Unwiderstehlich untot
Biegung machte. Wir schlossen zu ihm auf und stellten fest, dass es in diesem Bereich durchaus Überlebende gab – allerdings waren es keine Vampire oder Magier. Geschöpfe aller Art krochen, flogen und glitten umher. Es sah nach einem Zoo aus, dessen Tiere durch die Katastrophe frei gekommen waren. Und es musste sich um einen ganz besonderen Zoo gehandelt haben, dachte ich und beobachtete, wie ein rosarotes und orangefarbenes Wesen aus einem Loch in einem Behälter schlüpfte, der zahlreiche gallertartige Kreaturen enthielt. Die fröhlichen Farben konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass das aus dem Behälter kriechende Wesen auffallende Ähnlichkeit mit einer zu groß geratenen Schnecke aufwies.
Allerdings hatte es kleine, pechschwarze und zornig starrende Augen. Intelligente Augen.
Ich wich zurück, und mir wurde speiübel. Caleb fluchte und zog eine Knarre. Ich hielt ihn am Arm fest. »Was haben Sie vor?«
»Was wohl?« Sein Gesicht sah wieder so aus, als könnte kein Lächeln darin Platz finden.
»Sie können das Geschöpf nicht einfach erschießen.«
»In dem Saal hatten Sie kein derartiges Problem.«
»Dort sind wir angegriffen worden!«
»Und jetzt wissen wir, von was. Ihre Vampire haben hier irgendwelche abartigen Experimente durchgeführt.«
Caleb legte erneut an, aber das Schießpulver musste feucht geworden sein oder so, denn es klickte nur. Er schnitt eine finstere Miene, murmelte einen Zauber und versuchte es erneut. Diesmal funktionierte die Waffe, aber ich stieß den Arm beiseite, und er verfehlte das Ziel.
Der Knall führte zu einer wilden Flucht des Getiers durch den Korridor, weg von uns. »Hier wird nicht getötet!« Caleb starrte mich an.
»Sie ist die Pythia«, erinnerte ihn Pritkin schnell. »Nicht meine«, erwiderte Caleb grimmig. »Wer ist dann deine Pythia? Oder hast du vor, diesen Krieg ohne eine auszutragen?«
Die beiden Männer sahen sich an, und dann fluchte Caleb. »Wie sollen wir richtig nach Überlebenden suchen, wenn wir dauernd damit rechnen müssen, dass diese Biester über uns herfallen?«
»Sie sehen nicht so aus, als wären sie an einem Angriff interessiert«, sagte ich. »Und was ist mit denen, die ein solches Interesse zeigen?«
»Um die kümmern wir uns, wenn es so weit ist.«
»Und wenn diese Wesen einen Weg hinaus finden? Möchten Sie Geschöpfe, die so gefährlich sind wie die, die wir getötet haben, auf die allgemeine Bevölkerung loslassen?«
»Wir sind neun Etagen tief im Boden! Und diese Exemplare hier sehen nicht besonders gefährlich aus.«
»Der erste Eindruck kann täuschen. Wir wissen nichts von ihren Fähigkeiten und die Gründe, warum die Vampire sie gezüchtet haben«, gab Caleb zu bedenken.
Ich beobachtete, wie die Schnecke von uns fortglitt. Die unterirdischen Flüsse würden den drohenden Einsturz der ganzen Anlage vermutlich überstehen. Was mochte geschehen, wenn dieses Wesen in den Wasserkreislauf geriet? Zusammen mit anderen? Und wenn sie sich vermehrten? Aus einigen wenigen konnten innerhalb von Wochen Tausende werden.
»Die meisten sterben ohnehin«, sagte Pritkin leise. »Sie werden verhungern oder ertrinken oder unter einem Berg aus Schutt begraben.« Er nickte in Richtung einiger Vogelwesen, die sich über die Reste eines anderen Geschöpfs hergemacht hatten und mit langen schwarzen Schnäbeln Fleischstreifen abrissen. »Oder sie enden im Magen größerer Räuber. Eine Kugel bringt schnelleren, gnädigeren Tod.«
Ich starrte auf den Festschmaus der Vögel, und mir drehte sich der Magen um. »Na schön, wenn es so besser ist… Ich bin oben auf der Treppe.«
Das Knallen von Schüssen und der Geruch von Rauch folgten mir hinauf. Oben war es dunkel und still, abgesehen von einem schwachen Glühen, das von unten kam und die alten Felsen rot aus der Dunkelheit treten ließ. Ich setzte mich, schlang die Arme um die Knie, lehnte den Kopf an die Wand und versuchte, an gar nichts zu denken. Und dann kam eine Hand aus dem Dunkeln und hielt mir den Mund zu.
Ich zappelte und trat um mich, als ich in ein dunkles Zimmer gezogen wurde. Ein Licht erschien, von einer einzelnen Kerze, doch in der Finsternis wirkte es fast so hell wie der Strahl eines Suchscheinwerfers. Es fiel auf einen kleinen Tisch mit einer großen Papierrolle und den dahinter sitzenden Mann. Sein lockiges Haar war zerzaust, der Kaschmirpulli schmutzig und an mehreren Stellen aufgerissen. Doch die hellbraunen Augen und das offene Lächeln waren wie immer.
»Rafe!«
Er
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