Unwiderstehlich untot
einen dunklen Klub erreichten.
Die »Bude« sah nach einem Wildwest-Saloon aus, mit langer Theke, reichlich runden Tischen, Sägemehl auf dem Boden und einer alten Pendeltür. Wir traten durch sie hinaus und mitten in eine Geisterstadt. Oder zumindest in Dante’s Version von einer.
Die meisten Kasinos in Vegas entfernten sich allmählich von ihren kitschigen Wurzeln, aber hier war das nicht der Fall. Das Dante’s hatte großes Interesse daran, seinen Ruf als Heimat der Irren und Spleenigen zu wahren – je mehr, desto erschreckender, lautete das Motto.
Das Hauptmotiv des Spielkasinos hatte mit verschiedenen Versionen der Hölle begonnen, worauf der Eingangsbereich deutlich hinwies. Im Lauf der Zeit war daraus ein Mischmasch aus allen übernatürlichen Dingen geworden. Je mehr es gab, das Blicke auf sich zog, desto weniger wahrscheinlich wurde es, dass jemand die »Ereignisse« als gut inszenierte Show durchschaute.
Nirgends war das besser realisiert als auf der Hauptstraße des Kasinos. Gehsteige aus Holz knirschten und knackten geheimnisvoll, selbst dann, wenn niemand auf ihnen unterwegs war. Hier und dort gab es Stangen für geisterhafte Pferde, die sich nur in den dunklen Fenstern der Läden zeigten, vor denen sie standen. Am einen Ende ragte ein Wasserturm auf, und daran baumelte ein Gehängter in einem nicht existierenden Wind. Der Himmel blieb immer dunkel, abgesehen von einigen gelegentlichen Blitzen.
Natürlich war dies Vegas, was bedeutete: Die alten Holzläden waren mit Leuchtreklamen ausgestattet, die glühende Kakteen, anstoßende Martini-Gläser und tanzende Skelette zeigten. Vor dem Saloon, den wir gerade verlassen hatten, leuchteten tanzbeinschwingende Neon-Schönheiten. Und überall wimmelte es von Touristen.
»Seht euch das an!«, empörte sich Be. »In einer solchen Schlange würde ich nicht einmal für fünfundsiebzig Prozent Rabatt bei Saks warten, geschweige denn für einen Tombstone Taco.«
»Und wenn schon. Derzeit ist mir alles recht, was ich in den Mund kriegen kann.«
»Ach, Schätzchen, wenn du doch nur ein Junge wärst«, seufzte Be Gehrenswert und zog mich ins Gewühl auf der Hauptstraße.
Es herrschte nicht nur mehr Betrieb als sonst, es ging auch unheimlicher zu. Abgesehen von den Touristen in ihren bunten TShirts und kostümierten und geschminkten Dante’s-Angestellten bemerkte ich auch noch eine große Anzahl von blassen, eleganten Beobachtern, die sich aufmerksam umsahen. Die Bediensteten der Senatoren waren in großer Zahl eingetroffen. Mitternacht war hier wie Mittag, und die Hauptstraße kam einem einzigen riesigen Buffet gleich.
»Das ist absurd«, sagte Be, als immer wieder Leute versuchten, sich mit ihr fotografieren zu lassen. Vermutlich hielt man sie für einen der verkleideten Künstler, die gelegentlich für Foto-Promotion auftraten. Allerdings trugen sie normalerweise Klamotten im Stil des Wilden Westens und keinen Glitterkram wie Be.
»Ich könnte einfach den Zimmerservice anrufen und…«
»Von wegen. Abgemacht ist abgemacht.« Sie erspähte eine Lücke in der Menge und zerrte mich hindurch.
Schließlich erreichten wir den Last-Stop-Bahnhof. Er war zu einem Steakhaus umfunktioniert, in dem die Schaffner weiß geschminkte Gesichter mit dicken schwarzen Ringen unter den Augen hatten, und Haar im wirren Beetlejuice-Stil. Auf der Speisekarte standen Leckereien wie Gelochte-Fahrkarte-Porterhouse, Endstation-T-Bone und Ohne-Rückfahrt-Rib-Eyes. Der Duft genügt, um meinen Magen besonders laut knurren zu lassen, aber der Laden war gerammelt voll, und die Schlange reichte weit um die Theke herum.
Be parkte mich beim Speisekartenschild. »Ich kenne jemanden in der Küche. Bleib hier. Ich bin gleich wieder da.« Wie ein zweibeiniger Bulldozer pflügte sie durch die Menge und stieß Touristen nach rechts und links.
Ich lehnte mich ans Schild, versuchte zu vermeiden, dass man mir auf die Füße trat, und beobachtete die Leute. Nach einer Weile bemerkte ich eine kostümierte Brünette in schwarzer Spitze und burgundrotem Satin, die über die Straße stolzierte und sich fotografieren ließ. Dabei kam sie einer Gruppe von drei Bleichgesichtern immer näher.
Die Frau blieb unweit des Trios stehen, rückte ein Strumpfband zurecht und schenkte den drei Burschen ein bezauberndes Lächeln. Sie mochte es offenbar, bewundert zu werden, und die Typen gaben ihr jede Menge Bewunderung. Ihr Lächeln wurde noch strahlender, als die Burschen zu ihr kamen, und es verschwand nicht
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