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Urangst

Urangst

Titel: Urangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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dass sie es nicht wagte, sich auf etwas anderes zu verlassen.
    Nickie stieß einen leisen Seufzer aus, und Amy fühlte das Äquivalent eines Seufzers im Mittelpunkt ihrer Seele, ein ergebenes Ausatmen, mit dem sie vor der Macht des Schicksals resignierte.
    »Wie weit ist es noch?«, fragte sie.
    »Etwas mehr als eine halbe Meile.«
    »Sie lügt. Wir sind schon ganz nah.«
    »Weshalb sollte sie uns in dem Punkt belügen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass es so ist.«

    Billy hörte den Motor des Expedition wieder, und diesmal wurde das Geräusch nicht schwächer wie beim ersten Mal, sondern zunehmend lauter, bis er nicht mehr hören konnte, wie die Brandung aufs Ufer kroch.
    Obwohl kein Scheinwerferlicht den Nebel auf der Kuppe aufhellte, tauchte das Geländefahrzeug drei Meter vor ihm auf wie ein Gespenst. Ein Geisterschiff auf Rädern.

    Verblüfft über diese Ankunft ohne Licht, aber froh, wieder in Aktion zu treten, stürmte Billy aus dem Schutz der Bäume heraus.
    Da das Meer den Nebel dicht an sich band, bevor es ihn an Land schleuderte, waren die hohe Brüstung und der Raum mit dem Leuchtfeuer über der wabernden, brodelnden Masse zu sehen, die den Rest des Leuchtturms verbarg. Kurz vor Anbruch der Abenddämmerung durchdrang der Halogenstrahl die obersten Fenster noch nicht.
    Wie erwartet bremste der Expedition beim Anblick des Leuchtturms und hielt an. Im selben Moment tauchte Billy neben dem Wagen auf, gab eine kurze Salve aus der Glock 18 ab und schoss den linken Vorderreifen kaputt.
    Er hätte sich gebückt und Schüsse unter das Fahrzeug abgefeuert, um die anderen Reifen kaputtzuschießen, bevor er die Waffe auf die Fahrertür richtete und rief: Fenster öffnen!, aber nachdem er den ersten Reifen zerschossen hatte, lief nichts mehr nach Plan.

    Brian fuhr langsam den Hügel hinauf und Amy lief, von dem Geländewagen verborgen und in seinem Schutz, nebenher. Sie hatte ihre linke Hand auf das Fahrzeug gestützt, um auf dem glitschigen Straßenbelag nicht auszurutschen. In der rechten Hand hielt sie die SIG P245.
    Vom Kofferraum aus lugte Nickie ernst durch die Heckscheibe und behielt Amy im Auge.
    Aus irgendeinem Grund, sei es nun, damit es ihr Glück brachte oder um sich Segen erteilen zu lassen, hob Amy ihre Hand vom Griff der Heckklappe, an dem sie sich festgehalten hatte, und presste sie vor Nickies Gesicht auf die Scheibe.
    Zweimal schaute Amy seitlich um den Expedition herum, aber sie konnte nichts anderes als wogende Nebelschwaden sehen.

    Da die Scheinwerfer des Wagens ausgeschaltet waren, brannten auch die Rücklichter nicht.
    Sie konnte den Zweck dieser Taktik nicht in klare Worte fassen, als sie Brian ihr Vorhaben erklärt hatte, aber sie zweifelte nicht daran, dass sie genau das tun musste. Intuition bedeutet, mit der Seele zu sehen.
    Sie wusste, dass sie die Hügelkuppe erreicht hatten, als sie fühlte, wie sich der Expedition vorn neigte.
    Im nächsten Moment, als das hintere Ende des Expedition und mit ihm zugleich Amy die Kuppe überquerte, leuchteten die Bremslichter rot auf, und sie begab sich augenblicklich auf die Fahrerseite des Wagens.
    Keine vier Meter vor sich sah sie eine Gestalt durch den Nebel flitzen, sah das mehrfache Mündungsfeuer, hörte eine schnelle Folge von Schüssen, das Platzen eines Reifens und Querschläger, die von Metall abprallten.
    Bei dem Gedanken, Brian könnte getroffen sein, schlug ihr Herz heftig gegen ihre Rippen.
    Seitlich von Amy wollte der Schütze seinen Kopf umdrehen, doch sie hielt die Pistole mit beiden Händen.
    In Notwehr und zur Verteidigung Unschuldiger ist Feigheit die einzige Sünde.
    Sie fürchtete sich, das stimmte schon, sie hatte sogar große Angst, doch sie blieb stehen, feuerte zwei Schüsse ab, und als er wankte, gab sie zwei weitere Schüsse ab, während sie auf ihn zuging.
    Die Scheinwerfer gingen an, und die Fahrertür flog auf.
    Brian stieg aus, kein Gespenst im Nebel, sondern ein Geist, der noch unbeschadet in seiner Haut steckte, und sein stoßweiser Atem brachte den Dunst in Bewegung.
    Der Mann, der zu Boden gegangen war, der angeschossene Schütze, lag auf dem Rücken, hatte ein so goldiges Gesicht wie ein Lieblingsonkel, blutete aus dem Unterleib,
blutete aus der Nase und hatte die Augen unter dichten Wimpern weit aufgerissen.
    Er zwinkerte Amy zu und sagte: »Kennen Sie mich? Ich bin Leopold Bloom, ich bin Wallace Stevens. Mein Name ist Gregor Samsa«, und dann schloss er die Augen.
    Wenn man einen Menschen

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