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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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erschien die Konsulin so plötzlich, als wäre sie von einem anderen Ort zu uns gesprungen. Ich wusste es besser. Wahrscheinlich war sie die ganze Zeit über dort gewesen, aber so still und unbewegt, dass ich sie nicht bemerkt hatte. Und das war eine erstaunliche Leistung, wenn man berücksichtigte, dass sie ihre Alltagsklamotten trug: Schlangen wanden sich um ihren Leib.
    Alte, von Kajalschwarz gesäumte Augen musterten mich, und wie üblich schien ihnen nicht zu gefallen, was sie sahen. »Ich werde es dir genau sagen, Pythia«, teilte sie mir mit. »Und dann wirst du tun, was wir von dir erwarten.«
    Es war keine Bitte. Sie rauschte majestätisch aus dem Zimmer, und Rafe, Marlowe und ich folgten ihr. Rafe ging nach unten, um Pritkin und Caleb zu holen. Marlowe und ich eilten hinter der Konsulin zwei Etagen hoch.
    Der Staub wurde dichter, als wir nach oben kamen, und bei jedem kleinen Erdbeben rieselte Sand aus Rissen in den Wänden. »Was passiert, wenn die Schutzzauber versagen?«, fragte ich, als wir oben an der Treppe einen Berg aus Erde und Felsgestein erreichten.
    »Die Etagen weiter oben sind zu einer großen Masse geworden«, antwortete Marlowe. »Ohne die Schutzzauber wird ihr Gewicht hier unten alles zermalmen.«
    Ich sah zum Gang auf der linken Seite, der völlig blockiert war, wie Marlowe gesagt hatte. Roter Sandstein von den unteren Etagen hatte sich mit dem dunklen Gelb der oberen vermischt und bildete ein wirres, massives Durcheinander. Nirgends war eine Lücke zum Durchschlüpfen frei. Der Flur wirkte wie zurückerobert von dem Felsgestein, das ihn umgab.
    »Wir glauben, dass der Einsturz bis fast zu den Zellen reicht, die über ein unabhängiges Schutzzaubersystem verfügen«, teilte mir Marlowe rasch mit.
    »Ich brauche genaue Angaben«, erinnerte ich ihn. »Die werden Sie bekommen«, sagte er und brachte mich einige Stufen zurück nach unten.
    Wir sahen beide zur Konsulin hoch, die ganz oben stehen blieb. »Du hast das nie gesehen«, wies sie mich an.
    »Was gesehen?«, fragte ich verwundert. Sie stand einfach nur da, eine schlanke Gestalt, die, wie mir plötzlich klar wurde, kaum größer war als ich. Komisch; ich hatte sie immer für größer gehalten.
    Marlowe schlang mir den Arm um die Taille und zog mich weiter nach rechts, als es zu plötzlicher Bewegung kam. Von einem Augenblick zum anderen gab es überall Schlangen: eine dichte Masse aus schwarzen, sich hin und her windenden Leibern, die Füße und Beine der Konsulin umgaben. Sie glitten an ihrem Körper hoch, wickelten sich um den Hals, krochen übers Gesicht und ins Haar. Eine besonders dicke Schlange bahnte sich einen Weg in den Mund und dann durch den Hals, der sich aufzublähen schien.
    »Marlowe! Tun Sie was!«, rief ich entsetzt.
    Er gab keinen Ton von sich, aber sein Arm an meiner Taille drückte fester zu, als noch mehr Schlangen erschienen und den Leib der Konsulin aufrissen. Blut färbte schwarze Schuppen rot, als die Schlangen unter die Haut krochen. Die kleinen pulsierten wie Adern, die zu platzen drohten, und die größeren ließen den Körper hier und dort anschwellen, schienen entschlossen zu sein, die Konsulin von ihnen aufzufressen. Ich hörte ein Geräusch, das nach einer sich öffnenden reifen Frucht klang, und auf einmal gab es gar keine Frau mehr. Nur noch Schlangen, die sich in einer großen Pfütze aus Blut und Schleim wanden.
    »0 Gott!« Ich wankte zurück, und ohne Marlowes Arm an meiner Taille wäre ich gefallen. Wie von Entsetzen gelähmt stand ich da, bis es mir schließlich dämmerte. Die Konsulin existierte noch; sie hatte nur die Gestalt gewechselt.
    »Müssen Sie sich übergeben?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war viel zu erschrocken fürs Kotzen. »Ich habe Geschichten gehört…«
    Er setzte sich neben mich auf eine Treppenstufe, sah in die Dunkelheit weiter unten und streckte die Beine aus. »Über einige von uns, die sich in Dunstschwaden, Wölfe oder Fledermäuse verwandeln?«
    »Ja. Aber ich hätte es nicht für möglich gehalten. Ich dachte, es sind nur Mythen.«
    »Zum größten Teil sind sie das auch. Es gibt nur wenige von uns, die lange genug leben, um die für den Gestaltwandel nötige Kraft zu sammeln.« Marlowe klang bewundernd, als hätte die Konsulin einen besonders schwierigen Trick hingekriegt. »Ich habe gehört, dass der indische Konsul Parendra ebenfalls dazu in der Lage ist. Angeblich verwandelt er sich in eine Kobra.«
    Ich gab keine Antwort und war zu sehr damit beschäftigt, den

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