Unzertrennlich
ins Restaurant.
Die Tischordnung hatte sich mittlerweile aufgelöst. Einige standen an der Theke, andere hatten sich zu kleinen Gruppen zusammengefunden. Christine schlängelte sich zu Marleen durch, der die Bedienung gerade ein Glas Sekt brachte.
»Christine, möchtest du auch einen Sekt? Wir haben noch gar nicht in Ruhe angestoßen.« Sie gab der Bedienung ein Zeichen, die ihr das Tablett mit den Gläsern ein zweites Mal hinhielt. Christine nickte und nahm ein Glas runter.
»Danke. Und danke für den Rest. Schön, dass du da bist.«
Sie tranken, dann beugte sich Marleen zu Christine.
»Jetzt erzähl doch mal, was ist denn mit Sven und dir?«
Christine bemühte sich um einen harmlosen Gesichtsausdruck. »Wieso?«
»Ich habe vorhin gesehen, dass er dich draußen geküsst hat. Und außerdem sieht doch ein Blinder, dass da was läuft. Seit wann hast du dich denn entschieden?«
Christine sah zu dem Tisch, an dem Sven, Mathias und Dani saßen. Mathias erzählte mit Händen und Füßen, Dani hing an seinen Lippen, Sven hörte zu und lachte. Er hatte Grübchen. Christine spürte ein warmes Gefühl im Bauch.
Marleen beobachtete sie.
»Du hast dich verliebt.« Es war eine Feststellung, keine Frage. Christine wandte den Blick von Sven ab und sah Marleen an.
»Ich glaube, ich bin dabei, ja. Ich habe mich vor ein paar Tagen beim Putzen entschieden. Also erst mal gegen Richard. Ich habe ihn abends noch angerufen. Aber dieses Wochenende ist er in Berlin und bleibt bis Mittwoch. Sabine hat ja so viele Probleme und braucht ihn. Da war ich es dann endgültig leid. Ich habe ihm gesagt, dass ich das so nicht mehr kann und dass wir uns nicht mehr sehen sollten. Richard meinte, ich sei sauer, weil er nicht zu meinem Geburtstag kommen könne, er hat nichts begriffen, glaube ich. Ich habe ihm erzählt, dass ich jemanden kennen gelernt habe, er hat es als Erpressung empfunden. Es war ein blödes Gespräch.«
Marleen strich ihr tröstend über den Rücken. »Es ist besser so. Ich glaube nicht, dass es mit ihm eine Perspektive gibt, du wärst immer die heimliche Geliebte geblieben. Und wie fühlst du dich jetzt?«
Christine dachte nur kurz nach. »Gut. Meine Gefühle für Richard waren schon ziemlich eingefroren, das habe ich bei diesem Telefonat gemerkt. Ich habe vor lauter Hoffen und Warten viel zu wenig gelebt. Das kann es doch nicht sein. Aber ich weiß auch noch nicht, wie das mit Sven weitergeht, ich brauche noch ein bisschen Zeit dafür. Mal sehen.«
Marleen kam nicht dazu, zu antworten, denn im selben Augenblick steuerte Marie mit zwei Sektgläsern auf ihren Tisch zu und ließ sich gegenüber von Christine auf den Stuhl fallen. Sie sah auf Christines Glas und sagte enttäuscht:
»Du hast ja schon ein Glas. Egal, also, ich will mit dir anstoßen. Auf die Freundschaft, meine Liebe, und auf das Wiedersehen.«
Sie hob ihr Glas und strahlte Christine an, die ein schlechtes Gewissen bekam.
»Ja, Marie, schön, dass du gekommen bist. Prost.«
Marie stellte ihr Glas ab und sah Marleen forschend an.
»Und ihr seid also auch befreundet? Schön. Ich habe da übrigens noch was, Christine, es ist gut, wenn man nicht gleich immer alles wegschmeißt. Guck mal, erinnerst du dich?«
Sie hatte ihre Handtasche durchwühlt und brachte einen Umschlag zum Vorschein, den sie Christine stolz überreichte. Christine öffnete ihn. Er enthielt einen Streifen, auf dem vier Passbilder abgebildet waren. Zwei Mädchen, die sich zusammen auf den kleinen Drehstuhl in einer Sofortbild-Kabine gezwängt hatten. Christine erkannte Marie, die ihr Gesicht der Kamera entgegenhielt und lächelte. Ihre Schulter verdeckte einen Teil von Christines Gesicht, die ernst an der Kamera vorbeisah. Christine erinnerte sich, dass Marie auf diese Fotos bestanden hatte, sie hatte diese Fotoserien von sich und ihren Freundinnen gesammelt. Alle hatten diese Bilder damals gemacht. Sie kosteten zwei Mark und hingen anschließend jahrelang mit Magneten an den Kühlschränken.
Marleen sah sich die Bilder an. »Wunderbar. Solche Dinger hatte ich auch mal. Damals mit meiner Freundin Heike… ich weiß gar nicht, wo die abgeblieben sind.«
Christine gab Marie die Fotos zurück. Marie tat ihr irgendwie leid. Sie wirkte so angestrengt. Christine lächelte sie an.
»Es ist lange her, aber es war eine tolle Zeit. Kann ich zwei von diesen Bildern haben?«
Marie nickte und zog eine kleine Schere aus ihrer Tasche. Sie schnitt den Streifen in der Mitte durch, reichte Christine
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