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Unzertrennlich

Unzertrennlich

Titel: Unzertrennlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Charlotte das Stöhnen gehört, sie sprach jetzt ernsthafter. »Mir fällt schon was ein, ich muss mal darüber nachdenken. Das wird nur heute Abend nichts, wir haben um 19Uhr Kegeln. Ich rufe morgen mal an. Also, ihr Lieben, bis dann, tschüss.«
    Ines legte den Hörer auf und sah die beiden anderen mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Unsere Mutter.«
    Luise lächelte. »Komm, wir haben schon mal Marie Erdmann. Wir haben nur vergessen, nach der Adresse der Eltern zu fragen, vielleicht wissen eure Eltern die ja. Und wir haben sie nicht nach Linda Liebe gefragt, aber da wollte Gabi auch schon mal im Internet gucken. Irgendwie müssen wir das hinkriegen, ich finde die Idee immer besser. Was ist, Georg? Du guckst so komisch.«
    Georg lächelte gequält. »Mein bestes Hemd ist im Eimer.«
     

Putzen für Mutti
    Meine Freundin Karola hat unseren wöchentlichen Saunatermin abgesagt. Nicht, weil sie krank ist oder arbeiten müsste, nein, sie sagte, sie müsse putzen, inklusive Fenster und Schränke, auch von innen. Jetzt lebt Karola nicht etwa in einem Dreckloch oder ist sehr schlampig. Sie wohnt in einem kleinen Haus in Hamburg, zusammen mit ihrem Mann, der allerdings die Woche über in München arbeitet. Die beiden haben genug Geld, schöne Möbel und alle zwei Wochen eine Putzfrau. Nein, Karola muss putzen, weil ihre Mutter kommt. Und ich kann sie verstehen.
    Als Tochter lernt man alles, was man zu einem selbstständigen Leben außerhalb des Elternhauses braucht, in der Regel von seiner Mutter. Man beginnt seine Ausbildung mit dem Leeren der Mülleimer, danach spült man Geschirr (»Pass bloß auf mit den Gläsern, die waren teuer«) und trocknet es ab (»Die Töpfe zum Schluss, denk doch mal mit«). Hält sich das zerschmissene Geschirr in Grenzen, darf man an die bedeutungsvolleren Dinge, Kartoffelschälen (»Du sollst keine Figuren schnitzen, einfach die Schale runter«), Erbsenpulen, Gemüseputzen und danach die Königsdisziplin: Sonntagsbraten. Das darf man natürlich nicht allein, bei den Fleischpreisen, doch die Zeitspanne, bis Mutter das Kind beiseite schiebt, um allein den Braten zu vollenden, wird immer länger. Nebenbei gibt es Kurse im Bettenbeziehen (»Natürlich musst du alle Knöpfe zumachen«), Bügeln, Fensterputzen (»Nimm Zeitung, das wird nichts mit dem Lappen«) und hingeworfene Merksätze, die man sich sofort notieren sollte, weil sie irgendwann abgefragt werden könnten: »Bei angebrannten Töpfen Spülmaschinentaps aufkochen. Sonnenblumenstiele in kochendes Wasser stecken, Gardinen nass aufhängen und, und, und…«
    Hat man diese Jahre hinter sich gebracht, zieht man aus. Dann tritt eine ganz neue Situation in Kraft. Als ich meine Eltern in meine erste eigene Wohnung zum Essen einlud, gab es Kassler mit Sauerkraut und Kartoffeln. Meine Mutter betrat meine Küche und stellte die Backofentemperatur niedriger, ich glaube, es gab gar keinen Grund dafür. Dann fragte sie, ob ich diese kleinen Kartoffeln auch gesalzen hätte, und beim Probieren des Sauerkrauts sagte sie: »Schade, mit Brühwürfel schmeckt es besser.« Ich hatte übrigens alles genau so gemacht, wie sie es mir gezeigt hatte.
    Wenn man das erste Jahr nach dem Auszug überlebt hat, werden die versuchten Einflussnahmen auf die töchterliche Haushaltsführung weniger. Stattdessen begibt man sich auf andere Minenfelder.
    »Sag mal, was wiegst du eigentlich? Die Hose ist doch viel zu eng« ist ein häufig gesagter Satz, gern im Beisein des Wahnsinnstypen, den man gerade mal zwei Tage kennt und der zufällig während des unangemeldeten Besuchs der Mutter da ist.
    Oder auch: »Hast du dir irgendwie die Haare selbst geschnitten? Das sieht ja komisch aus.« Damals war ich das erste Mal bei einem teuren Friseur, der mir Stufen und Strähnchen empfahl. Meine Röcke waren zu kurz, meine Schuhe zu spitz und ewig diese schwarzen Klamotten, die meine Mutter depressiv machten. »Dabei steht dir Gelb doch so gut.«
    Das soziale Umfeld des Kindes wird genauestens unter die Lupe genommen, bis zu einem bestimmten Alter vor allen Dingen das männliche. Mütter haben irgendwo einen eingepflanzten Scanner, der in Sekundenschnelle den Schwiegersohntest macht. Die Ergebnisse waren bei meiner Mutter übrigens selten nachvollziehbar.
    Trotzdem gebe ich ihr natürlich nicht die Schuld für meine gescheiterte Ehe, vermutlich hatte ihr Scanner damals einen Wackelkontakt. Jahrelang werden Freundinnen der Töchter zwar hingenommen, jedoch wenig beachtet. Das ändert

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