Urangst
wahrscheinlicher war, dass er auf redaktionelle Artikel stoßen würde. In dem Bericht, den er aufgeschlagen hatte, ging es um eine hundeverrückte Prominente und ihre drei Golden Retriever.
Das Aufmacherfoto zeigte alle drei Hunde, die direkt in die Kamera blickten, und etwas in ihren Augen brachte Billy auf den Gedanken, dass die Hunde schon vor Monaten, als das Foto aufgenommen worden war, gewusst hatten, dass er, Billy Pilgrim, sie viele Wochen später innerlich so aufgewühlt betrachten würde, wie es jetzt der Fall war. Die Hunde grinsten, aber er sah kein Gelächter in ihren Augen, ganz im Gegenteil.
Billy ließ die Zeitschrift sinken und verzog sich schleunigst auf die Toilette. Er übergab sich nicht. Und es gab ihm ein gutes Gefühl, dass er das nicht musste, denn das hieß, dass er seine Nerven wieder ziemlich gut unter Kontrolle hatte.
Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm, dass Schweißperlen auf seiner Stirn standen, und daher tupfte er sein Gesicht
mit einem Handtuch ab. Danach sah er wieder gut aus. Er war nicht blass, aber er kniff sich trotzdem in die Wangen, damit sie rosiger wurden. Er sah sogar blendend aus. Er hatte keine einzige Träne vergossen. Er zwinkerte sich zu.
In Monterey überwachte Billy das Restaurant von einem Mietwagen aus, der auf der anderen Straßenseite geparkt war, als Brian McCarthy und Amy Redwing dort eintrafen.
Er wusste, dass sie Golden Retriever rettete und selbst welche besaß. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass sie einen ihrer Hunde auf eine solche Reise mitnehmen würde. Sie wussten nicht, wie weit sie fahren, wo sie übernachten oder was sie am Ende ihrer Reise vorfinden würden. Es war blanker Unsinn, dass sie den Hund mitgenommen hatten. Was für eine Unvernunft. Das leuchtete ihm beim besten Willen nicht ein.
Da Hunde in dem Restaurant keinen Zutritt hatten, schlossen sie den Golden in dem Ford ein und ließen die Fenster einen Spaltbreit offen. Der Geländewagen war am Randstein geparkt. Sie betraten das Restaurant, und eine Minute später sah Billy sie in einem der Fenster. Sie hatten einen Fenstertisch genommen, von dem aus sie den Hund im Auge behalten konnten.
Billy rief Harrow an, um ihm zu berichten, das Paar sei in Monterey eingetroffen.
»Folgt ihnen jemand?«
»Falls sie misstrauisch sind und Verstärkung mitgebracht haben, gehen sie sehr besonnen vor. Nein, ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass sie allein gekommen sind. Abgesehen davon, dass sie einen Golden Retriever mitgebracht haben.«
Harrow überraschte ihn damit, dass er sagte: »Töte ihn.«
Um sich zu vergewissern, dass er ihn nicht missverstanden hatte, sagte Billy: »Ich soll den Hund töten?«
»Töte ihn gründlich. Töte ihn ohne jede Rücksicht. Sie will es so haben.«
»Wer will es so haben?«
»Vanessa. Töte den Hund. Aber nicht, bevor sie hier ankommen. Sie sind beschwingt, denn sie sind aufgebrochen, um sein heißgeliebtes Kind zu holen. Wir wollen sie bei Laune halten, damit sie sich bloß keine Sorgen machen.«
Harrow legte auf.
Billy beobachtete den Hund, der seinerseits McCarthy und Redwing an ihrem Fenstertisch beobachtete. Gelegentlich blickten sie auf, um nach dem Hund zu sehen.
Die Glock 18 hatte einen Feuerumschalter auf dem Schlitten, mit dem man sie von einer Halbautomatik in eine Vollautomatik verwandeln konnte, die theoretisch dreizehnhundertmal in der Minute feuerte. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, konnte er binnen einer Sekunde zwanzig Kugeln in den Hund jagen. Das schien ihm der Aufforderung Töte ihn gründlich, töte ihn ohne jede Rücksicht gerecht zu werden.
Der Hund beobachtete Billy.
Sein Blick war mit enormer Konzentration auf den Fenstertisch gerichtet gewesen, an dem die beiden zu Mittag aßen, aber jetzt hatte er seinen Kopf umgewandt.
Billy erwiderte den Blick des Hundes unbeirrt von der anderen Straßenseite aus.
Der Hund schien jegliches Interesse an seinen Besitzern verloren zu haben. Er machte den Eindruck, als sei er von Billy fasziniert.
Nicht im mindesten eingeschüchtert kniff Billy die Augen zusammen, damit er den Golden Retriever noch klarer erkennen konnte.
Der Hund hob seine Nase zu dem etwa fünf Zentimeter breiten Spalt über dem Wagenfenster. Er nahm Billys Witterung auf.
Billy ließ den Leihwagen augenblicklich an. Er fuhr zum Flughafen zurück. Er hatte einen Zeitplan einzuhalten. Er musste sich in Bewegung setzen. Nichts weiter. Das war alles. Er fühlte sich gut.
53
Im Restaurant kam Amy nicht
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