Unzertrennlich
Deiner alten Freundin
Linda Liebe
Christine war nicht die Einzige, die Tränen in den Augen hatte.
EPILOG
April
Hamburg
Christine stand im Bademantel mit einem Kaffeebecher in der Hand an der offenen Balkontür. Heute war wieder dieser Tag, an dem man merkte, dass der Winter vorbei war. Die Vögel zwitscherten, der Himmel war blau und es roch nach Frühling. Christine atmete tief ein und setzte sich an den Tisch. Sie zog den Brief von Gudrun näher und überflog ihn ein zweites Mal.
Gudrun hatte ihren Job im Krankenhaus gekündigt, genauso wie ihr Freund Carlos, der Kinderarzt aus Kiel. Beide waren seit Februar in Spanien, ein paar Tage vor ihrem Umzug hatten Gudrun und Christine sich in Hamburg noch einmal zum Essen getroffen.
»Weißt du«, hatte Gudrun gesagt, »als ich im Oktober vor diesem Fragebogen saß und darüber nachdachte, wie ich früher mal war, ist mir aufgefallen, dass ich nur noch weitermache, was ich irgendwann mal aus irgendwelchen Gründen angefangen habe. Dabei wollte ich eigentlich was ganz anderes. Carlos und ich hatten eine halbfeste Wochenendbeziehung, er war unzufrieden in seiner Klinik, ich in meiner. Nach deinem Fest habe ich ihm von der Zuversicht der Siebenjährigen erzählt, diesem Glauben, dass man alles irgendwann hinkriegt. Und dann hat Carlos sich einen Job in Spanien gesucht, für uns beide eine Wohnung und jetzt machen wir mal etwas Neues, etwas, das wir beide wirklich wollen. Ich freue mich unglaublich. Du musst unbedingt kommen, sobald wir uns eingerichtet haben, komm doch zusammen mit Frauke, denk dran, wir wollen alle in Zukunft unsere Aufgaben machen.«
Gudrun hatte den ersten ausführlichen Brief geschrieben. Sie hatten ein Haus in Meernähe gemietet, Carlos arbeitete in einer kleinen Praxis, Gudrun in einem Hotel. Jedes Wort klang begeistert. Der Brief endete mit den Sätzen:
»Du siehst also, dass diese Entscheidung eine der besten meines Lebens war. Frauke will uns im Mai besuchen kommen, vielleicht könnt Ihr Euch zusammentun, wir haben Platz genug, und es ist wunderschön hier. Ich hoffe, es geht Dir gut, melde Dich und berichte auch von den anderen. Dein Fest war für mich der Startschuss, es waren alles tolle Frauen, an die ich noch häufig denke.
Bis bald, Deine Gudrun.«
Christine holte sich ihren Schreibblock und begann ihre Antwort.
Liebe Gudrun,
das klingt alles großartig. Frauke hat mir schon einiges erzählt, sie hatte kurz vorher mit Dir telefoniert. Ich war vor vier Wochen bei der Eröffnung ihres Ladens, da haben wir schon darüber gesprochen, dass wir Ende Mai zusammen ein paar Tage zu Euch kommen wollen.
Die Eröffnung war klasse, schade, dass Du nicht dabei warst. Frauke sah super aus, die Entscheidung, eine Boutique für Kinderklamotten aufzumachen, war goldrichtig. Sie hat wirklich Geschmack, ob bei der Einrichtung oder bei den Klamotten. Es war auch knallvoll, Gunnar hat was von siebzig Leuten erzählt. Er selbst ist fast vor Stolz geplatzt, sortierte Blumen in Vasen, schenkte Sekt aus und zeigte jedem alles. Das war ganz süß. Und Frauke sah aus, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.
Ich war mit Ruth und Gabi da, anschließend habe ich die beiden zum Flughafen gebracht, sie wollten eine Woche zum Schreiben nach Mallorca. Gabi schreibt nämlich
jetzt Kolumnen für die ›Femme‹, die sind richtig witzig. Und Ruth ist seit Februar Herausgeberin der Zeitschrift, jetzt arbeiten die beiden wieder zusammen.
Dani sehe ich auch wieder öfter, was zwar mit dem Geburtstagsfest zu tun hat, aber ganz anders, als Du Dir denkst. Hast Du damals mitbekommen, dass mein damaliger Chef Mathias meine alte Wohngenossin an dem Abend angeflirtet hat? Ich dachte, es wäre so ein typischer Partyflirt, nichts Ernstes. Na, jedenfalls ist Mathias das Wochenende darauf gleich zu ihr nach Berlin gefahren. Dani wusste es erst einen Abend vorher und wurde richtig panisch, weil sie vorher noch was »abwickeln« musste. (Das hieß übrigens Lars.) Sie hat es aber noch rechtzeitig geschafft. Unter Druck funktioniert sie immer. Mathias schwebt auf Wolke 7, Dani ebenso, er tut ihr richtig gut.
Mit Lena, Jürgen und ihrer Tochter Kathleen war ich über Ostern auf Borkum. Da fand ein Ehemaligen-Handballturnier statt. Ich habe nach über zehn Jahren wieder mal mit Lena in einer Mannschaft gespielt, es war sensationell. Wir haben 15:9 gewonnen, es war wie früher, als wir noch jung und ehrgeizig waren. Vermutlich sah es von außen nicht so sportlich aus,
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