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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Sammlungen sorgfältig von Wagen zu Wagen weiter. Art hatte sich mit den Polizeibe-richten über diese Typen befasst. Darin gab es An-deutungen, vage Hinweise auf eine organisierte Subkultur mit einer eigenen Hierarchie. Neulinge mussten die Bibliotheken erst einmal mit neuem und seltenem Material aufstocken, um die etab-lierte Elite davon zu überzeugen, dass sie eine würdige Bereicherung des kollektiven Gedächtnis-ses darstellten.
    Die Piraten auf Beutezug als ein kollektives Ge-dächtnis zu betrachten, war ungefähr so, als ob man auf eine optische Täuschung starrte und zwei Gesichter sich plötzlich in eine Vase verwandelten.
    Arts bisherige Einstellung zu diesem Problem kehrte sich in seinem Kopf völlig um. Er hörte ein Keuchen: sein eigenes. Er hyperventilierte.
    Wenn diese Typen das kollektive Gedächtnis der I-90 darstellten, bedeutete es, dass sie einen Dienst leisteten und die Kosten der I-90-Betreiber deutlich senkten. Es bedeutete, dass sie Trendset-ter waren und neue Musikrichtungen in die stati-sche Welt der Bostoner Autofahrer einführten.
    Hm. Dem sollte man nachgehen. Herausfinden, wie einflussreich sie waren. Irgendjemand würde es sicher wissen – die I-90-Leute führten Statistiken darüber, wie häufig Songs von einem Wagen zum anderen weitergegeben wurden. Ohne dass er Nachforschungen angestellt hatte, wusste Art 130
    einfach, dass diese Typen Millionen Dollar an Mar-ketingkosten aufwogen.
    Hm. Hm. Sie nährten diese Kultur also. Piratenfahrer brauchten Hingabe, um sich in dieser Subkultur zu etablieren. Sie mussten vier oder fünf Stunden täglich über die Schnellstraßen kreuzen, um ihre Sammlungen aufzubauen und zu verbreiten. Sie konnten die I-90 überhaupt erst verlassen, wenn sie jemanden gefunden hatten, der ihre Sammlungen übernahm.
    Angenommen, die Betreiber der I-90 würden diese Typen belohnen ? Angenommen, sie würden jemandem mit, sagen wir, mehr als 50.000 Titeln im Cache nichts berechnen? Hastig zog Art sein Komset und die Tastatur aus der Tasche und machte sich Notizen. Jedes Mal, wenn ein Ruck durch den Zug ging und ihn umzuwerfen drohte, klammerte er sich mit der Hand, mit der er getippt hatte, am silbernen Geländer fest. So fanden ihn schließlich auch die U-Bahn-Sheriffs, die ihre Runden drehten, nachdem der Zug Elephant and Castle erreicht hatte. Höflich, aber bestimmt rissen sie ihn aus seiner Arbeit.

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    Ich fürchte, ich stecke schon so tief in der Scheiße, dass es gar nicht schlimmer kommen kann. Ich bin aus meinem Zimmer verschwunden, habe das Furzmobil irgendeiner armen Sau, die in der Kantine arbeitet, mit dem Stein getroffen und in die Luft gejagt und wohl auch noch dafür ge-sorgt, dass jetzt einem unglückseligen heimlichen Raucher wegen Verletzung der Sicherheitsvor-schriften die Hölle heißgemacht wird. Wenn ich hier runter komme, wird man mir eine chemische Zwangsjacke verpassen. Ich werde einer derjeni-gen sein, die sabbernd in den Ecken der Station herumstehen. Oder aber man wird mich in einen Rollstuhl verfrachten, vor den Fernseher schieben und zweimal täglich nach mir sehen, um mir die Windeln zu wechseln, mich zu füttern und mir Medikamente zu verabreichen.
    Das ist das Schlimmste, was sie machen können, und ich bin darauf gefasst. Und so bleiben nur zwei Fragen offen:
    1. Warum bin ich so wild darauf, von meinem Adlerhorst auf dem Dach gerettet zu werden?

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    Ich habe einen Sonnenbrand und bin traurig, aber gleichzeitig so frei wie seit Wochen nicht mehr.
    2. Warum zögere ich, weitere Maßnahmen zu ergreifen, damit jemand auf mich hier oben aufmerksam wird? Beispielsweise könnte ich ja einen Belüftungskamin umkippen, indem ich die Betonziegel wegschiebe, die dessen Dach-pappenschürze festhalten, und ihm mit der Schulter einen Stoß versetzen. Oder einen Höl-lenlärm machen, indem ich eine Handvoll Kies in den Schlund des Kamins werfe, und damit die Psychopathen da unten aufwecken.
    Ich könnte, aber ich tu’s nicht. Vielleicht will ich einfach noch nicht zurück.
    Sie haben das zusammen ausgeheckt. Die Kunden in Jersey, Fede und Linda. Ich hätte es wissen müssen.
    Als ich in Logan landete, war ich putzmunter und bereit, meinen kriegstreiberischen Plan für die Kunden in Jersey auszuarbeiten und umzuset-zen, um damit die Arbeit für die hehren Ziele des Stamms der Östlichen Zeitzone voranzutreiben.
    Fröhlich reiste ich die Küste entlang, spannte ein paar Tage in Manhattan aus und besuchte meine Oma in

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