Unzaehmbares Verlangen
weiß ich, daß er nicht der geeignete Mann für eine Führungsposition bei Thornquist Gear ist. Er hat sehr schlechte Manieren. Letty, was ist denn eigentlich los? Man hat mir gesagt, du hättest deinen Job in Vellacott fristlos gekündigt.«
»Das stimmt.«
»Aber Liebling, das paßt gar nicht zu dir. Du handelst doch sonst nie unüberlegt.« Philip sprach mit sanfter Stimme weiter. »Es war wegen uns, nicht wahr? Letty, bitte glaube mir - was in meinem Büro geschehen ist, tut mir sehr leid. Es bedeutete nichts für mich - rein gar nichts.«
»Aber für mich.«
»Liebling, sie war nur eine kleine Studentin. Du kannst diese Sache unmöglich ernst nehmen.«
»O doch, Philip.«
»Hör zu, Letty. Ich wollte es eigentlich nicht ansprechen, aber du läßt mir keine andere Wahl.«
Letty verzog das Gesicht. Philip schlug jetzt wieder den schulmeisterlichen Ton an. »Was meinst du damit?«
»Dieser unglückselige Vorfall in meinem Büro hätte sich nicht ereignet, wenn unsere Beziehung normal verlaufen wäre.«
Das tat weh. »Mir war nicht klar, daß unsere Beziehung für dich unnormal war.«
Insgeheim mußte Letty sich schuldbewußt eingestehen, daß er recht hatte. Die Verlobung hatte eineinhalb Monate gedauert, und in den letzten beiden Wochen hatte Letty sich gefühlsmäßig zurückgezogen. Und was die körperliche Seite betraf - nun, da hatte sie Philip von Anfang an nicht sehr viel erlaubt.
Philip hatte augenscheinlich alle Qualitäten, die einen perfekten Ehemann ausmachten. Er sah sehr gut aus, war groß, blond und hatte ein gewandtes Auftreten. Außerdem bewegte er sich in ihren Kreisen, und Letty hatte geglaubt, sie hätten einiges gemeinsam. Philip war intelligent und gebildet und schien sich auf die Verantwortung zu freuen, die er als Ehemann übernehmen würde.
Kaum hatte er ihr den Verlobungsring an den Finger gesteckt, bestand er darauf, mit ihr zu schlafen. Bis dahin hatte sie seine Bemühungen zurückgewiesen, weil sie eine tiefsitzende, altmodische Vorstellung von einer festen Beziehung hatte. Nach der Verlobung gab es allerdings keine Gründe mehr, ihn zurückzuweisen.
Im nachhinein erkannte sie, daß ihre Ausflüchte eine innere Warnung gewesen waren.
Die kurzen und äußerst unbefriedigenden Ringkämpfe in Philip Dixons Bett hatten Lettys geheime Befürchtungen bestätigt. Vor Philip hatte sie nur wenige sexuelle Erfahrungen gemacht. Schon damals hatte sie sich gefragt, ob mit ihr etwas nicht stimmt, sich aber eingeredet, es läge daran, daß sie noch nicht dem richtigen Mann begegnet war.
Nach den Erlebnissen mit Philip sah sie sich gezwungen, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Anscheinend war sie keine sehr sinnliche Frau.
Mit neunundzwanzig Jahren war sie alt genug, um zu wissen, daß nicht alle Frauen leicht zu einem Orgasmus gelangten. Sie hatte viel darüber gelesen - in einem Artikel hieß es, daß die geschätzte Anzahl der Frauen, die nie einen wirklichen Höhepunkt erlebten, erschreckend hoch war.
Bevor sie Philip kennenlernte, hatte Letty sich eingeredet, sie könne damit leben. Schließlich könnte sie trotzdem eine halbwegs glückliche Ehe führen und Kinder bekommen.
Nach den Erlebnissen mit Philip beschlichen sie allerdings Zweifel. Wenn sie im Bett nicht genügend Leidenschaft vor-täuschen konnte, um Philip zu halten, würde sie wahrscheinlich auch bei allen anderen Männern scheitern.
Philip war ein sehr ichbezogener Mensch, aber sogar er hatte gespürt, daß sich bei ihr nichts regte.
Letty hatte nicht erwartet, daß die Erde aufhören würde, sich zu drehen, wenn sie zum ersten Mal mit Philip schlief. Sie hatte allerdings gehofft, daß sie sich dadurch näherkämen.
Wenn sie jetzt an die wenigen sexuellen Begegnungen mit Philip dachte, fiel ihr in erster Linie ein, wie er dabei gestöhnt und gegrunzt hatte. Er hatte sie an ein bestimmtes Tier erinnert, das auf einem Bauernhof im Futtertrog herumwühlte.
Sie war dankbar gewesen, daß es nie lange gedauert hatte.
Eigentlich war für Letty die Beziehung bereits gescheitert gewesen, noch bevor sie Philip mit der Studentin Gloria in seinem Büro ertappt hatte.
»Ich weiß nicht, warum du angerufen hast, Philip. Auf jeden Fall sollten wir das Gespräch jetzt beenden. Ich habe noch einiges zu erledigen.«
»Wir hatten Probleme in unserer Partnerschaft«, fuhr Philip unbeirrt und ohne sich um ihren Einwand zu kümmern fort. »Wir hätten uns diese Probleme gemeinsam bewußt machen sollen. Ich hätte dir helfen
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