Unzaehmbares Verlangen
Verwaltungsbereiche untergebracht. Immer wenn Joel die Firma betrat, erfüllte ihn Stolz und Zufriedenheit.
Die First Avenue war belebt wie immer. Vom Fenster seines Büros sah Joel ein thailändisches Restaurant, ein Wäschegeschäft, einen Delikatessenladen, der Spezialitäten aus der Mittelmeerregion anbot, ein Kino und ein Pfandhaus. Gegenüber hatte ein renommiertes Hotel gestanden, das bereits um die Jahrhundertwende eröffnet
worden war. Erst vor kurzem hatte man das Haus umgebaut und aufwendige Eigentumswohnungen eingerichtet.
Joel beobachtete ein Flugzeug, das über der Elliot Bay zum Landeanflug ansetzte. Das Meer hatte die Farbe von grauem Stahl. Laut Wettervorhersage würde es bald Regen geben. Viele Leute konnten sich nie an das Wetter in Seattle gewöhnen. Sie kamen in die Stadt und suchten nach sechs Monaten wieder das Weite, weil sie den ständig bedeckten Himmel und den Nebel nicht mochten.
Joel fragte sich hoffnungsvoll, ob vielleicht auch Letty sich von den grauen Wolken vertreiben lassen würde. Dann wäre es viel leichter, sie davon zu überzeugen, daß es das Beste wäre, ihm die Firma zu verkaufen.
Aber bei seinem derzeitigen Pech würde sie den Regen wahrscheinlich romantisch finden.
Hinter ihm meldete sich seine Sekretärin über die Sprechanlage.
»Mr. Blackstone, hier ist ein Anruf auf Leitung zwei«, ertönte ihre klare, strenge Stimme. »Es ist Manford von der Marketingabteilung. Er sagte, es sei dringend.«
Joel ging an seinen Schreibtisch. »Danke, Mrs. Sedgewick, ich nehme den Anruf entgegen. Ach, übrigens, Mrs. Sedgewick?«
»Ja, Mr. Blackstone?«
»Wie steht es mit Miß Thornquists Büro?«
»Es sollte morgen fertig sein. Ich habe auch einen Sekretär für sie gefunden. Arthur Bigley von der Buchhaltung«, sagte sie bedeutungsvoll. »Ich glaube, er ist genau der Richtige für den Posten. Und er ist begeistert über die unerwartete Beförderung.«
»Gut. Würden Sie ihn bitte zu mir schicken? Ich möchte ihn persönlich über seinen neuen Aufgabenbereich informieren.«
»In Ordnung, Mr. Blackstone.«
Joel drückte auf einen Knopf an der Telefonanlage. »Hier ist Blackstone. Was gibt's, Cal?«
»Wir müssen noch einige Entscheidungen im Hinblick auf die neue Werbekampagne treffen, bevor wir uns mit der
Agentur in Verbindung setzen. Wenn wir die Dinge noch länger aufschieben, können wir unsere Termine nicht einhalten. Für den Vertrag brauchen wir noch ihr Einverständnis, Joel.«
»Gut. Ich werde am Wochenende einen Blick darauf werfen. Setzen Sie für Montag morgen eine Besprechung an.«
»In Ordnung.« Cal räusperte sich. »Soll ich... soll ich Miß Thornquist darüber informieren?«
»Wir sollten sie nicht gleich in der ersten Woche mit solchen Dingen belästigen«, erklärte Joel ruhig. »Sie wird genug zu tun haben, das Unternehmen erst einmal kennenzulernen.«
»Natürlich. Also bis Montag morgen. Ich werde Ihrer Sekretärin Bescheid geben.«
Joel legte auf und spielte einige Minuten mit dem Kugelschreiber in seiner Hand. Normalerweise fielen ihm Entscheidungen nicht schwer, aber bei der Werbekampagne hatte er sich einfach noch nicht festlegen können. Er wußte genau, was er erreichen wollte, war sich aber nicht sicher, welcher Weg der beste war.
Während der letzten zehn Jahre hatte er traditionelle Werbemethoden bevorzugt. Er verstand die Menschen, die hier im Nordwesten am Pazifik zu Hause waren. Seine Familie lebte seit drei Generationen im Staat Washington, und Joel wußte instinktiv, wie man eventuelle Kunden erreichen konnte.
Die neue Kampagne barg jedoch einige Risiken. Joel wollte damit Leute ansprechen, die für die herrliche Landschaft um sie herum nur ein beifälliges Kopfnicken übrig hatten.
Jetzt, wo immer mehr begeisterungsfähige Menschen sich in Oregon und Washington niederließen, bot der Markt für Firmen wie Thornquist Gear völlig neue Möglichkeiten. Joel war davon überzeugt, daß viele dieser potentiellen Neukunden zwar gern im Nordwesten lebten, aber nicht so recht wußten, was sie in ihrer Freizeit hier anfangen sollten. Er plante, diesen vielversprechenden
Markt mit einer neuen Produktlinie zu fördern, die den Leuten Lust auf Camping machen sollte.
Allerdings war er sich nicht sicher, wie die Sache am besten anzupacken war. Die kleine Marketingabteilung hatte ihm bereits einige Ideen vorgelegt, aber Joel war von keiner so recht begeistert. Jetzt lief ihm die Zeit davon - er mußte so bald wie möglich einige
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