefühl, etwas vergessen zu haben. In diesem Moment kam der Bankdirektor herein, übel gelaunt, weil er den langen Weg in der Dunkelheit zu Fuß hinter sich bringen musste. Er nahm meine Entschuldigung mit einem Grunzlaut zur Kenntnis und verschwand, nachdem er die bescheidenen Reste des Buffets begutachtet hatte, sofort wieder. Diesen Kredit konnten wir vergessen, und es sollte noch schlimmer kommen. Für mich endete die Party mit dem übelsten Kater, den ich bis dahin kannte.
Ich verlasse mich bei vielen Entscheidungen auf meine Intuition. Ich rede mit einem Menschen und bilde mir ein, rasch zu wissen, wen ich vor mir habe. Zeugnisse waren nie wichtig für mich, das wäre angesichts meines eigenen Lebenslaufs auch absurd. Ich vertraue anderen, ich bin loyal, stehe zu ihnen, gebe ihnen eine Chance. Oft geht das gut. Manchmal aber auch gründlich daneben. Wie im Falle von Block. Am Nachmittag nach der Übernahmeparty bat er mich um ein Gespräch. Der Bankkredit, mit dem er unseren Lagerbestand kaufen wollte, existierte nicht. Das Eigenkapital, mit dem er gerne angab: null. Unser Vertrauensverhältnis: pulverisiert. Und der Kaufvertrag über achthunderttausend Mark, den wir gemeinsam unterschrieben hatten: das Papier nicht wert. Ich konnte es nicht fassen, beschimpfte ihn, schmiss ihn aus dem Haus und beauftragte einen
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