Unzertrennlich
Gefühle mehr, ihm sei das Eheleben zu viel, so etwas in der Art. Christine hat erst später von der Affäre erfahren, da war sie schon in Hamburg.«
»Und sie hat nie mit Antje darüber gesprochen?«
»Nein, wozu auch. Antje war zu feige, hat Bernd vorgeschoben, seitdem gibt es keinen Kontakt mehr.«
Gudrun machte eine kleine Pause. Dann sagte sie: »Das kann ich verstehen, obwohl, ich hätte mir diese Ziege vorgenommen. So leicht wäre sie mir nicht damit durchgekommen. Das ist ja widerlich. Aber dieser Bernd sah nicht so aus, als wäre Antje sein größtes Glück auf Erden.«
Ines lachte. »Du, wir haben ihnen das auch nicht gewünscht, manches geht dann wohl doch in Erfüllung.«
»Aber ich bin froh, dass wir drüber gesprochen haben. Stell dir mal vor, ich hätte Christine nach Antje gefragt. Das wäre ja richtig peinlich geworden.«
Ines beruhigte sie. »Nein, das Kapitel ist durch, glaube ich. Es hat sie zwar sehr verletzt, sie hat sich auch in Bezug auf Freundinnen verändert. Deshalb haben wir uns ja den ganzen Zauber ausgedacht. Aber Antje ist für sie tot. Ich hoffe nur, dass wir mit dem Plan, ihr zu zeigen, dass so ein Verhalten die Ausnahme ist, Erfolg haben. Dann kann sie das Loch, in dem ihre Antje-Erinnerungen liegen, endgültig zuschütten.«
Gudrun holte tief Luft. »Ich finde, das ist mit das Schlimmste, was jemand machen kann. Das ist ein solcher Vertrauensbruch und, ich bin mir sicher, das ist die Ausnahme. Sie war vorher als Freundin sicher auch nicht ehrlich, es gibt solche Mistkäfer. Irgendwann rächt es sich. Also, Ines, ich verspreche dir, Frauke und ich werden uns anstrengen, Christines Seele so gut es geht zu kitten. Bis in zwei Wochen, ich freue mich.«
Hamburg
Christine und Sven liefen seit dreißig Minuten schweigend um die Alster. Christine hatte bereits Seitenstiche, Sven gab das Tempo an und sie traute sich nicht, ihn zu bitten, etwas kürzere Schritte zu machen. Er wurde immer schneller und Christine bemühte sich, nicht zu hecheln. Irgendwann war Schluss, sie blieb stehen und rang nach Luft. Sven merkte es erst nach einigen Metern, blieb stehen und drehte sich nach ihr um. Christines Gesicht war hochrot, sie sah so fertig aus, dass er lachen musste. »Was ist los? Keine Kondition?«
Schwer atmend starrte Christine ihn an. »Du… bist… so… schnell.«
»Dann sag doch was.«
Sven ging die paar Meter zurück und blieb dicht vor Christine stehen. Er sah zu ihr runter, schüttelte den Kopf und zog sie an sich. Christine drückte ihre Stirn an seine Brust, Sven legte das Kinn auf ihren Kopf und sah über die Alster. Er fragte sich, warum er sich nicht einmal unkompliziert verlieben konnte, jeder Horst machte das, überall und täglich. Sven löste sich aus Christines Umarmung und schob die Hand in Christines Jackentasche.
»Komm weiter, ich gehe jetzt langsam. Ich dachte, du bist ehemalige Spitzenhandballerin.«
»Ehemalig.« Christine schob ihre Hand in seine. »Die Betonung liegt auf ehemalig.«
Langsam gingen sie weiter.
Sie hatten sich am Abend zuvor zum Essen verabredet. Sven wollte kochen, Christine kam zum zweiten Mal in seine Wohnung. Sie hatte Rotwein mitgebracht, er küsste sie kurz auf die Wange, kehrte sofort zurück in die Küche, lehnte jede Hilfe ab, wies ihr einen Platz am Küchentisch zu und schenkte ihr ein Glas Wein ein. Während er Gemüse zerkleinerte, erzählte er von dem Kongress, auf dem er die letzten drei Tage gewesen war. Er hatte gute Laune, lachte zwischendurch und machte keinerlei Anspielungen auf ihre gemeinsame Nacht. Sven war genau wie vorher. Christines Anspannung löste sich, sie hörte ihm zu, beobachtete ihn beim Kochen, trank Wein und dachte, dass er sehr schöne Hände hatte.
Als das Essen fertig war und sie sich am Tisch gegenübersaßen, hob Sven das Glas. »Schön, dass du da bist.«
»Danke für die Einladung. Sven, ich wollte dir noch sagen, dass ich letzte Woche…«
Er unterbrach sie. »Nach dem Essen, o. k.? Ich möchte beim Essen nur ganz leichte Themen. Alle anderen arbeiten wir beim Kaffee ab. Bitte.«
Christine nickte und versuchte, sich auf das Essen zu konzentrieren, was ihr schwer fiel.
Ihr Abschied nach der ersten Nacht war etwas gedämpft gewesen. Sven hatte ihr gesagt, dass sie im Schlaf von einem Richard gesprochen hätte. Er hatte sie dabei fragend angesehen. Christine hatte pochende Kopfschmerzen gehabt und war nach dieser Nacht ganz durcheinander gewesen. Sie hatte seinen Blick vermieden und leise
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