Unzaehmbares Verlangen
Wahrheit, Joel. Warst du mit Diana in der Nacht hier, in der Copeland euch überraschte?«
»Ja, aber das hat nichts mit uns zu tun«, verteidigte er sich.
»Joel Blackstone, wenn wir wieder in Seattle sind, werde ich dich für ein Sensitivitätstraining anmelden.« Sie löste sich aus seiner Umarmung, schob die Brille zurecht und sah stirnrunzelnd auf die zerrissene Strumpfhose zu ihren Füßen. »Verflixt.« Mit einer heftigen Bewegung schleuderte sie sie zur Seite.
»Letty, was ist denn los?«
Sie deutete auf die alten Pferdedecken. »Dieselben Decken? Derselbe Stall?«
»Um Himmels willen, Letty. Das ist fünfzehn Jahre her«, entgegnete er aufgebracht.
»Du hättest dir zumindest eine andere Box aussuchen können.« Letty stieg barfuß in ihre Schuhe und ging mit erhobenem Kopf an ihm vorbei. »Wir sollten ins Motel zurückfahren. Ich brauche dringend ein Bad. Dann werde ich packen. Allmählich habe ich von Echo Cove die Nase voll.«
11
»Es tut mir leid, Letty.«
Seit sie die Scheune verlassen hatten, war kein Wort zwischen ihnen gefallen. Letty warf Joel einen raschen Seitenblick zu und bemerkte, daß er das Lenkrad des Jeeps mit den Händen umklammerte. Als sie seinen verbissenen Gesichtsausdruck sah, regte sich trotz ihres Zorns Mitgefühl in ihr.
»Vergiß es.« Letty starrte durch die Windschutzscheibe auf die Hauptstraße von Echo Cove hinaus.
»Ich hätte nicht bei der verdammten Scheune anhalten sollen.«
»Ich bin froh, daß du mir erzählt hast, was vor all diesen Jahren hier geschehen ist. Zumindest verstehe ich jetzt, warum du Victor Copeland vernichten willst. Wahrscheinlich hätte er es sogar verdient. Aber du vergißt dabei, daß du damit die ganze Stadt triffst.«
»Das ist mir egal. Echo Cove ist Copelands Stadt.« Joel deutete mit dem Daumen auf eine kleine Gruppe, die sich vor der Bank versammelt hatte. »Nicht einer dieser feinen Bürger würde etwas dagegen unternehmen, wenn Victor Copeland plötzlich beschließen würde, auf dem Marktplatz einige Köpfe rollen zu lassen.«
»Du bist zu hart, Joel.«
»Ich versuche nur, dir die Tatsachen zu beschreiben. Spar dir dein Mitleid für die braven Bürger von Echo Cove. Sie haben es nicht verdient.«
Joel parkte den Wagen vor dem Motel und öffnete Letty die Tür. »Ich bin in fünfzehn Minuten fertig.«
»Gut.« Sie lächelte kühl. »Bei mir wird es etwa eine Stunde dauern. Ich muß zuerst duschen.« Sie hob die Hand und zupfte einige Strohhalme aus ihrem Haar.
Er verzog unwillig das Gesicht, wagte aber nicht zu widersprechen. Schweigend stiegen sie die Treppe hinauf. Als
Letty die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen hatte, atmete sie erleichtert auf.
Sie fühlte sich immer noch zittrig.
Das unglaubliche Erlebnis mit Joel und Dianas plötzliches Auftauchen hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Sie hoffte, eine heiße Dusche würde ihre Nerven beruhigen.
Rasch streifte sie die staubigen Schuhe von den Füßen und ging in das kleine Badezimmer, wo sie entsetzt in den Spiegel starrte.
Sie sah furchtbar aus. Alles an ihr schien zerzaust, verknittert oder zerrissen zu sein. Ihr blaues Kostüm war so schmutzig, daß sie es sofort in die Reinigung geben mußte. Ihre Brille war staubig, und ihr Haar sah aus, als wäre es versehentlich in einen Mixer geraten. Sie mußte es wohl waschen, bevor sie sich auf den Rückweg nach Seattle machte.
Aber ihr Teint war rosig, ihre Augen glänzten - und zwischen ihren Schenkeln spürte sie ein leichtes Wärmegefühl.
Überrascht stellte sie fest, daß sie immer noch ein wenig erregt war. Bei dem Gedanken daran nahmen ihre Wangen ein tiefes Rot an. Wenn Joel es geschafft hätte, sich mehr Zeit zu nehmen, hätte sie wieder einen erschütternden Höhepunkt erlebt. Sie war bereits kurz davor gewesen.
Letty schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse. Anscheinend wurde sie allmählich sexbesessen.
Plötzlich erinnerte sie sich an einen Artikel, den sie vor kurzem gelesen hatte. Darin hatte es geheißen, daß Frauen erst mit dreißig ihre Sexualität richtig ausleben konnten. Immerhin wurde sie bald dreißig. Vielleicht war es jetzt auch für sie soweit.
Joel Blackstone hatte den Stein ins Rollen gebracht. Er hatte ihr gesagt, sie sei sinnlich und sexy. Letty Thornquist war vielleicht ein Spätzünder, aber ansonsten wohl eine völlig normale Frau. Ünd Joel hatte ihr das bewußt gemacht.
Eine halbe Stunde später fühlte sich Letty viel besser. Sie hatte eine Wollhose und einen dazu
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