Unwiderstehlich untot
positive Aspekt des Hinterzimmers der Bar. Es war klein und ohne Bad, und wir mussten Plastikboxen mit Gewürzen und anderen Dingen beiseiteschieben, um Platz für ein zweites Bett zu schaffen. Aber es war einigermaßen wohnlich. Ich sollte es wissen; immerhin war dies bis vor kurzer Zeit mein Zuhause gewesen.
»Es ist… gemütlich«, sagte Randy und sah sich um. »Früher war’s mal ein Abstellraum.«
»Darauf wäre ich nie gekommen.« Ich warf ihm einen bösen Blick zu, und er zuckte mit den Schultern. »Wenigstens schmeißt man dich hier nicht raus.« Nein, vermutlich nicht. Kein Vampir, der etwas auf sich hielt, würde sich in einer solchen Absteige unterbringen lassen.
»Es gefällt mir«, sagte François und versuchte, sich durch die schmale Lücke zwischen ihrem Bett und der Wand zu schieben. »Es ist nur vorübergehend«, versprach ich.
»Ja, Lord Mircea wird etwas anderes finden für dich«, erwiderte François, und ich stellte mir vor, wie sie in Gedanken bereits mein Bett entfernte.
Ich hatte mehr an das Zimmer nebenan gedacht. Es war kleiner, aber viel farbenfroher als das, bis vor kurzer Zeit ausgestattet mit einem vom Boden bis zur Decke reichenden Buntglasfenster, das eine Kampfszene darstellte. Das Fenster hatte einen Unfall erlitten – hier schien es recht oft zu solchen Unfällen zu kommen – und war noch nicht erneuert worden. Eine große Plastikplane spannte sich in der Öffnung, mit einem Aufdruck, der die gleiche Kampfszene zeigte, aber sie ließ die Hitze herein. Ich nahm mir vor, Casanova zu fragen, wann er ein neues Fenster einsetzen lassen wollte.
Doch das konnte warten. Es gab dringendere Angelegenheiten, um die ich mich kümmern musste. Ich überließ es François, sich ganz nach Belieben einzurichten, und lieh mir den Schlüssel zu ihrem alten Zimmer. Wenn ich Glück hatte, konnte ich dort duschen, bevor ich erneut vor die Tür gesetzt wurde.
Stunden später weckten mich ein Pochen und ein Schrei. Letzterer begann als Falsett und endete als Bariton, was mir als Hinweis darauf genügte, dass es sich nicht um François handeln konnte. Dem Schrei folgten Flüche. Ich riss die Augen auf und sah eine fast zweieinhalb Meter große schemenhafte Gestalt, die sich über mich beugte. Ein weiterer Schrei erklang, und diesmal stammte er von mir.
»Schätzchen, ich weiß, dass es die Perücke vom letzten Jahr ist«, schnauzte jemand. »Aber es ist eine Liza, ein über den Zeiten stehendes Kunstwerk.«
Ich langte nach oben und schaltete die Lampe ein, woraufhin die schemenhafte Gestalt zu einer fast zweieinhalb Meter großen Frau wurde, die sich das Schienbein rieb. Ein Teil der Größe ging auf die bereits erwähnte riesige schwarze Perücke zurück, und hinzu kamen fast zwanzig Zentimeter hohe Plateauschuhe. Der Rest des Pakets war in ein hautenges Futteralkleid gehüllt, das kurz genug war, um als Shirt durchzugehen und ganz aus mit schwarzen Pailletten besetzten Schleifen bestand. Es spannte sich an Schultern breiter als die mancher Männer und zeigte überaus muskulöse Beine. Die ganze Erscheinung wirkte wie ein Linebacker in Frauenkleidung.
Nach einem Moment wurde mir der Grund dafür klar – sie war tatsächlich ein Linebacker in Frauenklamotten. »Wer sind Sie?«, fragte ich schrill.
Dafür bekam ich einen beleidigten Blick. »Hast du unter einem Stein gelebt, Schätzchen? Ich bin Be Gehrenswert.«
Ich sah sie nur an. »Von den drei Bes?« Ich schüttelte den Kopf. »Früher waren wir die Beiden Bes, aber dann kam eine dritte zu uns…«
Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, aber ich ließ kurz meinen Blick über sie streichen und stellte fest, dass sie offenbar keine Waffe bei sich trug. Es sei denn, sie versteckte eine in ihrer enormen Perücke. Dort hätte sie eine AK-47 unterbringen können, und niemandem wäre etwas aufgefallen.
»Was machen Sie in meinem Zimmer?«, fragte ich etwas ruhiger.
»Ich weiß, wie das ist. Du hast zu viel getrunken, und auf der Suche nach dem Damenklo bist du hier herein gestolpert. Schätzchen, das ist nicht dein Zimmer.«
»Derzeit schon«, erwiderte ich trotzig.
François schien nicht da zu sein; wahrscheinlich war sie noch mit Randy unterwegs. Er hatte sie zu einem gemeinsamen Abendessen überredet, und François hatte auch mich eingeladen, aber Randys flehentlicher Blick hinter ihr war mir nicht entgangen, und vor lauter Müdigkeit hatte ich ohnehin keinen Hunger. Außerdem waren meine einzigen sauberen Sachen das Sweatshirt und
Weitere Kostenlose Bücher